Vom 29. Mai bis 1. Juni 2024 fand in Ohrid, Nordmazedonien, ein Seminar zum Thema „Reden wir über die junge Generation – mögliche Lösungen und Strategien für den Umgang mit Arbeitslosigkeit und der Abwanderung von Arbeitskräften in den Westbalkan und in die EU-Länder“ statt, das von YHACM - UNASM - UIATUM (Union der unabhängigen autonomen Gewerkschaften Mazedoniens) mit Unterstützung des EZA organisiert und von der Europäischen Union finanziert wurde. Am Seminar nahmen 42 Vertreter:innen von Arbeitnehmerorganisationen aus Nordmazedonien, Montenegro, Serbien, Kroatien, Albanien, Bulgarien und dem Kosovo (als Gäste) teil. Moderatoren des Seminars waren Slobodan Antovski, Divna Zmejkovska und Risto Pejovski. Berichterstatterin für das Seminar ist Divna Zmejkovska.
Höhepunkte des Seminars
- Arbeit ist seit jeher ein äußerst wichtiger Wirtschafts- und Entwicklungsfaktor, dem viel Aufmerksamkeit geschenkt wird. Sie zeichnet sich dadurch aus, dass sie zu den klassischen Wirtschaftsfaktoren mit immateriellem Charakter gehört und ihrer Natur nach endogen ist. Ihre quantitativen und qualitativen Merkmale sind für die kurz-, mittel-, lang- und sehr langfristige wirtschaftliche Entwicklung von großer Bedeutung. Träger der Arbeit ist die Arbeitskraft, wobei Wissenschaft und Praxis in den letzten 4 - 5 Jahrzehnten eine klare Unterscheidung zwischen der Arbeitskraft als Träger der Arbeit mit ihren manuellen und anderen physischen Fähigkeiten einerseits und ihrem Wissen und Können andererseits vorgenommen haben. Sie hat dazu beigetragen, dass zu den klassischen drei Wirtschaftsfaktoren (natürliche Ressourcen, Arbeit und Kapital) der vierte Faktor in Form der verfügbaren Technologie (technischer Fortschritt) mit seinen materiellen (technischen) und immateriellen (Wissen und Fähigkeiten) Elementen hinzugekommen ist. In jüngster Zeit sind Wissen und Fähigkeiten für die Wirtschaft und Entwicklung so wichtig geworden, dass wir heute sehr oft von entwickelten Volkswirtschaften, aber nicht nur von ihnen, von „wissensbasierte Volkswirtschaften“ oder „Wissensökonomien“ oder sogar als „Wissensgesellschaft“ sprechen.
- In den letzten zwei Jahrzehnten, für die uns außer Schätzungen keine genauen und aussagekräftigen Daten vorliegen, begann sich die Bevölkerungszahl in Nordmazedonien wie auch in anderen Ländern der Region und des gesamten Kontinents zu verändern. Das lag hauptsächlich an der zunehmenden Migrationsbewegungen, insbesondere an der Auswanderung. In drei Jahrzehnten sind etwa 400.000 - 500.000 Menschen aus dem Nordmazedonien ins Ausland abgewandert, was etwa 20 - 25 % der Gesamtbevölkerung entspricht. Ein weiteres großes Problem ist, dass der Prozess der Bevölkerungsalterung (ein sozialer, kein natürlicher Prozess) begonnen hat, dem Prozess der Bevölkerungsreduzierung und sogar des negativen Bevölkerungswachstums zu folgen. Ein besonderes Problem ist die Tatsache, dass die Auswanderungsstruktur der weiblichen Bevölkerung von Frauen im gebärfähigen Alter dominiert wird, was zu einem weiteren Rückgang der Geburtenrate im Land führen wird. In der Republik Nordmazedonien wurden demografische Trends in Bezug auf den Arbeitsmarkt beobachtet. Die Gründe für diese Phänomene, die bereits vor mehreren Jahrzehnten auftraten, sehen wir in der Überproduktion von gut ausgebildeten Arbeitskräften und der Unfähigkeit, ihre Arbeit auf dem Arbeitsmarkt zu verwerten, sowie in den niedrigen Löhnen. Wir sind auch mit demografischen Bewegungen der Arbeitskräfte im Land selbst konfrontiert, da jeder versucht, in die Hauptstadt Skopje zu ziehen, um die Möglichkeit zu haben, einen Arbeitsplatz zu bekommen.
- Die Probleme, mit denen junge Menschen in den Ländern des Westbalkans sowie in denjenigen EU-Mitgliedstaaten, die am Seminar teilnahmen, konfrontiert sind, sind nahezu identisch:
Mangel an qualitativ hochwertigen, angemessenen Arbeitsplätzen (junge Menschen sind gezwungen, Arbeiten zu verrichten, die eine niedrigere Ausbildung erfordern als diejenige, die sie haben).
Mangel an notwendigen Fähigkeiten und Erfahrungen, die von den Arbeitgeber:innen für bestimmte Arbeitsplätze verlangt werden.
Unvereinbarkeit des Bildungssystems mit den Anforderungen des Arbeitsmarktes.
Die jungen Menschen erhalten meist befristete Arbeitsverträge. Meistens erhalten sie nach Ablauf der Vertragslaufzeit keinen neuen Arbeitsvertrag, obwohl sie gut gearbeitet haben. Das erhöht die Unsicherheit unter den jungen Menschen. Die Löhne, die den jungen Arbeitnehmer:innen angeboten werden, liegen weit unter den Löhnen von Arbeitnehmer:innen, die die gleiche oder eine ähnliche Tätigkeit ausüben. Die jungen Menschen sind gezwungen, niedrige Löhne zu akzeptieren, da die Arbeitslosigkeit im Land hoch ist. Viele junge Menschen arbeiten länger als die vorgeschriebene Arbeitszeit von acht Stunden und erhalten keinen Ausgleich für Überstunden, um ihren Arbeitsplatz zu behalten und um ihre Loyalität gegenüber dem Arbeitgeber bzw. der Arbeitgeberin und dem Unternehmen, in dem sie arbeiten, zu zeigen. Eine große Zahl junger Menschen, die mit Verträgen arbeiten, ist nicht sozialversichert. Eine große Zahl junger Menschen ist in der Schattenwirtschaft tätig – sie arbeiten illegal ohne Arbeitsvertrag und sind nicht sozialversichert. Da junge Menschen in der Regel unter befristeten Verträgen arbeiten und sehr oft ihre Arbeitsstelle in verschiedenen Unternehmen aus unterschiedlichen Branchen wechseln, entscheiden sie sich nicht sofort für eine Mitgliedschaft in der Gewerkschaft. Es gibt auch viele Fälle, in denen Arbeitgeber:innen die Gründung von Gewerkschaften nicht zulassen.
Schlussfolgerungen:
Junge Menschen sind die Träger positiver Veränderungen, sowohl in Nordmazedonien als auch in der Welt. Sie sind eine Ressource für Innovation und die zukünftige treibende Kraft der sozialen und wirtschaftlichen Entwicklung. Junge Menschen stellen etablierte Normen und Werte in Frage und schaffen die Grundlagen für die Zukunft unseres Landes. Deshalb ist es äußerst wichtig, kontinuierlich und systematisch in ihre Entwicklung zu investieren.
Die Schlussfolgerung aller anwesenden Teilnehmer:innen aus der Region lautet, dass es trotz harmonisierter Rechtsvorschriften keine Umsetzung gibt und die Politisierung der Gewerkschaften es ihnen unmöglich macht, Einfluss auf diejenigen zu nehmen, die sie umsetzen und sich für den Schutz von Arbeitnehmer:innen einsetzen wollen.
Schaffung eines Mechanismus für ihre aktive Beteiligung an gesellschaftlichen Prozessen.
Nur durch den Aufbau einer echten Partnerschaft zwischen Institutionen und jungen Menschen können wir sicherstellen, dass die Maßnahmen integrativ sind, die tatsächlichen Bedürfnisse widerspiegeln und erfüllen und die soziale Integration fördern.
Junge Menschen sollten in allen Bereichen der Gesellschaft unabhängig, aktiv, gleichberechtigt, informiert und fortschrittlich sein und ihr Potenzial als verantwortungsbewusste Bürger:innen, die grundlegende Rechte und Freiheiten genießen, voll entfalten.
Junge Menschen sollten ungeachtet aller Unterschiede gleiche Chancen haben und maßgeblich am Entscheidungsprozess beteiligt sein, ihr Potenzial entwickeln und aktiv zur allgemeinen Entwicklung und zum Wohlergehen der Republik Mazedonien beitragen.
Einige der wichtigsten Botschaften:
Umfassende Maßnahmen: Die Arbeitgeber:innen sollten umfassende Maßnahmen entwickeln und umsetzen, die eindeutig festlegen, dass schlechte Arbeitsbedingungen nicht toleriert werden. Diese Maßnahmen sollten allen Arbeitnehmer:innen mitgeteilt und regelmäßig überprüft werden, um ihre Wirksamkeit zu gewährleisten.
Analyse der Jugendarbeitslosigkeit: Es soll eine umfassende Analyse des aktuellen Stands der Jugendarbeitslosigkeit in Nordmazedonien erstellt werden, in der die erschreckenden Statistiken über die rekordverdächtig hohe Jugendarbeitslosigkeit hervorgehoben werden, bei der Nordmazedonien das Schlusslicht in Europa bildet. Diese Daten werden als Grundlage für das Verständnis des Ausmaßes des Problems dienen.
Politische Empfehlungen: Diskussionen zwischen Expert:innen, politischen Entscheidungsträger:innen und Interessenvertreter:innen, um die richtige Politik zu entwickeln. Diese Empfehlungen sollten an die spezifischen Bedürfnisse und Herausforderungen Nordmazedoniens und der gesamten Region des Westbalkans angepasst werden.
Klärung der Auswirkungen der Auswanderung auf den Arbeitsmarkt. Erörterung der Massenabwanderung junger, gut ausgebildeter Menschen auf der Suche nach besseren Chancen im Ausland, um die Notwendigkeit nachhaltiger Strategien zur Bindung von Nachwuchskräften an ihr Land zu unterstreichen.
Im Einklang mit den strategischen Zielen zur Schaffung neuer hochwertiger Arbeitsplätze, Verbesserung der Arbeitsmarktbedingungen für mehr, bessere und flexiblere Arbeitsplätze, damit junge Menschen in ihrem Land bleiben und ihre Qualität einbringen können.
Zusammenarbeit und Austausch bewährter Verfahren: Arbeitgeber- und Arbeitnehmerorganisationen sollten zusammenarbeiten und bewährte Verfahren und erfolgreiche Strategien für neue und bessere Arbeitsplätze für junge Menschen austauschen.
Aufmerksamkeit für gemeinsame Aktionen und Solidarität zwischen Gewerkschaften und anderen Sozialpartnern.
Der Zusammenschluss und die Durchführung konkreter Maßnahmen von Gewerkschaften aus der Region ohne politischen und parteilichen Einfluss.
Die Gewerkschaften müssen auf neue Mitglieder zugehen, sie aktivieren und mobilisieren, um die Interessen der Arbeitnehmer:innen wirksam zu schützen.
Die Teilnehmer:innen dieser Veranstaltung werden im Rahmen ihrer täglichen Arbeit Initiativen in ihren Organisationen ergreifen:
In Übereinstimmung mit den strategischen Zielen, neue und hochwertige Arbeitsplätze zu schaffen, die Bedingungen des Arbeitsmarktes für mehr, bessere und flexiblere Arbeitsplätze zu verbessern, als Verpflichtung für junge Menschen, in ihren Ländern zu bleiben und hier ihre Fähigkeiten einzubringen.
Dieses Seminar wird dazu beitragen, dass die UNASM und die anderen Teilnehmer:innen sich der Einführung von Informations- und Beratungssystemen widmen, die für sie Priorität haben, denn die Gewerkschaftsvertreter:innen sind in diesem Prozess am aktivsten und führen die Kommunikation mit den Arbeitgeber:innen durch und setzen sich dafür ein.
Dieses Seminar wird den Teilnehmer:innen dabei helfen, sich für die Verbesserung der Chancen von Frauen und Männern auf einen angemessenen und produktiven Arbeitsplatz unter den Bedingungen von Freiheit, Gleichheit, Sicherheit und Menschenwürde einzusetzen.
Die integrative Perspektive umfasst die Analyse von Aspekten im Zusammenhang mit beruflicher Frustration, Sicherheit und Produktion, Förderung von Bewertungen, Personalmanagement und Organisationsentwicklung.
Die Arbeitnehmer:innen profitieren vom Wohlbefinden durch die Schaffung gut gestalteter Meinungen, eines unterstützenden sozialen Umfelds, Chancengleichheit und Zugang zu beruflicher Entwicklung und Vereinbarkeit von Berufs- und Privatleben.
Es gibt Vorteile für beide Seiten. Gesunde Unternehmen sollten in der Lage sein, talentierte Arbeitnehmer:innen anzuziehen und zu halten, und sie sollten erfolgreicher bei der Kostenkontrolle und wettbewerbsfähiger sein.