Mit der Ankündigung der Einführung einer europäischen Säule sozialer Rechte vor nunmehr drei Jahren weckte die Europäische Union hohe Erwartungen. Manche befürchteten, die europäische Säule sozialer Rechte werde diese nicht erfüllen können. Die soziale Säule zeigt einen dringenden Wunsch, die soziale Dimension Europas wieder zu stärken, aber innerhalb der aktuellen Spielregeln, Befugnisse und vor allem Subsidiaritätsvorschriften, die der nationalen Ebene die Hauptzuständigkeit für die Sozial- und Haushaltspolitik lassen. Die Initiative weckt hohe Erwartungen, aber sie müssen wahrscheinlich auf nationaler Ebene erfüllt werden. Das lässt den Großteil der Verantwortung auf der nationalen Ebene und bei ihren politischen Akteuren. Die europäische Säule sozialer Rechte erinnert an diese politischen Befugnisse, um nicht von Weckruf zu sprechen. Gleichzeitig haben die jüngsten europäischen Initiativen mit europäischer Gesetzgebung die nationalen Befugnisse erweitert. Es herrscht kein Widerspruch zwischen nationalen Befugnissen und europäischen Zielen. Die sechste Option für die künftige Entwicklung Europas könnte volles Engagement auf europäischer und nationaler Ebene sein.
Im EZA-Bildungsjahr 2017/2018 stellte HIVA einen Entwurf dieses Dokuments bei neun Seminaren vor, die im Rahmen des Bildungsprogramms von EZA stattfanden. Diese sind eine gute Stichprobe des Denkens und vielleicht auch Umdenkens, das man im letzten Jahrzehnt im gesellschaftlichen Diskurs beobachten kann. Zu Beginn herrschte große Skepsis bezüglich des Mehrwerts der sozialen Säule und ihres Potenzials, die Versprechungen einzuhalten. Es gab sogar Zweifel, ob die europäischen Institutionen in der Lage sein würden, sie zu einem guten Abschluss zu führen. Am Jahresende mussten die Skeptiker zugeben, dass die Einführung der sozialen Säule sogar schneller abgeschlossen wurde als geplant, flankiert mit weiteren und neuen Initiativen. Es wächst ein Bewusstsein, dass das nicht das Ende der Fahnenstange ist, sondern eher ein neuer Ausgangspunkt.
Die Broschüre ist auf Deutsch, Englisch und Spanisch erschienen. Autoren sind Jozef Pacolet, Liesbeth Op de Beeck & Frederic De Wispelaere.