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Arbeitskräftemangel: Erarbeitung realistischer Lösungen durch den sozialen Dialog

Vom 18. bis 20. Oktober 2024 fand in Trient/Monte Bodone/Italien ein Seminar statt mit dem Titel „Arbeitskräftemangel: Erarbeitung realistischer Lösungen durch den sozialen Dialog“, organisiert von UNAIE (Unione Nazionale delle Associazioni degli Immigrati ed Emigrati), in Zusammenarbeit mit EZA und finanziert von der Europäischen Union. 49 Vertreter von Arbeitnehmerorganisationen aus Belgien, Bosnien, Bulgarien, der Slowakei, Frankreich, Deutschland, Italien, Malta und Rumänien nahmen an dem Seminar teil. 

Thema des Seminars war der Arbeitskräftemangel, der vor allem in bestimmten Schlüsselsektoren wie dem Gastgewerbe, der Logistik, dem Verkehr, dem Gesundheitswesen und der Landwirtschaft die lokale, nationale und europäische Wirtschaft plagt. Nachdem das Thema jahrelang von der Presse und der Politik wenig beachtet wurde, rückt es nun immer mehr in den Mittelpunkt der öffentlichen Debatte, und ein Thema, das bis vor der Pandemie nur für Demographen und Fachleute als relevant galt, nimmt immer dramatischere Konturen an. Es wurden zahlreiche Gesichtspunkte berücksichtigt, sowohl in Bezug auf die Herangehensweise an das Thema als auch auf die Herkunftsländer. Die Referenten näherten sich dem Thema aus der Perspektive von akademischen Disziplinen, Gewerkschaften, sozialen Organisationen und öffentlichen Einrichtungen. Es wurden Erfahrungen aus zahlreichen Ländern mit unterschiedlichen geografischen, demografischen und migratorischen Merkmalen vorgestellt, die sich, wenn auch in unterschiedlichen Kontexten, über die Dringlichkeit und Aktualität dieses heiklen Phänomens einig waren. 

Die meisten Vorträge drehten sich um das Thema des Arbeitskräftemangels in dem jeweiligen geografischen Gebiet. Die Eröffnung des Seminars war der Rede von Oscar De Bona, Präsident der UNAIE, vorbehalten, der auf den Zusammenhang zwischen dem vorgeschlagenen Thema und der Rolle der Auswanderungsorganisationen hinwies. In der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg trugen die Migrationsströme nach Europa und Amerika zum wirtschaftlichen Wohlstand vieler der beteiligten Länder bei. Vincenzo Bertozzi hat durch sorgfältige statistische Untersuchungen wichtige Daten über die Alterung der Bevölkerung und des Arbeitsmarktes vorgelegt. Die Überalterung der Bevölkerung stellt eine große Herausforderung, aber auch eine Chance für den Arbeitsmarkt dar. Die Fähigkeit, sich an diese neuen Realitäten anzupassen, wird über den Erfolg von Unternehmen und die wirtschaftliche Nachhaltigkeit von Ländern entscheiden. Es ist von entscheidender Bedeutung, wirksame Strategien zu entwickeln, um auf diese demografische Dynamik zu reagieren. Schließlich sprachen Ileana Olivo und Stefania Terlizzi, Beamte der Autonomen Provinz Trient, über die Maßnahmen, die die öffentliche Verwaltung ergreifen kann, um dieses Problem zu lösen. In diesem Sinne wurde eine Vorschau auf das "Argentina Job Project" vorgestellt, d. h. ein Programm für eine spezialisierte Berufsausbildung und einen Sprachkurs für 300 Kandidaten, die anschließend in verschiedenen Sektoren mit Arbeitskräftemangel eingesetzt werden sollen. 

Am Samstag, dem 19. Oktober, fand vormittags ein Rundtischgespräch zwischen Arbeitnehmerorganisationen statt. Andrea Grosselli, Stefano Veronese und Marco Boleo wiesen auf die wichtigsten kritischen Probleme in der Arbeitswelt hin: das Bildungssystem, das keine effektiven Fähigkeiten ausbildet, und das Unternehmenssystem, das weit von der Grenze der Innovation entfernt ist. Majda Seghir und Joseph Vella sprachen anschließend über das Problem des Arbeitskräftemangels in Westeuropa bzw. in Malta und erläuterten die arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen, die von den verschiedenen Staaten zur Bekämpfung dieses Phänomens durchgeführt werden. 

Am Samstagnachmittag wurde den Vertretern wichtiger Institutionen aus ganz Europa Raum gegeben. Edith Pichler von der Universität Potsdam brachte den Fall Deutschland ein, das seit einigen Jahren mit einem gesättigten Arbeitsmarkt und einer wachsenden Nachfrage nach unerfüllten Arbeitsplätzen konfrontiert ist. Pichler informierte uns über die Änderungen im Einwanderungsrecht, die darauf abzielen, das Land für technisch und beruflich qualifizierte Migranten attraktiver zu machen. Zu diesem Zweck werden demnächst Änderungen des deutschen Staatsbürgerschaftsrechts eingeführt, die den Erwerb der deutschen Staatsbürgerschaft erleichtern sollen. Lubica Cerna stellte die Situation in der Slowakei vor, gefolgt von Laurent Rigaud aus der französischen Region Savoyen, der über die Situation in Bergregionen und die Bedeutung der geografischen Grenzen eines Gebiets sprach. Am Ende des zweiten Tages ergriff Rudy Chaulet von der Universität Franche-Comté das Wort, der einen interessanten historischen Ansatz für das Problem des Arbeitskräftemangels und dessen Bewältigung im Laufe der Geschichte lieferte. 

Der Vormittag des Sonntags, 20. Oktober, war drei Abschlussreden gewidmet. Rumen Valchev sprach anstelle der entschuldigt abwesenden Michela Ceccarelli und stellte die Arbeitssituation in Bulgarien vor. Massimo Malossini brachte seine Erfahrungen im Bereich der beruflichen Bildung ein und sprach über Schule, Ausbildung und den Eintritt junger Menschen in die Arbeitswelt. Schließlich stellte Vittorino Rodaro die Schlussfolgerungen des Seminars vor. Die Einwanderung hat sich als ein zentrales Thema erwiesen, bei dem der Bedarf der Unternehmen an Arbeitskräften (auch und gerade an billigen) und politische Ideologien, die auf die Aufrechterhaltung eines hohen Volkskonsenses in einem Kontext der Opposition gegen die Einwanderung abzielen, aufeinandertreffen. Der soziale Dialog wird zu einem Schlüsselinstrument, um die Öffentlichkeit und die Arbeitnehmer zu lenken und zu verhindern, dass sie von diesen gegensätzlichen Kräften erdrückt werden. 

Um dem Phänomen des Arbeitskräftemangels entgegenzuwirken, wurde die Bedeutung von zwei Schlüsselaspekten deutlich: die Ausbildung junger Menschen und die Integration neuer Arbeitnehmer. Es reicht nicht aus, die Nachkommen von Auswanderern nach Europa zurückzuholen oder die Einwanderung ausländischer Arbeitskräfte zu erleichtern: Es muss sichergestellt werden, dass diese Arbeitskräfte über die erforderlichen Qualifikationen verfügen, um sich wirksam in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Berufsbildungsprojekte, die auf bestimmte Sektoren wie das Gesundheitswesen, das Handwerk und das Gaststättengewerbe ausgerichtet sind, sollten aktiv gefördert werden, wobei mit Berufsschulen, lokalen Behörden und Berufsverbänden zusammengearbeitet werden sollte, um den Arbeitnehmern Auffrischungs- und Umschulungskurse anzubieten, damit sie sich schnell an die Anforderungen des Arbeitsmarktes anpassen können. Die soziale Integration ist eine zweite Säule, auf die man sich konzentrieren muss; Arbeitnehmer, die in ein Land zurückkehren oder zuwandern, müssen sich willkommen und unterstützt fühlen. 

Verbände wie UNAIE haben die Aufgabe, soziale Unterstützungsnetze zu schaffen, um diesen Arbeitnehmern bei der Integration in das soziale und wirtschaftliche Gefüge zu helfen. Dazu gehört nicht nur die bürokratische Unterstützung, sondern auch die kulturelle und sprachliche Eingliederung, die mit Hilfe von Ansprechpartnern und Kontakten zu anderen ähnlichen Gegebenheiten auf lokaler, nationaler und europäischer Ebene erfolgt.