Vom 23. bis 27. April 2025 kamen 36 junge Arbeitnehmervertreter:innen aus 14 verschiedenen europäischen Ländern zur diesjährigen Konferenz der EZA-Plattform für junge Arbeitnehmer:innen zusammen. Das Nell-Breuning-Haus in Herzogenrath bot erneut den organisatorischen Rahmen für die mehrtägige Veranstaltung mit dem Thema „Zukunft gestalten: Berufspraktika als Schlüssel zur Bekämpfung des Fachkräftemangels in Europa“. Die Konferenz wurde finanziert von der Europäischen Union.
Ankommen, Kennenlernen und Erwartungsklärung
Nach der Anreise und einem gemeinsamen Abendessen wurde die Konferenz von Kristina Hamm und Julian Voit vom Bildungsteam des Nell-Breuning-Hauses eröffnet. Im Anschluss stellte sich das internationale Organisationsteam vor, das die Konferenz inhaltlich und organisatorisch mit vorbereitet hatte.
Bereits zu Beginn wurde die Vielfalt innerhalb der Gruppe deutlich: Teilnehmende mit ganz unterschiedlichen Hintergründen und Erfahrungsständen kamen zusammen – von Personen am Übergang von Schule zu Beruf bis hin zu jungen Menschen mit Gründungserfahrung. Manche waren mit der Arbeit in EZA-Organisationen seit Langem vertraut, andere nahmen erstmals an einer solchen Konferenz teil.
Die Erwartungen reichten von dem Wunsch, sich Wissen anzueignen und sich in strukturierte Debatten einzubringen, bis hin zu einem starken Interesse an der internationalen Vernetzung zwischen Organisationen und Einzelpersonen. Die Erhebung der Erwartungen erfolgte mithilfe des digitalen Tools Mentimeter, das von Kristina Noreikiené (Jugendvorsitzende – LDF, Litauen) eingeführt wurde. In der Abschlussreflexion wurde es erneut aufgegriffen, um Entwicklungen sichtbar zu machen.
Auseinandersetzung mit Praktika: Positionen, Perspektiven, Diskussionen
Am zweiten Tag lag der Fokus auf der Vielfalt an Erfahrungen und Einschätzungen zum Thema Praktika. Unter der Leitung von Julian Voit (NBH, Deutschland) und Francisca Cantarini (ACLI, Italien) wurde eine interaktive Ausstellübung durchgeführt. Die Teilnehmenden positionierten sich im Raum zu verschiedenen provokativen Thesen – beispielsweise: „Unbezahlte Praktika sollten komplett verboten werden.“ Die Bandbreite der Reaktionen reichte von klarer Zustimmung bis vollständige Ablehnung.
Dabei wurde deutlich, dass nicht nur die persönlichen Erfahrungen mit Praktika stark variieren, sondern auch die grundsätzlichen Haltungen und Wertevorstellungen hierzu. Die Diskussionen verliefen lebendig und konstruktiv und ermöglichten einen fundierten Einstieg in die weitere Auseinandersetzung.
Kreative Vertiefung durch Kurzvideos
Im Anschluss arbeiteten die Teilnehmenden in Kleingruppen an kurzen Videoclips, die unterschiedliche Perspektiven auf Praktikumssituationen darstellten. Während einige Beiträge bewusst kreativ und humorvoll gestaltet wurden, griffen andere reale, oft problematische Erfahrungen auf – wie etwa unangemessene Aufgabenverteilungen oder fehlende Anerkennung im Betrieb.
Die Methode der Videoarbeit wurde bewusst gewählt, da einige Teilnehmende diese Arbeitsweise bereits bei einem EZA-Seminar in Albanien zu Beginn des Jahres kennengelernt hatten. So konnte dort erworbenes Wissen direkt angewandt und im neuen Kontext vertieft werden. Die Übung förderte nicht nur Medienkompetenz und Ausdrucksfähigkeit, sondern stärkte auch das Miteinander in den Gruppen.
EU-Praktikumsrichtlinien und Auslandspraktika
Ein zentraler Programmpunkt war der Vortrag von Melih Özkardes, Mitglied im Speakers Pool der Europäischen Kommission in Deutschland. Unter dem Titel „Praktika und Chancen für junge Menschen in der EU“ stellte er zentrale politische Entwicklungen und konkrete Förderangebote auf europäischer Ebene vor. Dazu zählten unter anderem:
die neue EU-Richtlinie für faire Praktikumsbedingungen
Programme wie Erasmus+, das Europäische Solidaritätskorps, PROMOS
sowie Informationsplattformen wie Eurodesk oder rausvonzuhaus.de
Der Vortrag war interaktiv angelegt und bot den Teilnehmenden vielfältige Möglichkeiten zur Beteiligung. In der Großgruppe entstand ein lebendiger Austausch, bei dem Fragen, Bewertungen und länderspezifische Erfahrungen miteinander verknüpft wurden. Die Inhalte stießen auf großes Interesse und regten zur Reflexion und Diskussion an.
Im Anschluss nutzten viele Teilnehmende beim gemeinsamen Mittagessen die Gelegenheit zu vertiefenden Gesprächen mit dem Referenten. Dabei wurden weitere Kontakte geknüpft, und Herr Özkardes wurde bereits vor Ort zu kommenden Konferenzen in anderen Ländern eingeladen.
Unternehmensbesuch zur Gemeinwohl-Ökonomie
Am Freitagnachmittag besuchten die Teilnehmenden ein Unternehmen, das nach den Prinzipien der Gemeinwohl-Ökonomie wirtschaftet. Der Besuch ermöglichte praxisnahe Einblicke in unternehmerisches Handeln, das sich an sozialen und ökologischen Kriterien orientiert.
Kreative Reflexion mit dem „Theater der Unterdrückten“
Am Samstag wurde unter Anleitung von Thomas Capone (Vorsitzender des Jugendnetzwerks – UNAIE-Trentini Nel Mondo, Italien) die Methode des Theaters der Unterdrückten nach Augusto Boal eingesetzt. In Kleingruppen erarbeiteten die Teilnehmenden Szenen zu konkreten Problemlagen rund um das Thema Praktikum – beispielsweise die Situation einer alleinerziehenden Mutter in einem unbezahlten Praktikum, die zusätzlich einer Erwerbsarbeit nachgehen muss.
Anschließend diskutierte die Gesamtgruppe mögliche Lösungsansätze. Dabei wurden unter anderem die Bedeutung gewerkschaftlicher Vertretung sowie strukturelle Reformbedarfe betont. Die kreative Auseinandersetzung spiegelte zugleich den gewachsenen Zusammenhalt innerhalb der Gruppe wider. Das Organisationsteam sorgte dabei für eine gute Balance zwischen inhaltlicher Tiefe und gruppendynamischer Offenheit.
Zusammenfassung und Perspektiven
Zum Abschluss der Konferenz wurden die zu Beginn geäußerten Erwartungen erneut aufgegriffen und mit den Erfahrungen der Woche abgeglichen. Viele Teilnehmende äußerten, dass sie wertvolle Impulse für ihre Arbeit mitnehmen – fachlich, politisch und persönlich. Die Rückmeldungen zeigten ein hohes Maß an Zufriedenheit mit dem Ablauf, den Inhalten und der Atmosphäre der Veranstaltung.
Ausblick
Besonders erfreulich war, dass mehrere Teilnehmende sich vorstellen konnten, künftig aktiv an der Organisation kommender Konferenzen mitzuwirken. Erste Themenvorschläge für das Jahr 2026 wurden bereits gesammelt – mit dem Ziel, die Anliegen und Interessen junger Arbeitnehmer:innen weiterhin sichtbar und wirksam zu machen.