EZA MAGAZINE
EZA PODCAST

Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz: Wie nähert sich das Management dieser Frage und wie wichtig ist gute Führung?

Die Leitung eines Unternehmens erfordert Geschäftsführer (Führungskräfte), die ihrer Aufgabe gewachsen sind. Das ist jedoch nicht immer der Fall, was sich negativ auf das Unternehmen und die Menschen, die dort arbeiten, auswirken kann. Starke Führungskräfte mit guten Führungsqualitäten haben in mehrfacher Hinsicht positiven Einfluss auf ein Unternehmen, wie beispielsweise Umsatzsteigerungen, Verbesserung der Moral und Befähigung der Mitarbeiter zu mehr Produktivität. Management und Führungskräfte müssen mit gutem Beispiel vorangehen (und führen) und so ein positives Arbeitsumfeld für Mitarbeiter schaffen, damit diese Höchstleistungen erbringen können. Dabei ist es entscheidend, dass die Mitarbeiter wertgeschätzt und fair behandelt werden. Durch eine effektive Kommunikation kann dies erreicht werden. Ausschlaggebend ist hierbei der Begriff des Vertrauens. Und das führt in vielerlei Hinsicht zu Vertrauen. Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten, Vertrauen in die eigene Bereitschaft, eine Aufgabe zu erledigen, Vertrauen in die eigene Fähigkeit, die richtigen Entscheidungen zu treffen. Das alles führt zu einer besseren Gesundheit und größeren Sicherheit am Arbeitsplatz. 

So lautete das Thema eines zweitägigen Seminars, das in Larnaka, Zypern, stattfand. Vom 29.-31. Januar 2020 diskutierten etwa 60 Gewerkschaftsführer aus 13 EU-Ländern, welchen Einfluss der jeweilige Führungsstil auf das Wohl der Arbeitnehmer hat. Das Seminar wurde in Zusammenarbeit mit dem Europäischen Zentrum für Arbeitnehmerfragen (EZA) von Krifa (Dänemark) und der World Organization of Workers (WOW) organisiert und von der Europäischen Union unterstützt. Es war Teil der EZA-Projektkoordinierung zum Thema „Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz“. Dabei wurde deutlich, dass Vertrauen der Schlüssel ist. Vertrauen zwischen den unterschiedlichen Hierarchieebenen und Vertrauen in die Fähigkeiten der Mitarbeiter.

Die ersten beiden Vorträge von Anastassios Yiannaki, Leiter der Abteilung für Arbeitsaufsicht (Zypern), und George Florides, Präsident des zyprischen Verbandes für Sicherheit und Gesundheit, konzentrierten sich auf die Strategien zu bereits bestehenden Strukturen in Zypern im Bereich Gesundheit und Sicherheit. Klar wurde, dass Zypern bereits viel unternimmt, dass aber auch noch viel getan werden muss. Vor allem, wenn es um die Umsetzung und um Kontrollsysteme geht.

Dr. George Scroubelos, Gesundheits- & Sicherheitsberater und Vorsitzender des Gesundheits- & Sicherheitsausschusses der European Federation of National Maintenance Societies (Zypern), legte sein Hauptaugenmerk auf die Heraus-forderungen für Führungskräfte in der Ära 4.0. Er legte den Fahrplan für ein Höchstmaß an Sicherheit basierend auf den bestehenden Einflüssen ganz genau fest, wobei die sechs Säulen der Sicherheitskultur wesentlich sind. Diese sechs Säulen bestehen aus:

1.        Engagement der Unternehmensführung

2.         Vollständige Einbindung von Mitarbeitern

3.         Kommunikation

4.         Führen von Aufzeichnungen

5.         Veränderungsmanagement

6.         Aktionsplan der Unternehmensführung 

Dieser Prozess muss kontinuierlich und einheitlich sein. Durch die Befolgung dieser Grundsätze kann eine kontinuierliche Verbesserung erreicht werden. 

Um die Bedeutung von Vertrauen weiter zu verdeutlichen, stellte Kris de Meester, erster Berater und Leiter für Gesundheits- und Sicherheitsfragen sowie für internationale Arbeitsbeziehungen des belgischen Unternehmerverbandes (Belgien), fest, dass eine bessere Gesundheit und größere Sicherheit bei der tatsächlichen Arbeit beginnt (Inhalt/Art). Durch eine engagierte Unternehmensführung werden bessere Resultate erzielt. Oft sind es nicht einmal die tatsächliche Unternehmensspitze oder die tatsächlichen Angestellten, die dafür keine Bereitschaft zeigen. Häufig steht die mittlere Führungsebene Veränderungen im Wege. Und zwar nicht immer nur, weil es ihnen so beliebt, sondern vielmehr, weil sie in ihrer Position sowohl gegenüber der höheren Führungsebene als auch gegenüber den Angestellten verantwortlich sind. Darüber hinaus sollten Mitarbeiter dahingehend eingestellt werden, was sie beitragen können, und nicht für eine bestimmte Aufgabe. Heutzutage werden Bewerber basierend auf ihrer Ausbildung und Erfahrung eingestellt. Stellt man sie dagegen unter dem Gesichtspunkt ein, was sie beitragen können, bedeutet das für sie eine Herausforderung. Er betonte weiter die sich verändernde Natur der Arbeit und die Tatsache, dass wir uns daran anpassen werden müssen. „Jedes Unternehmen und jeder Mensch sind in Bezug auf die Art der Veränderung, auf die Geschwindigkeit, den Umfang usw. unterschiedlich vom Wandel betroffen. Wir befinden uns alle an unterschiedlichen Zeitpunkten!“ Die Schaffung eines schönen Arbeitsplatzes ist dabei der Schlüssel!

Zwischen den einzelnen Ländern und dem Verständnis von Gesundheit und Sicherheit bestehen jedoch große Unterschiede. Am Beispiel von Krifa, wie es von Søren Fibiger Olesen, Präsident von Krifa, vorgetragen wurde, wird deutlich, dass es im dänischen Kontext bei Gesundheit und Sicherheit um mehr geht als nur um geistige und körperliche Aspekte. Der Fokus liegt stärker auf einem Gesamtwohlbefinden (Maslowsche Bedürfnispyramide). Demnach hat eine Führungskraft einen enormen Einfluss auf das Leben der Menschen. Ihr Führungsstil wirkt sich auf die Arbeitszufriedenheit und Lebensfreude eines Menschen aus. Infolgedessen möchte sich Krifa als Arbeitnehmergewerkschaft auf die Führungsqualität konzentrieren. Mit dem Job Satisfaction Knowledge Centre (dt. etwa: Wissenszentrum über Arbeitszufriedenheit; A.d.Ü.) von Krifa wurde eine große Studie zum Thema Führung durchgeführt, die der Gewerkschaft Einblicke in die Auffassung der dänischen Arbeitnehmer von Führung gewährte. Dafür legte das Job Satisfaction Knowledge Centre von Krifa vier Führungsdimensionen fest, die sich auf die Arbeitszufriedenheit von Arbeitnehmern auswirken. Diese lauten:

  • Mitwirkung und Freiheit
  • Beachtung und Feedback  
  • Sinnhaftigkeit und Leitung
  • Führungskraft als Vorbild

Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass Mitarbeiter mit einer hohen Arbeitszufrieden-heit gesünder sind.

Ib Hørup, Berater zum Thema „Positive Führung“ und Vorstandsmitglied bei Krifa (Dänemark), führte dies in seinem Beitrag mit dem Titel „Wie lässt sich Wohlbefinden durch positive Führungsaßnahmen schaffen“. Das Programm „Positive Führung“ besteht nämlich aus der Vernetzung und dem Coaching von Führungskräften in dänischen Unternehmen basierend auf einer positiven Psychologie und auf wertschätzenden Untersuchungen. Das Ziel dieser Maßnahme und des Programms der positiven Führung besteht in der Schaffung eines soliden Unternehmens, das:

 

  • von Führungskräften geleitet wird, die eine Arbeitszufriedenheit erzeugen,
  • und von Mitarbeitern getragen wird, die Ergebnisse liefern.

Es herrscht die feste Überzeugung, dass, obwohl eine Steigerung des Wohlbefindens in Unternehmen eine gegenseitige Verantwortung darstellt, in die sowohl Führungs-kräfte als auch Arbeitnehmer eingebunden werden müssen, die Verantwortung der Führungskräfte darin besteht, den kulturellen Rahmen zu schaffen, damit dies passieren kann.

Für die Schaffung gesunder und stressfreier Arbeitsplätze müssen Geschäftsführer ein gesundes Arbeitsumfeld einrichten, so Diomides Diomidous, Experte für Beschäftigung, Arbeit und Soziales, Leiter von Working Human Power: Personal-entwicklung & Schulungsberater (Zypern). Nur ein glücklicher, zufriedener und gesunder Mitarbeiter ist auch ein produktiver Mitarbeiter. Und die Geschäftsführer sollten die richtigen Voraussetzungen dafür schaffen. Dabei geht es darum, die beste Voraussetzung für ein Gesamtwohlbefinden der Mitarbeiter zu schaffen. Das liegt aber nicht in der alleinigen Verantwortung einiger weniger. Dies erfordert eine starke und aktive Führung, die Einbindung, Einschätzung und Kritik der Arbeitnehmer.

Dr. Cleo Varianou Mikellidou, Forschungsbeauftrage und Gesundheits- & Sicherheits-beraterin am Centre of Excellence in Risk and Decision Science (CeRiDeS; dt. etwa: Kompetenzzentrum für Risiko- und Entscheidungswissenschaft; A.d.Ü.) und verbunden mit der Europäischen Universität Zypern (Zypern), konzentrierte sich in ihrem Beitrag vorwiegend auf die alternde Bevölkerung und die damit zusammen-hängenden Gesundheits- und Sicherheitsfragen. Wenn der Mensch älter wird, wird er sich möglicherweise mit neuen Gefahren im Zusammenhang mit der Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz konfrontiert sehen und werden die Leistungen und Fähigkeiten des Arbeitnehmers durch den Altersfaktor beeinflusst. Da der Anteil älterer Arbeitnehmer zunimmt, wurde die Kampagne „Gesunde Arbeitsplätze für alle Altersgruppen“ der europäischen Agentur für Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz (EU-OSHA) eingeführt. Das Ziel dieser Kampagne besteht darin, Faktoren zu bestimmen, welche die Leistung eines Arbeitnehmers beeinflussen, und Maßnahmen für Unternehmen zu empfehlen, um das Thema Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz im Kontext einer alternden Belegschaft zu behandeln. Eine gute Führung ist bei der Herangehensweise an diese Frage wesentlich.

Panagiotis Golfis, Berater für internationale und europäische Angelegenheiten am griechischen Institut für Arbeit (INE) und Leiter der internationalen und europäischen Beziehungen (DAKE), beschrieb die Gesundheits- und Sicherheitsstrukturen und -regelungen in Griechenland. Die Strukturen sind in Griechenland zwar vorhanden, deren Umsetzung hinkt aufgrund der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen aber noch hinterher.

Ein gutes und praktikables Beispiel wurde von Gerald Silbernagl, Vorsitzender des Betriebsrates für Büroangestellte bei Mondi Neusiedler (Österreich), vorgestellt, der zeigte, wie in dem industriellen Papierunternehmen Mondi Neusiedler mit dem Thema Sicherheit und Gesundheit umgegangen wird. Innerhalb des Unternehmens bildet Gesundheit und Sicherheit einen wesentlichen Teil der Unternehmenskultur. Für seine gute Arbeit in diesem Bereich erhielt das Unternehmen das österreichische Gesundheitszertifikat.

Im Seminar wurde deutlich, dass Gesundheit und Sicherheit für einen einwandfreien Betriebsablauf vorrangig sind. Klar wurde aber auch, dass es zwischen den einzelnen Ländern und Branchen viele Unterschiede gibt. Während es bei Gesundheit und Sicherheit in vielen Ländern nur um die körperliche und geistige Verfassung geht, verstehen andere Länder darunter eher ein Gesamtpaket für das Wohlbefinden. Gewerkschaften sollten sich dies bei ihrer Arbeit mit Unternehmen und Arbeitnehmern zu Herzen nehmen. Wenn man weiß, in welcher Phase sich ein Unternehmen oder ein Arbeitnehmer gerade befindet, trägt dies dazu bei, dass sich Gewerkschaften diesem Thema besser annähern können.