Am 13. Juni 2024 veranstaltete das EZA online eine „Snack Debate“ zum Thema „Europawahlen 2024 – Ergebnisse und Analysen“ mit dem Ziel, eine Analyse der jüngsten Europawahlen zu liefern. Die Veranstaltung befasste sich insbesondere mit den Auswirkungen auf die Koalitionsdynamik im Europäischen Parlament (EP), die Wahl des Präsidenten bzw. der Präsidentin der Europäischen Kommission und die zukünftige Ausrichtung der EU-Sozialpolitik. Die Veranstaltung wurde von der Europäischen Union finanziert.
Warum diese „Snack Debate“? Das EZA-Büro in Brüssel hat es sich zur Aufgabe gemacht, die aktuellen Ereignisse in den europäischen Institutionen genau zu verfolgen und seine Partner und Mitgliedsorganisationen in Form von kleinen, informativen Veranstaltungen zu informieren. Diese „Snack Debate“ fand statt, um die bedeutenden politischen Veränderungen, die sich aus den Wahlen ergeben haben, und ihre möglichen Auswirkungen auf die strategische und soziale Agenda der EU zu erörtern.
Hauptvortrag: Professor Dr. Steven Van Hecke, renommierter Experte für europäische Politik an der KU Löwen und Gastwissenschaftler beim Europäischen Parlamentarischen Forschungsdienst (EPRS), leitete die Diskussion. In seinem Vortrag, der auf der EZA-Webseite abrufbar ist, analysierte er eingehend die Wahlergebnisse und die anschließenden Äußerungen der wichtigsten Politiker:innen.
Wahlergebnisse und Analysen: Van Hecke begann mit einer Diskussion über die vorläufige Zusammensetzung des neuen Europäischen Parlaments. Die mitte-rechts orientierte Europäische Volkspartei (EVP) ging mit rund 184 Sitzen gestärkt aus der Wahl hervor, während rechtsextreme Gruppen deutlich zulegen konnten, was die traditionelle Koalitionsdynamik zwischen der EVP, der Fraktion der Sozialdemokraten (S&D) und der Fraktion Renew Europe verändern könnte.
Makro-, Meso- und Mikroauswirkungen
Makroauswirkungen: Der Professor stellte die pro-ukrainische und die pro-russische Stimmung im EP gegenüber und schätzte die pro-ukrainische Mehrheit auf 75 %. Er wies zudem darauf hin, dass trotz der Änderungen in der parlamentarischen Zusammensetzung keine größeren politischen Veränderungen zu erwarten seien, da der strategische Wechsel weg vom Klimawandel und hin zu den Themenbereichen Landwirtschaft, Wirtschaft und Sicherheit bereits im Frühjahr 2023 stattgefunden habe.
Mesoauswirkungen: Van Hecke betonte, dass ohne transnationale Listen oder Vertragsänderungen die politische Landschaft insgesamt stabil bleibt.
Mikroauswirkungen: Auf der Ebene der Mitgliedstaaten waren unterschied-liche Wahlergebnisse zu beobachten. In den nordischen Ländern beispiels-weise gewannen linke Parteien, während in Ungarn die Wahlbeteiligung zwar hoch war, die Regierungspartei Fidesz jedoch Verluste hinnehmen musste. In Rumänien konnte sich eine Koalition aus EVP und Sozialisten durchsetzen.
Aussichten für die Kommissionspräsidentschaft: Die Diskussion befasste sich auch mit der möglichen Wiederwahl von Ursula von der Leyen als Präsidentin der Europäischen Kommission. Van Hecke schätzte ihre Chancen auf 50/50 ein und betonte die Notwendigkeit einer breiten Koalitionsunterstützung in einem stärker fragmentierten Parlament.
Fragen & Antworten und Einblicke der Teilnehmer:innen: Die Fragerunde ermöglichte es den Teilnehmer:innen, die Auswirkungen auf der Mikroebene zu vertiefen und bestätigte im Allgemeinen die einleitende Analyse. Die Teilnehmer:innen erörterten die wachsende Unzufriedenheit in der Gesellschaft mit den als unzureichend empfundenen politischen Antworten auf die aktuellen Heraus-forderungen.
Die wichtigsten Erkenntnisse: Die Debatte endete mit einem Hinweis auf die Wichtigkeit sozialer Initiativen in der kommenden Legislaturperiode. Obwohl der Schwerpunkt der Gesetzgebung auf Wirtschaft, Verteidigung und Wettbewerbs-fähigkeit liegt, sind viele soziale Fragen noch nicht geklärt. Es wird erwartet, dass Gewerkschaften und Arbeitnehmerorganisationen eine entscheidende Rolle beim Eintreten für soziale Rechte, Vereinigungsfreiheit und den Schutz von Menschen-rechten und Minderheiten spielen werden.
Diese „Snack Debate“ bot wertvolle Einblicke in die sich weiterentwickelnde politische Landschaft in Europa und bildet die Grundlage für das weitere Engagement des EZA bei kritischen Themen, die Arbeitnehmer:innen und ihre Vertretung in der EU betreffen.