Laut Zahlen macht die Generation Z bzw. die Gen Z, wie sie auch genannt wird, aktuell 30 Prozent der Weltbevölkerung aus. Und es wird davon ausgegangen, dass die Gen Z großen Einfluss auf die Arbeitswelt haben wird. Sie wird sie stärker verändern und einen größeren Umbruch bewirken als jede Generation zuvor. Aber inwiefern wird die Gen Z den Arbeitsmarkt verändern? Wie wird ihr Einfluss tatsächlich aussehen? Und gibt es etwas, das wir als Gewerkschaften für diese Generation, die in den Arbeitsmarkt eintritt, tun können?
Während eines zweitägigen Seminars mit dem Titel „Die Generation Z drängt auf den Arbeitsmarkt. Welche Auswirkungen und Herausforderungen wird es geben?“ in Kopenhagen/Dänemark sprachen mehr als 50 Gewerkschaftsführer:innen und Expert:innen aus der EU und den EU-Beitrittsländern über die Herausforderungen im Zusammenhang mit der Gen Z. Das Seminar, das von Krifa und WOW-Europe in Zusammenarbeit mit dem Europäischen Zentrum für Arbeitnehmerfragen (EZA) organisiert und von der Europäischen Union finanziert wurde, begann mit einleitenden Bemerkungen von Kim Valentin, Vize-Vorsitzender des Ausschusses für Beschäftigung und Sprecher für kulturelle Angelegenheiten und Beschäftigung der Liberalen Partei Venstre (Dänemark). „Die Gen Z ist die vielfältigste Generation in Dänemark. Sie ist eine Generation mit einer sehr unterschiedlichen und spezifischen Einstellung zum Leben und zur Arbeit. Flexibilität und Selbstbestimmung haben für sie einen hohen Stellenwert. Und kritisches Denken gilt als entscheidend“, so Valentin.
Jane Heitman, Präsidentin von Krifa, bestätigte die Herausforderungen der neuen Generation. „Innerhalb von Krifa gibt es Initiativen, diese jungen Menschen auf eine Art und Weise anzusprechen, die zu ihren Bedürfnissen und Erwartungen passt. Für eine Generation, die kein Leben ohne digitale Hilfsmittel kennt, funktioniert Kommunikation anders“, fügte Heitman hinzu.
Die Erwartungen an die Gen Z sind hoch. Es wird davon ausgegangen, dass sie im bestehenden Gleichgewicht und in den Beziehungen einen großen Umbruch bewirken wird. „Die Gen Z gilt als Generation der Hoffnung“, erklärte Mikael Arendt Laursen, Vize-Präsident von Krifa und WOW-Europe. „Sie sind diejenigen, die die Dinge aufrütteln und besser machen werden. Das ist ganz schön viel Verantwortung“, schloss er.
„Wenn es um die Gen Z geht, gibt es viele Vorurteile“, so Helle Stenbro, Managerin für Wissensprogramme des Wissenszentrums für Arbeitszufriedenheit in Dänemark. „Es herrscht allgemein eine negative Einstellung gegenüber dieser Generation.“ Genau diese Einstellung spiegelte sich auch im Ergebnis der unter den Teilnehmer:innen des Seminars durchgeführten Umfrage wider. „Sie sind verwöhnt, ungeduldig, ihnen mangelt es an Menschlichkeit, sie können nur schwer Kritik annehmen, wollen Flexibilität usw.“. Das ist von der Wahrheit jedoch weit entfernt. „Wir erleben junge Menschen, die der Bedeutung von Arbeit einen hohen Stellenwert einräumen und die in der Gesellschaft und am Arbeitsplatz wirklich etwas verändern wollen“, erläuterte Stenbro. In Wirklichkeit schätzen ältere Arbeitnehmer:innen nämlich den Beitrag von jungen Arbeitnehmer:innen. Wahrnehmung und Realität decken sich hier also eindeutig nicht. „Sie sprechen das, was wir alle denken, laut aus und legen den Finger in die Wunde“, schloss Stenbro ihren Vortrag.
Eileen Droß, Marketingleiterin bei der Interim Profis GmbH (Deutschland), konzentrierte sich in ihrem Vortrag auf den Einfluss der Gen Z auf die Zukunft der Arbeit. Was macht die Gen Z also so besonders? Das ist eine sehr wichtige Frage, wenn man versuchen will, junge Menschen für sein Unternehmen zu gewinnen. Dafür ist es wichtig zu untersuchen, was jungen Menschen wichtig ist und wie man sie am besten erreichen und gewinnen kann. Laut Droß zählen für die Gen Z „Sinnhaftigkeit, Nachhaltigkeit und Transparenz, die persönliche Entwicklung und flexible Arbeitsmodelle“. Daher müssen Arbeitgeber:innen und Unternehmen den Fokus auf diese Werte legen. Unternehmen können dies durch sogenannte Preboarding-Methoden (vor Antritt einer Stelle) und Onboarding-Methoden (regelmäßiges Melden nach Antritt einer Stelle) tun.
Während der politischen Debatte, die von Jane Heitmann, Präsidentin von Krifa (Dänemark), moderiert wurde, sprachen Stine Bosse, Mitglied des Europäischen Parlaments für die Moderate Partei Moderaterne (Dänemark), und Jens Paaske Klausen, nationaler Vorsitzender von Venstres Ungdom (Dänemark), über die aktuelle Situation junger Arbeitnehmer:innen und darüber, was auf europäischer Ebene getan werden kann, um diese zu verbessern. Es wurden Themen besprochen, wie z. B. der Einfluss von Migration auf die Situation junger Arbeitnehmer:innen, Jugendarbeitslosigkeit, Bildung und die Frage, wie junge Arbeitnehmer:innen organisiert und wie ihre Anliegen angegangen werden sollten. Bosse erklärte, dass „es wichtig ist, Antworten darauf auf europäischer Ebene zu finden, und dass es nur durch den Austausch von Informationen auf europäischer Ebene und durch die Sicherung bestehender Netzwerke Veränderungen geben kann.“ Paaske Klausen fügte hinzu, dass „die Tatsache, dass über junge Menschen und nicht mit ihnen gesprochen wird, immer noch Realität ist.“
Tamara Bresler, Expertin für Social Media-Marketing und Mitbegründerin von What a View Studios (Deutschland), begann ihren Vortrag mit der Frage: „Warum liegt der Fokus auf der Gen Z?“. Bis 2025, also jetzt, gehören schätzungsweise 30 % der Weltbevölkerung zur Gen Z. Und Technologien und Werte verändern die Arbeitswelt. Die zentralen Fragen lauten nun: Inwiefern verändert die Gen Z die Arbeitswelt – Welche Rolle spielen soziale Medien und Podcasts dabei? – Wie können Unternehmen und Gewerkschaften darauf reagieren? Die Gen Z wird die Arbeitswelt verändern, da sich ihre Sicht auf die Arbeit und die Art und Weise, wie sie kommunizieren, von den vorherigen Generationen komplett unterscheidet. „Für die Gen Z liegt der Schlüssel zum Arbeitsmarkt in den sozialen Medien. 85 % von ihnen nutzen soziale Medien bei der Arbeitssuche. Und sie vertrauen sozialen Medien mehr als Informationen von offiziellen Quellen“, so Bresler. Digitale Hilfsmittel und Technologien prägen die Zukunft der Arbeit. Durch sie wird Flexibilität zum Standard und sie ermöglichen eine direkte und zügige Kommunikation. Diejenigen, die auf dem Laufenden bleiben und Teil davon sein wollen, müssen sich anpassen. „Unternehmen und Gewerkschaften müssen ihre Strategien überdenken, um die Gen Z zu gewinnen und zu halten“, mahnte Bresler.
Aber gibt es die Gen Z wirklich? Und was ist mit all den vorherigen Generationen? Unterscheiden sich die einzelnen Generationen wirklich so sehr voneinander? Laut Wouter Vandenabeele, außerordentlicher Professor für Personalmanagement an der Universität Utrecht (Niederlande), stammt das Generationendenken „aus der Soziologie, wo man im Allgemeinen davon ausgeht, dass gemeinsame Erfahrungen die Identität und Persönlichkeit einer Person bestimmen und so Generationen entstehen“. Dies erklärt wiederum den sozialen Wandel. Vandenabeele provozierte mit der Aussage: „Liebe Gen Z, euch gibt es überhaupt nicht! Liebe Nichtangehörige der Gen Z, bitte hört auf, sie als Gen Z zu bezeichnen! ... Das Generationendenken ergibt zwar Sinn ... und ist trotzdem falsch“. Basierend auf Forschungen werden „Generationsunterschiede“ bei der Arbeit absolut überbewertet, wenn sie denn überhaupt bestehen. „Unterschiedliche Lebensphasen sind ein besserer Ansatz, wenn man sich mit Altersunterschieden im Unternehmen befasst (weniger dauerhaft). Seien Sie sich Ihrer eigenen Voreingenommenheit und Klischees bewusst“, warnte Vandenabeele.
Wichtiger als die Verwendung des Begriffes „Gen Z“ ist vielleicht die Frage, wie wir eine bedeutende Beteiligung junger Menschen in den Gewerkschaften erreichen können. „Seit mindestens 1990 geht der gewerkschaftliche Organisationsgrad zurück. Wenn Arbeitnehmer:innen nicht vor Erreichen ihres 30. oder 65. Lebensjahres in eine Gewerkschaft eintreten, werden sie es höchstwahrscheinlich niemals tun“, erläuterte Dana Huisman, Gewerkschaftsberaterin bei CNV (Niederlande). Es gibt zahlreiche Gründe, warum junge Menschen keiner Gewerkschaft beitreten. Entweder wurden sie nicht gefragt oder sie glauben nicht, dass sie eine Gewerkschaft brauchen. Darüber hinaus haben sie das Gefühl, dass ihnen Gewerkschaften nichts bringen. Um junge Arbeitnehmer:innen zu gewinnen, wird es wichtig sein, andere Taktiken anzuwenden, wie z. B. Kampagnen zu einem einzigen Thema (und somit flexible Verpflichtungen), über Themen und Werte der Gen Z zu diskutieren und Initiativen unter der Leitung junger Menschen auszuwählen. Die Gen Z stellt sich permanent die Frage: „Was springt dabei für mich raus!“. Sie stellen diese Frage nicht aus Egoismus, sondern weil sie etwas verändern wollen und weil sich der Einsatz lohnen soll. Hat die Gen Z das Gefühl, dass dies nicht der Fall ist, verliert sie das Interesse. Darüber hinaus „verlangt“ die Gen Z gleiche Bedingungen bei der Entscheidungsfindung. „Die Gen Z möchte einfach nur ernst genommen werden“, schloss Huisman ihren Vortrag.
Der letzte Teil des Seminars war einer Podiumsdiskussion vorbehalten. Denis Strieder, Pressesprecher von FCG (Österreich), Melissa van Doorn, Gewerkschaftsberaterin bei CNV (Niederlande), Stine Gregersen Søndergaard, Marketing-Beraterin bei Krifa und Søren Trangbæk, Projektmanager bei Krifa (beide Dänemark), stellten vor, wie ihre jeweiligen Gewerkschaften versuchen, junge Arbeitnehmer:innen als Mitglieder zu gewinnen. Alle drei Gewerkschaften tun dies, indem sie versuchen, eine Verbindung zum Stil und zu den Themen aufzubauen, den bzw. die die Gen Z versteht und für wichtig hält. Dazu gehören Themen wie Werte, digitale Präsenz, Flexibilität und Wohlbefinden, Sinnhaftigkeit, Nachhaltigkeit usw. Sie bieten Produkte an, die für die jungen Menschen interessant sind, und sind dort, wo auch die jungen Menschen sind, und zwar zu ihren Bedingungen. Durch interessante Kampagnen, die spielerisch vorgestellt werden, erzielen junge Menschen Aufmerksamkeit für ihre Themen.
Jede Generation (wenn wir sie denn weiterhin so nennen wollen) kämpft mit ihren eigenen Herausforderungen. Die Herausforderungen scheinen heutzutage größer zu sein, da sich die moderne Gesellschaft schnell verändert und junge Menschen ganz andere Wünsche haben als ältere Menschen. Unsere Aufgabe als Gewerkschaft besteht wie immer darin, den richtigen Ansatz und die richtigen Antworten darauf zu finden.