Vom 16. bis 18. Oktober 2025 fand in Zagreb/Kroatien ein Seminar mit dem Titel „Digitalisierung und Übergang zu einer grünen Wirtschaft – Chancen und Herausforderungen um soziale Gerechtigkeit zu erreichen“ statt. Das Seminar wurde von der kroatischen Kulturgesellschaft „Napredak“ (HKD Napredak) mit Unterstützung des Europäischen Zentrums für Arbeitnehmerfragen (EZA) und des kroatischen Wirtschaftsministeriums organisiert. Die Veranstaltung wurde von der Europäischen Union finanziert. Am Seminar nahmen Vertreter:innen von Arbeitnehmerorganisationen aus sieben verschiedenen Ländern teil.
Zur Eröffnung des Seminars begrüßte Goran Štrbac alle Teilnehmer:innen und stellte das geplante Programm vor. Er betonte, wie zufrieden er damit ist, dass auf dem Seminar erneut Vertreter:innen verschiedener Arbeitnehmerorganisationen, Mitglieder aus dem großen EZA-Netzwerk, europäische Expert:innen verschiedener Institute, Handwerkskammern, Arbeitgebervertreter:innen, Regierungsbeamt:innen, Universitätsprofessor:innen und andere Fachleute zusammenkamen, die sich in ihrer Arbeit mit Arbeitnehmerrechten, dem sozialen Dialog, der Gleichberechtigung, der Digitalisierung und dem Übergang zu einer grünen Wirtschaft befassen.
Anschließend hielt Nikola Čiča, Präsident von HKD Napredak, eine Eröffnungsrede, in der er hervorhob, wie HKD Napredak zur Erreichung der sozialen Gleichheit beiträgt. Er betonte außerdem, dass die Digitalisierung und der Übergang zu einer grünen Wirtschaft nicht nur Auswirkungen auf das Arbeitsumfeld und die Bildung, sondern auf jeden Bereich des gesellschaftlichen Lebens haben. Mit dieser Rede war das Seminarprogramm offiziell eröffnet.
Das erste Thema des Seminars konzentrierte sich auf die Bedeutung des sozialen Dialogs und auf die Schaffung und Erhaltung von sozialer Gerechtigkeit. Die Sitzung wurde von Neven Kos, Vertreter des kroatischen Wirtschaftsministeriums und Leiter des Direktorats für EU-Programme und EU-Projekte sowie für europäische und internationale Angelegenheiten, eröffnet. Auf ihn folgte Guglielmo Borri, Vizepräsident der christlichen Arbeitnehmerbewegung (MCL) aus Italien. Nach ihren Vorträgen gab es eine Diskussion, aus der eine Reihe von Überlegungen, Schlussfolgerungen und Fragen hervorging.
Soziale Gerechtigkeit ist einer der Grundpfeiler jeder Demokratie. Im modernen Zeitalter, das gekennzeichnet ist durch rasche technologische Fortschritte, eine beschleunigte Digitalisierung und den Übergang zu einer grünen Wirtschaft, gewinnt das Konzept der sozialen Gerechtigkeit größere Bedeutung. Veränderungen auf dem Arbeitsmarkt, Modernisierungen, Automatisierungen und der Wechsel zu nachhaltigen Energiesystemen werfen zahlreiche Fragen im Hinblick auf Arbeitnehmerrechte, die finanzielle und soziale Gerechtigkeit und Gleichberechtigung für alle auf. Der soziale Dialog ist ein entscheidender Faktor bei der Schaffung und Erhaltung von sozialer Gerechtigkeit. Er wird durch eine offene Zusammenarbeit und Kommunikation zwischen Arbeitgeber:innen, Gewerkschaften, öffentlichen Einrichtungen und der Zivilgesellschaft erreicht. Ein derartiger Dialog kann während eines Übergangs – d. h. sowohl bei der Digitalisierung als auch beim Übergang zu einer grünen Wirtschaft – Fairness und Inklusivität sicherstellen. Dies wirft die folgende Frage auf: Wie lassen sich die Grundsätze von sozialer Gerechtigkeit an die neuen gesellschaftlichen und technologischen Voraussetzungen anpassen?
Das Aufkommen und die Anwendung neuer Technologien verändern die Art und Weise, wie die Menschen arbeiten, Prozesse organisieren und Aufgaben erledigen. Verschiedene Cloud-Systeme, digitale Plattformen, die Automatisierung und der Aufstieg von künstlicher Intelligenz schaffen ein neues Arbeitsumfeld, das gekennzeichnet ist von Flexibilität und beschleunigten Arbeitsabläufen – aber auch von unterschiedlichen Graden an Unsicherheit. Auch die Frage der ständigen Erreichbarkeit kommt dabei auf, da Arbeitgeber:innen möglicherweise erwarten, dass die Arbeitnehmer:innen auch über die Arbeitszeit hinaus erreichbar sind, was die Grenze zwischen Berufs- und Privatleben verschwimmen lässt. Auch wenn die Digitalisierung und der technologische Wandel die Effizienz steigern können, führen sie trotzdem auch zu Bedenken im Hinblick auf die Arbeitnehmerrechte und den persönlichen Schutz. Es ist daher notwendig, klare Rahmenbedingungen zu schaffen, um sicherstellen zu können, dass die Würde, Privatsphäre und Sicherheit der Arbeitnehmer:innen in diesem digitalen Umfeld geschützt sind. Über die Frage der Auswirkungen der Digitalisierung und der neuen Technologien auf die Entstehung neuer Arbeitsumfelder wurde von Professor:innen aus dem Bereich der Informatik gesprochen, darunter Vjeran Bušelić von der Universität für Angewandte Wissenschaften in Zagreb (TVZ), Damir Krešić, Geschäftsführer des Instituts für Tourismus und Vizepräsident von HKD Napredak, und Ivana Mehle, stellvertretende Direktorin der kroatischen Arbeitsagentur (HZZ).
Die heutigen Technologien durchdringen zahlreiche Aspekte des Lebens und der Arbeit, weshalb Dražen Vikić-Topić, Vorstandsvorsitzender der Nationalen Stiftung für die Entwicklung der Zivilgesellschaft, Goran Krstačić, Leiter der Poliklinik „Srčana“ und Lehrstuhlinhaber in der Abteilung für klinische Medizin an der Fakultät für Zahnmedizin und Gesundheit in Osijek, sowie Vlatko Rosić, Direktor des Zentrums für katholische Schulen „Sv Josip“ aus Sarajevo über die ethischen Herausforderungen der technischen Anwendung sprachen. Neue Technologien sollten als Hilfsmittel dienen, die den Menschen dabei helfen, ihre Arbeitsaufgaben effizienter zu erledigen – und nicht als Ersatz für menschliche Arbeit. Dies führt zu einer entscheidenden Frage: Wie können wir sicherstellen, dass die Technologie weiterhin im Dienste der Menschheit bleibt und nicht umgekehrt? Die Technologie verändert die Machtverhältnisse in der Gesellschaft und den Medien. Große Technologieunternehmen und Tech-Manager üben einen enormen Einfluss auf den öffentlichen Raum, politische Prozesse, die Medien und den Alltag der Bürger:innen aus. Es besteht ein signifikantes Risiko, dass demokratische Werte durch wirtschaftliche Interessen ersetzt werden könnten. Es ist daher unerlässlich, dass Transparenz, Rechenschaftspflicht und Fairness die Entwicklung und Anwendung der Technologie leiten. Im Gesundheitswesen kann die Technologie Diagnosen und Behandlungen erheblich verbessern und erleichtern. Allerdings müssen maschinelle Autonomie und die Einbindung von künstlicher Intelligenz in der Medizin immer unter menschlicher Aufsicht erfolgen. Eine Vernachlässigung der Geisteswissenschaften und der ausschließliche Fokus auf die technischen und Naturwissenschaften wären ein großer Fehler. Aufklärung im Bereich digitaler Ethik ist ein zentrales Mittel zur Sicherung der sozialen Gerechtigkeit. Technologischer Fortschritt, die Digitalisierung, künstliche Intelligenz und der Übergang zu einer grünen Wirtschaft müssen auf das Gemeinwohl, den Schutz der Menschenwürde und den Erhalt aller Lebewesen auf unserem Planeten ausgerichtet sein. Die Ethik der Technologie sollte nicht auf technische Standards begrenzt sein – sie muss Teil einer breiteren Vision von einer Gesellschaft sein, die Solidarität, Gleichberechtigung, Sicherheit und Vertrauen fördert. Jede Form des Fortschritts, darunter auch der technologische Fortschritt, muss eine klare ethische Grundlage haben.
Der Klimawandel gilt als eine der größten Herausforderungen unserer Zeit. Neben seinen Auswirkungen auf die Umwelt kann sich der Klimawandel auch auf die Wirtschaft, Arbeitsmärkte und sozialen Strukturen auswirken. Der Übergang zu einer grünen Wirtschaft wird daher zu einer unvermeidlichen Antwort auf Fragen im Zusammenhang mit dem Klima. Der Wechsel zu einer Wirtschaft, die auf erneuerbaren Energiequellen, verringerten Treibhausgasemissionen und Energieeffizienz basiert, bringt auch Veränderungen bei den Arbeitsbedingungen und in der Sozialpolitik mit sich. Darüber diskutierten die Seminarteilnehmer:innen anhand von Vorträgen von Nikola Vikić-Topić, Meteorologe und Wetterexperte bei der kroatischen Flugsicherung, von Marko Ožura, Dozent für Naturschutz an der Universität Karlovac, und von Branko Grisogono, emeritierter Professor für Geophysik und Atmosphärenphysik an der Fakultät für Naturwissenschaften und Mathematik der Universität Zagreb. Das Konzept des gerechten Wandels, das sowohl in europäischen als auch in globalen politischen Rahmenwerken eine zentrale Rolle spielt, impliziert, dass der Wandel zu einer grünen Wirtschaft sozial ausgewogen sein muss. Das Seminar betonte die zentrale Rolle der Gewerkschaften, Zivilgesellschaft, Arbeitnehmerverbände und lokalen Behörden bei der Gestaltung einer fairen und inklusiven Arbeitsmarktpolitik durch den sozialen Dialog.
Die Synergie zwischen der Digitalisierung und dem Übergang zu einer grünen Wirtschaft wird häufig als Weg zu einer nachhaltigen Entwicklung dargestellt, bringt aber auch zahlreiche Herausforderungen mit sich. Die Digitalisierung hat einen beträchtlichen ökologischen Fußabdruck und benötigt sehr große Mengen Energie, seltener Metalle, Mineralien und natürlicher Ressourcen. Rechenzentren verbrauchen immer mehr Strom, und das Problem der elektronischen Abfälle – wovon derzeit nur 20 % wiederverwertet werden können – entwickelt sich zu einer der am schnellsten wachsenden Formen der Umweltverschmutzung weltweit. Man muss unbedingt anerkennen, dass der Übergang zu einer grünen Wirtschaft Gefahr läuft, nur nominell und ohne echte Auswirkungen zu bleiben, falls die digitale Entwicklung nur auf der anhaltenden Produktion neuer Geräte und auf einem konsumorientierten Wirtschaftswachstum basiert. Die Digitalisierung und der Übergang zu einer grünen Wirtschaft müssen daher zwei sich gegenseitig unterstützende Prozesse sein. Die Digitalisierung darf nicht nur eine weitere Form der ressourcenintensiven Abhängigkeit werden. Über diese Fragen sprachen Diana Kobas Dešković, Direktorin von Spona Code d.o.o., Nikola Čiča, Präsident von HKD Napredak, und Felicia Mihai, Präsidentin der Gewerkschaft des Nationalen Forschungs- & Entwicklungsinstituts für Kernphysik und Kerntechnik „Horia Hulubei“ – IFIN-HH Union.
Die Abschlusssitzung des Seminars beinhaltete Vorträge von Boris Marđonović, Geschäftsführer der Handwerks- und Unternehmerkammer von Montenegro, von Vjekoslav Špoljarić, Berater des Ministers im kroatischen Ministerium für Arbeit, Rentensystem, Familie und Sozialpolitik, und von Josip Milić, Präsident des Gewerkschaftsbundes der unabhängigen Gewerkschaften der Föderation Bosnien und Herzegowina. Sie stellten darin erfolgreiche Beispiele für die Digitalisierung in der Praxis vor (in den Wirtschafts-, IT- und Bildungssystemen) und kamen zu dem Schluss, dass die Digitalisierung und der Übergang zu einer grünen Wirtschaft für jede Gesellschaft, die nach einer nachhaltigen und wettbewerbsfähigen Entwicklung strebt, zu einer Notwendigkeit geworden sind. Auch wenn beide Übergänge zahlreiche Risiken und Herausforderungen mit sich bringen, muss unbedingt sichergestellt werden, dass sie der Menschheit dienen – und nicht umgekehrt. Die Digitalisierung und der Übergang zu einer grünen Wirtschaft müssen so umgesetzt werden, dass soziale Gerechtigkeit und Gleichberechtigung gewährleistet sind. Zum Ende des Seminars waren sich die Teilnehmer:innen nach einer kurzen Diskussion einig, dass, auch wenn nicht alle Probleme sofort gelöst werden können, dennoch neue Erkenntnisse geteilt, Perspektiven erweitert und innovative Ideen und Überlegungen zur Digitalisierung und zum Übergang zu einer grünen Wirtschaft ausgetauscht werden können. Man muss unbedingt wachsam bleiben, aktiv denken und Schritt für Schritt innerhalb der eigenen Fähigkeiten zum Prozess der Digitalisierung und des Übergangs zu einer grünen Wirtschaft beitragen.
Alle Teilnehmer:innen waren sich einig, dass die behandelten Themen mit den EU-Strategien zur Digitalisierung und zum Übergang zu einer grünen Wirtschaft übereinstimmten und dass das Seminar erfolgreich zentrale Fragen im Hinblick auf die wirksame Umsetzung dieser Prozesse aufwerfen konnte, die mit Sicherheit zur zukünftigen Arbeit aller Teilnehmer:innen in diesem Bereich beitragen werden.