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Eine neue Richtlinie für Europäische Betriebsräte (EBR): Chancen und Herausforderungen für EBR-Arbeitnehmervertreter:innen in Industriezweigen

Vom 13. bis 14. November 2024 fand in Brüssel/Belgien ein Seminar zum Thema „Eine neue Richtlinie für Europäische Betriebsräte (EBR): Chancen und Herausforderungen für EBR-Arbeitnehmervertreter:innen in Industriezweigen“ statt, das von BIE Int. (Bouw-Industrie & Energie International) in Zusammenarbeit mit dem EZA organisiert und von der Europäischen Union finanziert wurde. Vertreter:innen von Arbeitnehmerorganisationen aus Deutschland, Frankreich, Ungarn, Bulgarien, Luxemburg und Belgien befassten sich dabei mit dem Thema des potenziellen Mehrwerts einer neuen EBR-Richtlinie. Zu den zentralen Themen gehörten der Stand der neuen EBR-Richtlinie, die neuesten Berichte des Europäischen Parlaments und die Notwendigkeit einer besseren Durchsetzung von Rechten für Arbeitnehmer:innen durch bessere Richtlinien. In den Diskussionen wurden die Prioritäten für eine überarbeitete Richtlinie herausgestellt, darunter auch eindeutigere Regelungen für länderübergreifende Angelegenheiten und eine bessere Vertretung von Arbeitnehmer:innen. Die Veranstaltung beinhaltete verschiedene Vorträge und Debatten über die Auswirkungen der Richtlinie, die Rolle der EBR bei der Umstrukturierung und die Einbindung des sozialen Dialogs in den Kontext anhaltender Umwandlungsprozesse, wie der Digitalisierung, der Einführung von künstlicher Intelligenz und des ökologischen Wandels. 

Die Teilnehmer:innen des Seminars hörten Vorträge mit wertvollen Beiträgen und Erkenntnissen von Expert:innen des europäischen Gewerkschaftsverbandes IndustriALL (FR – BE), des Verbandes ACV-CSC (Abteilung für Beziehungen zwischen den Sozialpartnern (BE)), der finnischen Gewerkschaft TEK (FI), Eurofound (IT – RO) und von Gewerkschafter:innen aus verschiedenen EU-Mitgliedstaaten (DE, FR, LU, HR, BG, BE). 

Die wichtigsten Erkenntnisse 

Die überarbeitete EBR-Richtlinie hat eine bessere Durchsetzung von Arbeitnehmerrechten und eine bessere Koordinierung zwischen den unterschiedlichen lokalen und länderübergreifenden Strukturen zum Ziel. Seitens der Arbeitgeber:innen gibt es anhaltenden Widerstand gegen die vorgeschlagenen Änderungen im EBR-Rahmen. Auf dem Seminar wurde hervorgehoben, wie wichtig es ist, dass sich die EBR anpassen, um Wandlungsprozesse im Zusammenhang mit der Digitalisierung, ökologischer Nachhaltigkeit und der Energiewende bewältigen zu können. 

Europäische Betriebsräte müssen sich proaktiv an Umstrukturierungsprozessen beteiligen und eine rechtzeitige Kommunikation und Beteiligung an der Entscheidungsfindung sicherstellen. Der Einsatz von künstlicher Intelligenz (KI) könnte die Art und Weise revolutionieren, wie EBR Daten analysieren und arbeitnehmerbezogene Fragen überwachen, und dabei ihre Beratungskompetenzen verbessern. 

Häufig gestellte Fragen während des Seminars 

Was sind die wichtigsten Ziele der neuen EBR-Richtlinie? 

Die neue EBR-Richtlinie zielt darauf ab, die Arbeitnehmerrechte zu stärken, die Koordinierung zwischen lokalen Betriebsräten zu verbessern und sicherzustellen, dass alle EBR unter einem gemeinsamen rechtlichen Rahmen handeln. 

Inwiefern tragen EBR zur Bewältigung von Unternehmensumstrukturierungen bei? 

EBR spielen bei der Erleichterung der Kommunikation zwischen der Unternehmensführung und Arbeitnehmer:innen während einer Umstrukturierung eine entscheidende Rolle, da sie sicherstellen, dass die Interessen der Arbeitnehmer:innen vertreten und in der Entscheidungsfindung berücksichtigt werden. 

Mit welchen Herausforderungen sehen sich EBR im Kontext des digitalen und ökologischen Wandels konfrontiert? 

EBR sehen sich mit Herausforderungen, wie der Notwendigkeit der Umschulung von Arbeitnehmer:innen, dem Umgang mit einer abnehmenden Mitgliederzahl und der Gewährleistung einer wirksamen Kommunikation und Zusammenarbeit zwischen den einzelnen kulturellen Hintergründen, konfrontiert. 

Wie kann künstliche Intelligenz die EBR bei ihren Aufgaben unterstützen? 

KI kann die EBR unterstützen, indem sie umfangreiche Datensätze analysiert, potenzielle Risiken für Arbeitnehmer:innen ermittelt, die Kommunikation mit Hilfe von Übersetzungs-Tools verbessert und Trends im Hinblick auf die Arbeitszufriedenheit und Produktivität verfolgt. 

KI für Arbeitnehmervertreter:innen (Philippe Duchamp, industriALL EU) 

  • KI-Überblick: Große Sprachmodelle (large language models; LLM) wie ChatGPT verbessern das Verständnis und die Generierung natürlicher Sprache. 

  • Folgen: KI verändert Branchen, verbessert die Effizienz und die Entscheidungsfindung, während sie gleichzeitig aber auch Risiken, wie die Verdrängung von Arbeitsplätzen, birgt. 

  • Rolle der Arbeitnehmervertreter:innen: Einsetzen für faire KI-Richtlinien, Überwachung der Folgen für die Arbeitskräfte und Einsatz von KI zur Analyse von Berichten und Arbeitsgesetzen. 

  • Vorteile: Höhere Effizienz, höhere Genauigkeit und bessere Entscheidungsfindung mit Hilfe von KI-Tools. 

  • Fazit: Ein verantwortungsvoller Einsatz von KI ist für die Verbesserung der Arbeitnehmervertretung und den Schutz ihrer Rechte entscheidend. 

Empfehlungen zu künstlicher Intelligenz für EBR-Vertreter:innen (Daniel Valtakari, TEK Finnland) 

  • KI-Paket: Enthält Positionspapiere, Studien, Workshops und praktische Empfehlungen. 

  • Syndex-Studie: Zeigt die ambivalenten Folgen von KI für die Beschäftigung und Produktivität auf; KI kann Arbeitnehmer:innen ersetzen, unterstützen oder ergänzen. 

  • KI-Gesetz: Definiert KI-Systeme, unterscheidet zwischen Risikostufen, betont ethische Gesichtspunkte und schreibt Schulungen vor. 

  • Empfehlungen: Verhandlung von Tarifverträgen, Bewertung der Folgen von KI, Gewährleistung von Transparenz und Wahrung der Einhaltung der DSGVO. 

  • Zentrale Fragen: Bewertung der Folgen für die Beschäftigung, Risikobewertungen, Aufsicht, Schulungen und Verfahren zur Datenerfassung. 

Sara Riso und Dragos Adascalitei von Eurofound sprachen über die Auswirkungen der Fortschritte im KI-Bereich auf Vorschriften, Arbeitsmärkte und Arbeitsplätze. Auf dem Seminar wurden die sich voneinander unterscheidenden nationalen Debatten über die Ethik der KI hervorgehoben, wobei sich die ost- und südeuropäischen Länder auf Digitalisierung und Kompetenzen konzentrierten, während sich die west- und nordeuropäischen Länder seit Mitte der 2000er Jahre mit ethischen Diskussionen befassen. In den Gesprächen ging es um Erkenntnisse aus den Eurofound-Berichten zur ethischen Digitalisierung am Arbeitsplatz und zur regulatorischen Landschaft im Zusammenhang mit KI und algorithmischem Management. Die wichtigsten Erkenntnisse lauteten, dass die Folgen von KI für die Arbeitsmärkte sehr differenziert sind, mit einer begrenzten Verdrängung von Arbeitsplätzen, aber einer potenziellen Zunahme von Aufgabenbereichen. Auf dem Seminar ging es auch um die Rolle der Sozialpartner und der EBR bei der Erstellung von Richtlinien für den Einsatz von KI und um die Notwendigkeit für ethische Überlegungen bei der technologischen Umsetzung. 

Die wichtigsten Erkenntnisse

  • Die nationalen Debatten über die Ethik der KI variieren je nach Region, mit älteren Diskussionen in Westeuropa gegenüber neueren Diskussionen in den ost- und südeuropäischen Ländern. 

  • Bestehende Vorschriften, wie die DSGVO und die EU-Richtlinien zur Beschäftigung, liefern einen Rahmen für den Umgang mit den Folgen von KI am Arbeitsplatz. 

  • Hochqualifizierte Arbeitnehmer:innen und solche in städtischen Gebieten kommen stärker mit KI in Berührung, auch wenn die Folgen für die Beschäftigung insgesamt begrenzt bleiben. 

  • Der Einsatz von KI in Europa ist relativ niedrig. So gibt es große Unterschiede zwischen den einzelnen Ländern und es wird nur in begrenztem Umfang in Schulungen und Umschulungen investiert. 

  • Ethische Überlegungen und die Beteiligung von Arbeitnehmer:innen bei der Einführung von KI sind für die erfolgreiche Einbindung in Arbeitsumgebungen entscheidend. 

Häufig gestellte Fragen 

Was sind die größten Bedenken in Bezug auf KI am Arbeitsplatz? 

Zu den Bedenken gehören ethische Folgen, die Angst vor der Verdrängung von Arbeitsplätzen, eine zunehmende Überwachung und die Notwendigkeit für Umschulungen. 

Wie könnte sich KI auf die Arbeitsmärkte in Europa auswirken? 

Es wird erwartet, dass KI nur in begrenztem Maß negative Auswirkungen auf die Beschäftigung hat und dass dabei eher mehr Aufgabenbereiche entstehen als verschwinden. 

Welche Rolle spielen die Sozialpartner und die EBR bei der Regulierung von KI? 

Die Sozialpartner sind an der Erarbeitung von Standards und Vorschriften für den Einsatz von KI beteiligt, auch wenn ihre Rolle dabei weitgehend beratender Natur sein dürfte. 

Welche Hindernisse erschweren die Einführung von KI am Arbeitsplatz? 

Zu den größten Hindernissen gehören begrenzte Investitionen in die Schulung von Arbeitnehmer:innen, eine mangelnde Beteiligung der Arbeitnehmer:innen und unzureichende ethische Überlegungen bei der technologischen Entwicklung.