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EZA-Workshop EU-Werte, Rechtsstaatlichkeit, Demokratie

Workshopreihe zur Konferenz über die Zukunft Europas (CoFoE).

Foto: EC AV Service

Die Konferenz über die Zukunft Europas (CoFoE) spielt eine wichtige Rolle in der Arbeit von EZA. Um einen Beitrag zu dieser Initiative der Europäischen Kommission zu leisten, hat EZA eine Reihe von Workshops gestartet. Ziel ist es, Vorschläge für die Konferenz vorzubereiten und zu initiieren.

 

Der erste der drei Workshops fand im Oktober 2021 statt und befasste sich mit Themen wie EU-Werte, Rechtsstaatlichkeit und Demokratie. Professor Dr. Léonce Bekemans, Jean-Monnet-Lehrstuhlinhaber ad personam, gab zunächst einen Überblick über die EU-Werte und ihre Verankerung in den EU-Verträgen.

"Das europäische Modell, das soziale Sicherheit und wirtschaftliche Solidarität mit den gemeinsamen Werten Freiheit, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit verbindet, steht auf dem Spiel", sagte Professor Bekemans. Für den Professor ist es klar, dass es eine Vision für eine kohärentere, demokratischere, gerechtere und nachhaltigere Zukunft geben muss.
In seinem Vortrag konzentrierte er sich auf Artikel zwei des EU-Vertrags (EUV): "Die Werte, auf die sich die Union gründet, sind die Achtung der Menschenwürde, Freiheit, Demokratie, Gleichheit, Rechtsstaatlichkeit und die Wahrung der Menschenrechte einschließlich der Rechte der Personen, die Minderheiten angehören. Diese Werte sind den Mitgliedstaaten in einer Gesellschaft gemeinsam, in der Pluralismus, Nichtdiskriminierung, Toleranz, Gerechtigkeit, Solidarität und die Gleichstellung von Frauen und Männern herrschen".

Was für Arbeitnehmerorganisationen noch wichtiger ist: Der soziale Dialog (Art. 154 und 155) ist Teil der Rechtsgrundlage der europäischen Werte und der Demokratie.
Der EUV definiert auch die Elemente der repräsentativen und partizipativen Demokratie. Die EU muss mit den Bürger:innen in Kontakt treten und sie in die politische Entscheidungsfindung einbeziehen. Der Professor wies darauf hin, dass die EU in dieser Hinsicht bereits viel erreicht habe, es aber noch viel Raum für Verbesserungen gebe. Professor Bekemans betonte, dass er neben ethischen und rechtlichen Aspekten auch praktische Vorschläge unterbreitete:
Zunächst schlug er vor, eine bewährte Praxis der Zusammenarbeit und Kommunikation intern und extern in einem dialogischen Rahmen aufzubauen. Danach sei es entscheidend, zu zeigen, dass die Menschen in der Welt zusammenleben können, und zwar unter Berücksichtigung der Unterschiede. Darauf folgt die Verbesserung des sozialen Dialogs, der die Säule des europäischen Sozialmodells ist, um die Sozial- und Wirtschaftssysteme sozioökonomisch effizienter und ökologisch nachhaltiger zu machen. Schließlich ist es für die EU unerlässlich, eine mutigere und dynamischere Rolle auf der internationalen politischen Bühne zu spielen, indem sie ihr Modell des Friedens und der transnationalen Zusammenarbeit verteidigt und ihre Methode der Zusammenarbeit mit anderen Makroregionen verstärkt.

Auf Professor Bekemans folgte Hanna Werner, Postdoktorandin der Democratic Innovation and Legitimacy Research Group, KULeuven. Sie konzentrierte sich auf die Forschungsergebnisse zur partizipativen Demokratie, die sie anhand der jüngsten Ergebnisse der OECD-Veröffentlichung über innovative Bürgerbeteiligung und neue demokratische Institutionen unterstrich. Sie betonte, dass die weit verbreitete Unzufriedenheit mit der Politik einer Antwort bedürfe. Die Lösung besteht darin, die Bürger:innen in die politische Entscheidungsfindung einzubeziehen. Best-Practice-Beispiele finden sich rund um den Globus, denn partizipative Prozesse sind auf dem Vormarsch.

Frau Werner präsentierte Zahlen und Fakten zu Volksabstimmungen, Bürgerhaushalten und deliberativer Miniöffentlichkeit. Forschungsergebnisse zeigen, dass Bürger:innen, die sich beteiligen, besser über Themen, Standpunkte und Ansichten anderer informiert sind. Darüber hinaus entwickeln sie eine positivere Einstellung gegenüber den Behörden, die sie organisieren. Partizipative Prozesse können eine Möglichkeit sein, die Kluft zwischen Bürger:innen und Politiker:innen zu überbrücken und das Vertrauen wiederherzustellen. Wenn  Bürger:innen jedoch den Verdacht haben, dass es sich bei dem Prozess nur um eine Show handelt, kann es zu einer Gegenreaktion kommen.

Zusammenfassend stellte Frau Werner fest, dass partizipative Prozesse kein Allheilmittel sind: Sie funktionierten manchmal und manchmal nicht. Abgesehen davon müssten partizipative Prozesse als Kommunikationsinstrument zwischen Vertreter:innen und Bürger:innen und zwischen den Bürger:innen selbst verstanden werden. In Anbetracht all dessen seien echtes Engagement und Respekt der Schlüssel.

Im zweiten Teil des Workshops wurden die Teilnehmenden aufgefordert, ihre Vorschläge auf den Tisch zu legen. Diese werden die Grundlage für die weitere Diskussion über den Beitrag von EZA bilden.

Einige Forderungen sollen im Folgenden vorgestellt werden:

  • Die Werte der EU müssen mehr und besser beworben werden, um ein breites und gemeinsames Verständnis unter allen europäischen Bürgern zu erreichen und die EU-Werte an die nachfolgenden Generationen weiterzugeben. Projekte mit Bürgerbeteiligung bleiben wichtig.
  • Die sozialen Medien müssen reguliert werden, um Hass, Hetze und Desinformation in Bezug auf die Werte zu vermeiden.
  • Soziale Gerechtigkeit ist der Grundpfeiler für ein besseres Europa.
  • Die Menschenwürde und die Meinungsfreiheit der Arbeitnehmerorganisationen müssen besser und überall in Europa geschützt werden.
  • Es ist notwendig, den sozialen Dialog und Tarifverhandlungen (insbesondere auf sektoraler Ebene) zu fördern.
  • Partizipative Prozesse müssen mehr sein als einmalige Initiativen. Sie müssen institutionalisiert werden, wodurch die politische Entscheidungsfindung effizienter wird.
  • Es ist wichtig, die Zuständigkeits- und Verantwortungsebene richtig zu bestimmen.
  • Es ist notwendig, dass in multinationalen Unternehmen in Europa eine wirksame Arbeitsregulierung eingeführt wird.
  • Nicht-politische Akteure (z.B. Medien, multinationale Unternehmen) gewinnen immer mehr Raum in der politischen Entscheidungsfindung. Die Rolle dieser Akteure muss vor dem Hintergrund der demokratischen Verfassung Europas überprüft und überdacht werden

Die nächsten Workshops finden am Donnerstag, den 16. November 2021 um 15 Uhr zum Thema Gesundheit in der EU und am Dienstag, den 18. Januar 2022 zum Thema Klima statt.