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Die Herausforderung des Arbeitskräfte- und Qualifikationsmangels

Vom 12. bis 14. September 2025 fand in Velehrad / Tschechien ein Seminar zum Thema „Die Herausforderung des Arbeitskräfte- und Qualifikationsmangels“ statt, das von KAP (Hnutí „Křesťan a práce“) in Zusammenarbeit mit dem EZA organisiert und von der Europäischen Union finanziert wurde. Am Seminar nahmen 80 Vertreter:innen von Arbeitnehmerorganisationen aus Albanien, Österreich, Deutschland, Italien, Polen, der Slowakei, der Ukraine und Tschechien teil. 

Das erste Ziel des Seminars bestand darin, Trends im Zusammenhang mit der Entwicklung der Arbeitskräfte auszuwerten, darunter auch Prognosen in Bezug auf ihr künftiges Wachstum mit dem Fokus auf die besonderen Herausforderungen für Arbeitskräfte sowie auf Lösungsvorschläge. Das zweite Ziel war es, spezifische Herausforderungen im Zusammenhang mit dem Arbeitskräftemangel in der Europäischen Union und dem Mangel an erforderlichen Qualifikationen zu ermitteln und zur Diskussion über mögliche Lösungen beizutragen.

Die Art des Themas ermöglichte es, sich seiner Lösung von zwei Blickwinkeln zu nähern: erstens im Kontext des Arbeitskräftemangels im Allgemeinen und zweitens im Kontext des Arbeitskräftemangels in Bereichen, in denen es relativ gesehen einen höheren Bedarf an Arbeitskräften gibt. Dies hängt mit strukturellen Missverhältnissen auf den Arbeitsmärkten zusammen, bei denen die den Arbeitnehmer:innen angebotenen Qualifikationen nicht zu den Anforderungen der Arbeitgeber:innen passen. Jede der genannten Optionen enthält unterschiedliche mögliche Lösungen, sowohl für die Arbeitgeber:innen als auch für die Regierung. Im Fall der Regierungspolitik wurde über eine große Bandbreite an möglichen Lösungen diskutiert, von der aktiven Beschäftigungspolitik über soziale Maßnahmen bis hin zur Strukturpolitik.

Der Mehrwert des Seminars bestand in einem besseren Verständnis der Folgen, die aufgrund der rasanten Einführung neuer Technologien in Kombination mit dem Prozess der alternden Bevölkerung mit hohen und unvorhersehbaren Entwicklungen in Bezug auf den Arbeits- und Fachkräftemangel verbunden sind. Die Teilnehmer:innen sprachen über die Rolle der christlich-sozialen Politik im Kontext der Soziallehre der katholischen Kirche. Dieses Seminar trug außerdem zu einem besseren Verständnis der genannten Konsequenzen im Rahmen der lebenslangen Weiterbildung, dreiseitigen Verhandlungen und Tarifverhandlungen bei.

Die folgenden Themen wurden dabei besprochen:

  • Makroökonomische Perspektive: demografische Trends, strukturelle Missverhältnisse zwischen Arbeitskräften und Qualifikationen;

  • Individuelle Perspektive: Verlängerung des Erwerbslebens, Umschulungen, Anpassungsfähigkeit älterer Arbeitnehmer:innen, digitale Kompetenzen;

  • Folgen des technologischen Wandels für ältere Arbeitnehmer:innen;

  • Rolle der katholischen Soziallehre bei der Bewältigung der europäischen und globalen Herausforderungen in Bezug auf den Arbeits- und Fachkräftemangel;

  • Ethische Perspektiven auf Arbeit, Arbeitsteilung und den Schutz gefährdeter Gruppen;

  • Migrationstrends und ihr Potenzial zur Linderung des Arbeits- und Fachkräftemangels;

  • Fallstudien der Länder: Tschechien, Slowakei, Deutschland, Ukraine, Polen, Österreich, Albanien.

Die Ergebnisse des Seminars waren unter anderem:

  • Anerkennung der Tatsache, dass der Arbeits- und Fachkräftemangel eine miteinander verknüpfte Herausforderung darstellt, insbesondere in postsozialistischen Volkswirtschaften;

  • Die Anpassungsfähigkeit der Arbeitskräfte, insbesondere der älteren Arbeitnehmer:innen, ist der Schlüssel für eine langfristige Wettbewerbsfähigkeit;

  • Die Anpassungsfähigkeit der Arbeitskräfte, insbesondere der älteren Arbeitnehmer:innen, stellt eine Herausforderung für die Systeme für lebenslanges Lernen und die Ausbildung dar;

  • Die katholische Soziallehre bietet eine wertvolle ethische Orientierungshilfe für die Beschäftigungspolitik und den sozialen Frieden.

Beschlüsse und Forderungen:

  • Politischer Fokus auf gefährdete Gruppen: Die Regierungen müssen bei der Bewältigung des Arbeits- und Fachkräftemangels die schwächsten Gruppen berücksichtigen;

  • Gestaltung von Erwartungen: Die Steuerbehörden sollten daran arbeiten, langfristig ein stabiles steuerliches Umfeld zu schaffen, um den am stärksten gefährdeten Gruppen der Arbeitskräfte sozialen Schutz zu bieten;

  • Unterstützung bei Umschulungen und digitalen Kompetenzen, insbesondere für Arbeitnehmer:innen über 50;

  • Eine kontrollierte Migration sollte als zusätzliche Lösung für den Arbeitskräftemangel untersucht werden;

  • Starke Forderung nach einer Einbindung des christlichen Ansatzes in moderne Rahmenwerke der Wirtschafts- und Arbeitspolitik.

Folgen für die tägliche Arbeit:

  • Gestiegene Forderung nach Personalstrategien: Umschulungsprogramme, Maßnahmen für aktives Altern, Unterstützung beim Erwerb digitaler Kompetenzen;

  • Gewerkschaften und andere Arbeitnehmerorganisationen sollten die Unterstützung für gefährdete Gruppen in den Tarifverhandlungen verstärken;

  • Die tägliche Arbeit erfordert ein Bewusstsein für internationale und historische Lehren, um nicht die Fehler der Vergangenheit zu wiederholen;

  • Führungskräfte und Arbeitnehmer:innen sollten auf eine größere Volatilität auf dem Arbeitsmarktvorbereitet sein, was Flexibilität erfordert.

Umsetzung der Seminarergebnisse in der täglichen Arbeit:

  • Weitergabe der Einblicke innerhalb der Organisationen, Anregung zur Diskussion über den Fach- und Arbeitskräftemangel;

  • Druck auf politische Entscheidungsträger:innen: Organisationen und Gewerkschaften müssen sich aktiv für eine Politik einsetzen, die soziale Schäden minimiert;

  • Erarbeitung interner Ausbildungs- und Umschulungsprogramme;

  • Einführung von Maßnahmen, um die Anpassungsfähigkeit der älteren Arbeitnehmer:innen zu unterstützen;

  • Ausrichtung der Organisationskultur auf christlich-soziale Werte, Förderung der Würde der Arbeit;

  • Ermutigung zu internationaler Zusammenarbeit und zu einem Dialog zwischen Gewerkschaften, Nichtregierungsorganisationen und politischen Entscheidungsträger:innen durch den Austausch bewährter Methoden.