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Lebenswirklichkeit und Herausforderungen der jungen Europäer/innen von heute

Vom 13. bis 17. Juni 2019 fand in Brüssel, Belgien, ein Seminar zum Thema „Lebenswirklichkeit und Herausforderungen der jungen Europäer/innen von heute“ statt, das mit Unterstützung von EZA und der Europäischen Union von JOC Europe (Jeunesse Ouvrière Chrétienne - Europe) organisiert wurde. Das Seminar war Teil der EZA-Projektkoordinierung zum Thema „Jugendbeschäftigung“. An dem Seminar nahmen 25 junge Vertreter von Arbeitnehmerorganisationen aus Belgien, Deutschland und Spanien teil.

Der wichtigste Aspekt des Seminars bestand im Austausch persönlicher Wirklichkeiten, im Austausch von Methoden und Strategien zu kollektiven Maßnahmen und in der Motivation, herauszufinden, wie die anderen Bewegungen des YCW leben und was sie tun. Dies führte zu einer Motivation, einzeln und gemeinsam mit den anderen Teilnehmern zu handeln, und zwar in ihrem Lebensumfeld, bei der Arbeit, aber auch gemeinsam auf EU-Ebene in Verbindung mit der Gewerkschaftsbewegung.

Das Seminar war für die jungen Menschen sehr wichtig, da sie so feststellen konnten, dass nicht nur sie allein Schwierigkeiten haben, eine Arbeitsstelle zu finden. Sie erhielten insbesondere einen Überblick darüber, wie es in anderen Ländern aussieht, sowie einige Vorschläge, wie sie ihre Position gemeinsam ändern können, wenn sie in ihr Heimatland zurückfahren.

Die Gesellschaft muss sich verändern. Denn es sind die nationalen Regierungen und EU-Institutionen, die alle Regelungen treffen. Das zu sehen war wichtig, damit wir nun versuchen können, dies in Deutschland, Belgien und Spanien zu ändern. Wir brauchen mehr Harmonie und Angleichung in Europa, insbesondere in Zeiten, in denen der Arbeitsmarkt sich in Europa vor allem für junge Menschen und Frauen schnell verändert.

Wir wollten ursprünglich auch Teilnehmer aus Irland, der Ukraine und Österreich begrüßen. Schlussendlich konnten sie leider nicht teilnehmen und ihre Teilnahme wurde kurzfristig abgesagt.

Die folgenden Themenbereiche wurden besprochen:

- die Realität des Anstiegs von prekären Arbeitsverhältnissen in Europa und der unterschiedliche Kontext in den verschiedenen Ländern

- die Folgen dieser Situation für das Leben junger Menschen, Zukunftsangst, die langfristige Unmöglichkeit ihres Vorhabens, eine Wohnung zu finden, einen Plan für das Leben zu haben, der ihren Werten entspricht

- Mini-Jobs in Deutschland

- der neue belgische Rahmen zur Organisation der Unsicherheit von Arbeit in Belgien in den Sektoren Plattformwirtschaft, Gastronomie und Gemeinnützigkeit, mit der Multiplikation des Status’ als „Selbstunternehmer“, ohne Sozialbeitrag, allerdings auch ohne Anspruch auf viele Aspekte der sozialen Absicherung.

- die extrem hohe Zeitarbeitsquote bei jungen Menschen in Spanien

- die Notwendigkeit für junge Menschen und die Arbeitsmarktbewegung, neue Formen für Aktionen und gemeinsame Strategien zu entwickeln, um auf EU-Ebene handeln zu können und Einfluss zu haben.

Die folgenden Vorträge waren sehr inspirierend:

- Leizel Salem: Sie erläuterte das Prinzip des YCW und dessen Methodik. Wir werden immer von der Wirklichkeit junger Arbeitnehmer ausgehen. Junge Arbeitnehmer wünschen sich ein menschenwürdiges Leben, d.h. ein Leben in einer Gemeinschaft, in der Solidarität, Gleichheit, Freiheit, Liebe und Gerechtigkeit vorherrschen. Es ist unsere Aufgabe, ein Bewusstsein zu schaffen und dabei andere junge Arbeitnehmer und Menschen zu erreichen, um eine neue und bessere Gesellschaft schaffen zu können. All das tun wir anhand der Methodik des Sehens, Urteilens und Handelns. So sehen wir beispielsweise, indem wir eine soziale Erhebung machen, Informationen und Erfahrungsberichte sammeln. Wir urteilen, indem wir unsere Wirklichkeit damit konfrontieren und selbstkritisch nach unseren Werten suchen. Wir handeln kurzfristig und auch langfristig.

- Antoine Roisin: Antoine sprach über die Feststellung von Tendenzen in Bezug auf die Entwicklung des Arbeitsmarktes in Europa. Er begann mit einer Zusammenfassung von Geschichten, die junge Menschen erzählt haben: niedriges Gehalt, geschlechterspezifische Ungleichheiten, Flexibilität, fehlender Respekt seitens des Arbeitgebers, unbezahlte Praktika und Zeitarbeit nehmen zu. Und gleichzeitig wird die soziale Absicherung immer weniger.

Es fand ein Vergleich von einzelnen und gemeinsamen Erfahrungen und Wirklichkeiten mit Zahlen und Statistiken von Eurostat statt, um die gemeinsamen Entwicklungstendenzen zwischen den verschiedenen Ländern und den besonderen Kontext jedes Landes herauszustellen.

Er stellte zudem die größeren gesellschaftlichen Bewegungen in Europa sowie deren Erfolge, Grenzen und Probleme vor (Gelbwesten in Frankreich / Belgien, Generalstreik der Frauen in Spanien, Klimaproteste der Jugend in Deutschland / Belgien)

Mateusz Szymanski: Allgemeine Entwicklungstendenzen auf dem Arbeitsmarkt in Europa, die Rolle und Notwendigkeit für die Gewerkschaftsbewegung, auf EU-Ebene zu  handeln und Forderungen zu stellen, um die unterschiedlichen Wirklichkeiten der Länder durch gemeinsame Forderungen, wie z.B. den Vorschlag zur Einführung eines Mindestlohns auf EU-Ebene, zusammenzubringen.

Seminarergebnisse

Es fand ein Austausch unserer persönlichen Arbeitsbedingungen in kleinen Gruppen statt. Hier erfuhren wir, dass junge Arbeitnehmer ähnliche, aber auch unterschiedliche Erfahrungen gemacht haben. So ist es beispielsweise schwierig, selbst eine Wohnung zu mieten oder zu kaufen, wenn man in einer Stadt lebt und keiner Vollzeitbeschäftigung nachgeht. Zeitarbeit kann unterschiedliche Formen und Modelle annehmen. Viele verfügen nicht über unbefristete Verträge und es dauert lange, sie zu bekommen. Mit einem Diplom findet man nicht automatisch im Anschluss eine gute Arbeitsstelle. Es wurde zudem über des Geschlechterthema diskutiert. Es gibt bei gleicher Tätigkeit noch immer keine Lohngleichheit für Männer und Frauen.

Wir führten gemeinsam eine SPEC-Analyse über die Wirklichkeit junger Menschen in Europa durch.

Soziales: Paradigma des Neoliberalismus: Wirtschaftsmodell, Denkweise. Individualisierung: System, das mit dem Ziel entwickelt wurde, das Kollektive aufzulösen. Schwächung der Gewerkschaften.

Politik: die Arbeitsmärkte sind zunehmend liberalisiert. Rechtsgerichtete Regierungen fördern Flexibilität und Selbstständigkeit.

Wirtschaft: Wettbewerb unter jungen Menschen, um einen Arbeitsplatz zu bekommen und zu behalten. Druck auf lobenswerte Unternehmen, dominiert von den Finanzmärkten. Mehr Zeitarbeitsverträge (Tag, Woche, Monat), finanzielle Instabilität, niedrige Löhne, Unfähigkeit, ein menschenwürdiges Leben zu führen. Mehr Arbeitssuchende als Arbeitsangebote für weniger gebildete Menschen in spezifischen Sektoren.

Kulturelles: Zweifel hinsichtlich eines fundamentalen Wandels zu einer Alternative zum Kapitalismus.

Fehlendes Bewusstsein und Wissen (Rechte, Vorschriften). 3 Hauptachsen: Rassismus, Patriarchat, gesellschaftliche Klasse. Individualistische Kultur.

Am letzten Tag diskutierten wir, dass die Regierung im Leben von uns allen und in der Gesellschaft eine große Rolle spielt. Das müssen wir erkennen und versuchen zu ändern. Denn die geistige Haltung der Menschen in Europa wird von den Regierungen in ganz Europa beeinflusst. Wir müssen daher vereinter sein als jemals zuvor.

Nationale Bewegungen in Europa lernen sich kennen:

Treffen, Austausch in Europa (Feedback ermöglichen):

Sehen, was wir sind

Regelmäßige Treffen (telefonisch/persönlich)

Internationaler Austausch in Belgien/Deutschland: 6.-8. September: Gleichstellung von Männern und Frauen, Migration und Bildung.

Sich die Aktionen der jeweils anderen anschauen.

Kommunikation: Facebook, soziale Medien: 1 (Facebook/Newsletter), (Austausch über Aktionen),

(Instagram usw., visualisieren)

Unsere Ergebnisse für die Gesellschaft sichtbar machen

Entwicklung von gemeinsamen Aktionen:

Veranstaltung einer großen Aktion, z.B. großer Block bei einer Demonstration in Europa.

Zusammenarbeit bei gemeinsamen Aktionen (in Belgien zu den Gepäckarbeitern am Flughafen, in Deutschland und Belgien zu Sonntagsarbeit)

Gemeinsame Publikation in Europa: Fokus auf Themen, Länder.

Soziale Erhebung, die in jedem EU-Land zur Unsicherheit für die Digitalisierung, Plattformwirtschaft entwickelt wird.

Entwicklung unseres Netzwerkes:

Kontakt zu Irland, Österreich: Zusammenarbeit.

Kooperation mit Jugendorganisationen in Gewerkschaften.

EZA-Jugendkonferenz: 19.-21. September, Sofia

Wir wollen die Politik verändern, die geistige Haltung der Menschen muss sich ändern.

Es darf keine befristeten Verträge mehr geben. Junge Menschen wünschen sich unbefristete Verträge, um ihre Zukunft planen zu können.

Ein angemessener (oder menschenwürdiger) Arbeitsplatz und ein entsprechendes Gehalt.

Wir wollen bessere Arbeitsbedingungen und menschliche Arbeitgeber.

Wir wollen eine faire und gleichberechtigte Gesellschaft. Und eine sozialere EU.

Die Teilnehmer wollen auf unterschiedlichen Ebenen mehr Bewusstsein schaffen: Freunde, Familie, Arbeit, Organisation. Sie fahren motiviert und mit Perspektiven für Aktionen nach Hause, um die Bewegung und Botschaft zu bekräftigen und um den Kampf für ihre Rechte weiterzuführen.