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Arbeiten und Mitbestimmung in der sozialökologischen Transformation

Die Katholische Arbeitnehmer-Bewegung (KAB) Deutschlands veranstaltete gemeinsam mit ihren europäischen Partnerbewegungen (KAB Österreich, KVW Südtirol) ein Seminar im KönzgenHaus. Unter dem Titel „Arbeiten und Mitbestimmung in der sozialökologischen Transformation“ bot die Veranstaltung Engagierten aus Gewerkschaften und anderen Arbeitnehmerorganisationen eine Plattform zur Auseinandersetzung mit Fragen nach Macht, Gerechtigkeit und Eigentum in der Energieversorgung. Die Veranstaltung wurde in Zusammenarbeit mit EZA organisiert und von der Europäischen Union finanziert.

Warum war das Seminar gerade jetzt wichtig? Wir befinden uns in einer „Vielfachkrise“ (Prof. Dr. Wissen), in der der Kapitalismus an ökologische Grenzen stößt. Da weder technische Lösungen noch „grüner Kapitalismus“ ausreichen, war es entscheidend, den Fokus auf die Verteilungsfrage zu lenken. Angesichts steigender Energiepreise müssen Arbeitnehmerorganisationen eigene Antworten auf die Eigentumsfrage entwickeln, um dem Rechtsruck eine solidarische Perspektive entgegenzusetzen.

Teilnehmer:innen-Struktur Es nahmen 19 Vertreter:innen von Arbeitnehmerorganisationen aus Deutschland, Österreich und Italien/Südtirol teil. Die Referent:innen brachten sich über ihre Inputs hinaus aktiv in den gesamten Diskussionsprozess ein, was eine vertiefte Auseinandersetzung über alle Ebenen der vertretenen Organisationen ermöglichte.

Themenfelder und Diskussionen Das Programm verknüpfte theoretische Analyse, theologische Reflexion und praktische Erkundungen:

  • Grenzen des Kapitalismus: Prof. Wissen verdeutlichte, dass echte Transformation die Vergesellschaftung zentraler Infrastrukturen erfordert. Ökologische Fragen sind untrennbar mit der sozialen Klassenfrage zu verbinden.

  • Theologie der Energie: Prof. Dr. Grau kontrastierte fossile „Heilsversprechen“ mit biblischer Gerechtigkeit und dem Sabbatgebot als Ethik für den Umgang mit begrenzten Ressourcen.

  • Gewerkschaftliche Praxis & Just Transition: Tobias Krupp (DGB) und Jonas Langen (ÖGB) zeigten am Strukturwandel der Emscher-Lippe-Region (Kohleausstieg), wie Arbeitsplatzsicherung und ökologische Notwendigkeit zusammengedacht werden („Just Transition“).

  • Exkursionen und Workshops:

    • Bei Trimet (Gelsenkirchen) wurde der Versuch diskutiert, Aluminiumproduktion durch Wasserstoffbeimischung klimaneutral zu gestalten und das „grünste Aluminiumwerk“ zu werden.

    • Die Führung auf der Zeche Zollverein verdeutlichte die historischen Dimensionen der Kohle für das Ruhrgebiet und zeigte, wie durch staatliche Programme und den Einfluss der Sozialpartner soziale Härten bei Stilllegungen abgefedert werden konnten.

    • Ein Workshop in der Klimakommune Saerbeck demonstrierte, wie Bürgerbeteiligung und lokale Energieautonomie praktisch funktionieren können. Es wurde deutlich, dass der Einbezug vieler Kooperationspartner entscheidend ist, darunter besonders der Sozialpartner.

Seminarergebnisse und Forderungen Die Arbeitsgruppen formulierten klare Positionen für die politische Arbeit:

  1. Demokratisierung der Energieversorgung: Energie ist Daseinsvorsorge. Die Teilnehmer:innen fordern, Energieproduktion und -netze verstärkt in Bürger:innen- und Arbeiter:innenhand (Genossenschaften) oder kommunale Verantwortung zu überführen, um Profitinteressen zurückzudrängen.

  2. Verteilungsgerechtigkeit: Unter dem Slogan „Gestohlenes Geld – gestohlene Zukunft“ wird gefordert, Reichtum zur Finanzierung der Transformation heranzuziehen, statt Arbeitnehmende zu belasten.

  3. Soziale Wärme gegen rechte Kälte: Klimaschutz muss im direkten Kontakt als Verbesserung der Lebensqualität vermittelt werden, um die Deutungshoheit nicht rechten Akteuren zu überlassen.

Umsetzung in die tägliche Arbeit Für die konkrete Weiterarbeit wurden drei strategische Ansätze vertieft:

  • Partizipation stärken: Dr. Anja Salzer stellte das Modell der Klimabürger:innenräte vor. Die Teilnehmer:innen nahmen Methoden mit, um Beteiligungsformate zu fördern, die gemeinwohlorientierte Lösungen erarbeiten.

  • Resilienz aufbauen: Dr. Philipp Ackermann führte in das „Solidarische Preppen“ ein. Abgegrenzt von rechten Szenarien, soll dieser Ansatz in lokalen Gruppen genutzt werden, um Netzwerke der gegenseitigen Hilfe für Krisenfälle aufzubauen und Gemeinschaft praktisch zu stärken.

  • Neue Ansprache: Dr. Jan-Niklas Collet skizzierte eine „ökoemanzipatorische Strategie“. Für die tägliche Arbeit bedeutet dies, nicht mehr nur rational zu argumentieren, sondern Menschen auch emotional abzuholen („Selbstverortung in der Katastrophe“) und Handlungsfähigkeit durch solidarische Bündnisse wiederzugewinnen.