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Was können Gewerkschaften zur Zukunftsfähigkeit unserer Gesellschaft beitragen? Wirken unsere christlich-sozialen Werte motivierend und inspirierend?

Vom 20. bis 22. April 2023 fand in Wien / Österreich die 34. KGZE zum Thema „Was können Gewerkschaften zur Zukunftsfähigkeit unserer Gesellschaft beitragen? Wirken unsere christlich-sozialen Werte motivierend und inspirierend?“ statt, organisiert von ÖZA (Österreichisches Zentrum für Arbeitnehmerbildung), in Zusammenarbeit mit EZA und finanziert von der Europäischen Union.

78 Vertreter von Arbeitnehmerorganisationen aus Albanien, Belgien, Deutschland, Italien, Litauen, Luxemburg, Nord-Mazedonien, Österreich, Polen, Portugal, Rumänien, Serbien, Slowakei, Slowenien, Tschechische Republik und der Ukraine nahmen an der Konferenz teil.

Donnerstag, 20. April 2023

Einführende Seminareinheit: Europa wird von „multiplen Krisen“ erschüttert. EZA-Generalsekretärin, Sigrid SCHRAML, beschreibt die aktuelle Krisen-Situation in Europa, die nicht nur die EU und unsere Regierungen herausfordert, sondern besonders die Bevölkerung und uns als Arbeitnehmer-Vertretungen. Andreas GJECAJ, Generalsekretär der Fraktion Christlicher Gewerkschafter:innen (FCG), beschreibt mögliche Auswege aus der Krise anhand des “Soziallehre-Fahrplans“, den die FCG im Jahr 2020 (im ersten Lockdown in ganz Europa) veröffentlicht hat (Broschüre).

Feierliche Eröffnung der KGZE 2023 und Begrüßung durch die Veranstalter: Für den Veranstalter ÖZA weist Präsident Norbert SCHNEDL in seinem Grußwort auf die besondere Zeit hin, in der diese KGZE stattfindet. Besonders die 2 Teilnehmer/innen aus der Ukraine werden in Wien herzlich begrüßt. Wir sehen diese Krise als Herausforderung und wollen mit unserer Konferenz einen Beitrag zur Zukunftsfähigkeit unserer Gesellschaft schaffen. Für EZA begrüßt Piergiorgio SCIACQUA die Teilnehmer dieser KGZE in Wien. Er sieht den Populismus als große Gefahr und beschreibt auch die schwierige geopolitische Situation Italiens (Mittelmeer). Von der österreichischen Bundesregierung wird Bundeskanzler Karl NEHAMMER wegen eines „Auto-Gipfels“ kurzfristig entschuldigt und von Außenminister Alexander SCHALLENBERG wird in einer Video-Grußbotschaft an die Teilnehmer die Wichtigkeit des Dialogs in der KGZE betont.

Freitag, 21. April 2023

Wie können wir als Gewerkschaften bei „multiplen Krisen“ gegensteuern und Optimismus für eine gute Zukunft wecken?

Michael SCHEDIWY-KLUSEK, ÖZA moderiert den ersten Seminarblock am Freitag. In seinem Referat beschreibt der Präsident des LCGB, Patrick DURY, die aktuelle Krisensituation. Gerade in Luxemburg besteht ein hoher Bedarf der Integration von Arbeitnehmer/innen aus verschiedensten Ländern. Die österreichische Nationalratsabgeordnete Romana DECKENBACHER, nennt als Motto ihres Engagements: „Fair im Dialog – Stark in der Sache!“

„Welchen Stellenwert hat der „soziale Dialog“ bei der Bewältigung von Krisen? – Wie gelingt er besser?

Als Expertin für Sozialethik moderiert Dr. Karin PETTER-TRAUSZNITZ, Österreich, den zweiten Seminarblock. Mit seiner Power-Point Präsentation stellt Tobias SONNWEBER, aus der österreichischen Industriellenvereinigung die Position der IV zum sozialen Dialog dar. Als klassisches Gegenüber schildert Wolfgang PISCHINGER, der in Österreich auch beim Banken-Kollektivvertrag mitverhandelt, auch mittels Power-Point die österreichische Praxis, wonach 98% aller unselbständig Beschäftigen in einem Kollektivvertrag arbeiten als jahrzehntelang bewährte Sozialpartnerschaft.

„Wie gelingt der Dialog zwischen den Generationen besser – als ein wesentlicher Beitrag zur Zukunftsfähigkeit

Diese Seminareinheit wird von Alex JANSA, Österreich, Generalsekretär der FCG-Jugend moderiert.

Von der EZA-Jugendplattform und als Vertreterin des Jugendkomittees der polnischen Gewerkschaft Solidarnosc präsentiert Anna ZIETIK ihre Thesen: Sie betont, dass neue Kommunikationsformen wie verschiedene Werkzeuge genutzt werden müssen, um auch jüngere Menschen zu erreichen (z.B. social media, Skype). Die Präsidentin der FCG-Jugend, Desislava FATAHI, Österreich zeigt in ihrer Power-Point-Präsentation das erfolgreiche Modell der „Generationen-Tage“, wo unsere Jugendlichen in einen inhaltlichen Dialog über verschiedene Themen mit unseren Pensionist:innen treten. Auch der „social-media-Auftritt“ der FCG-Jugend hat sich in den letzten Jahren stark verbessert.

„Zukunftsfähigkeit anhand konkreter Beispiele: Wie können wir digitaler, beziehungsfähiger und grüner werden?“

Diese Seminareinheit wird von Denis STRIEDER, ÖZA moderiert. Der Generalsekretär der Katholischen Aktion Wien Christoph WATZ, Österreich, stellt die Kampagne der KA-Wien zum Thema „Ökologische Umkehr“ vor. Es wird vor allem eine Entschleunigung durch strengere Tempolimits gefordert. Nach Dorothe Sölle sei „da kann man nichts machen!“ der gottloseste aller Sätze. Der Univ.-Prof. Milan KATUNINEC aus der Slowakei betont, dass Papst Franziskus mit seiner Enzyklika „Laudato Si“ eine Wegrichtung für uns vorgegeben habe, wenn es schreibt: „Gehen wir singend voran! Mögen unsere Kämpfe und Sorgen um diesen Planeten uns nicht die Freude und Hoffnung nehmen!“ Die „digitale Transformation“ sei die größte Veränderung unserer Lebensweise seit der Industriellen Revolution im 19. Jahrhundert. Wir müssen ein „lebenswertes“ Europa schaffen.

Samstag, 22. April 2023

Länderberichte aus den teilnehmenden Ländern zum aktuellen Status der Krisenbewältigung und des sozialen Dialogs.

Moderation: Michael SCHEDIWY-KLUSEK, ÖZA

LITAUEN: Mit einer Power-Point-Präsentation schildert Jelena SOMS, die Rolle der Gewerkschaften und was sich nach Bewältigung der Pandemie positiv und negativ entwickelt hat. Besserer Umgang mit dem Computer, weniger direkter Kontakt (Isolation, Depressionen, …) – schwierige Rolle im sozialen Dialog.

RUMÄNIEN: Prof. Viorel ROTILA beschreibt mit PPP die allgemeine Situation in Rumänien und beleuchtet die Gesundheits-Gewerkschaft. Er schlägt vor, die EZA-Plattform auch zum Datenaustausch zu nutzen. Wir verfügen über unzählige Daten, müssen aber die „richtigen“ herausfiltern.

SERBIEN: Mara ERDELJ zeigt ebenfalls eine PPP. Sie fordert eine „Revitalisierung“ der Gewerkschaften sowohl in Serbien wie auch in der WOW. Wir müssen Netzwerke bilden und Trainingsprogramme ausbauen, z.B. für das richtige Verhandeln. Sie organisieren Straßen-Aktionen ebenso wie täglich einen kurzen Text auf der Homepage: Hygiene der Seele!

SLOWENIEN: Klemen STIBELJ, schildert die Situation in Slowenien, wo sich ZDNSi seit rund 3 Jahrzehnten bemüht, christlich-soziale Werte in der Arbeitnehmervertretung zu etablieren. Es haben wieder Wahlen in Slowenien stattgefunden, wo ein Kandidat ohne politische Erfahrung gewonnen hat, großes Misstrauen der Bevölkerung in das politische System.

ALBANIEN: Bilbil KASMI berichtet über die Verbesserung der Gespräche unter den albanischen Gewerkschaften. In der Pandemie war die Regierung überfordert, Hilfe ist in Albanien von staatlicher Seite kaum erfolgt. Weil keine Visa-Pflicht für Albaner:innen besteht, haben 400 – 500.000 Menschen das Land verlassen – meist junge und gut ausgebildete Menschen, die nun überall fehlen.

UKRAINE: Yuriy KURYLO bedankt sich in seinem Länderbericht ganz herzlich für die Solidarität, die von allen Teilnehmer:innen der KGZE zum Ausdruck gebracht wird. In seinem Land herrscht – nach dem Überfall Russlands auf fremdes Territorium – Krieg (Bomben, Panzer und Granaten, …) und es geht darum, ob die europäischen Werte von Freiheit, Demokratie und Menschenrechten auch in der Ukraine weiter bestehen werden. Er ist dankbar für jede Form von Unterstützung!

Der ÖZA-Präsident, Dr. Norbert SCHNEDL, Österreich, zieht sieben Schlussfolgerungen aus der KGZE:

Krisen sind immer auch Herausforderungen:

Wir wollen uns von den „multiplen Krisen“, die gegenwärtig die ganze Welt erschüttern, wie z.B. der Angriffskrieg Russland in der Ukraine, die damit ausgelöste Welle der Energieknappheit und er Verteuerung vieler Güter, der Klimakrise, der Corona-Pandemie u.v.a. nicht unsere Hoffnung auf eine gute Zukunft für den Planeten rauben lassen und nehmen die Suche nach Lösungen couragiert in Angriff.

Die „Christlichen Soziallehre“ ist ein wertvoller Fahrplan:

Wir werden nicht mehr in die Zeit vor diesen krisenhaften Erscheinungen zurückkehren können – und wollen das auch gar nicht. Vielmehr orientieren wir uns an den 7 Prinzipien der Soziallehre: Auch im „Digitalen Zeitalter“ braucht es eine Ethik, welche die Menschenwürde schützt, es braucht den politischen Willen, sich zum Gemeinwohl und zur gerechten Verteilung der Güter dieser Erde zu bekennen. Das Prinzip der Subsidiarität gilt in der EU ebenso, wie das der Solidarität und der Demokratie. Und ohne Nachhaltigkeit, würde der Planet nicht überleben.

Gewerkschaften sind eine unverzichtbare Zukunftshoffnung:

In Gewerkschaften organisieren sich Betroffene. Wir sind eine Kampforganisation, die sich für die Rechte der Arbeitenden engagiert. Wir tun das normalerweise mit Verhandlungen und sind gewohnt, mit Kollektiverträgen und Gesetzesänderungen gute und gangbare Kompromisse abzuschließen. Damit arbeiten wir rund um die Uhr an Lösungen – weil solidarisch zusammenstehen mehr bringt, als sich aus Wut und Angst der Empörung hinzugeben.

Der „soziale Dialog“ ist ein Kennzeichen Europas:

Wir bekennen uns zum Werkzeug des „sozialen Dialogs“, wie er auch in zahlreichen Verträgen der EU – zuletzt in der „Sozialen Säule“ – festgeschrieben ist. Europa unterscheidet sich damit von anderen Weltregionen, wie z.B. die USA oder China, mit denen wir auf dem Weltmarkt in einem wirtschaftlichen Wettbewerb stehen. Wir nehmen die Herausforderung an, in diesem Wettbewerb auch mit dem europäischen Modell der Marktwirtschaft, die soziale und ökologische Schranken kennt, zu bestehen. Weil wir in einer „Zivilisation der Nachhaltigkeit“ leben wollen, die Regeln akzeptiert.

Wir sehen den Dialog zwischen den Generationen als Schlüssel für eine gute Zukunft für 8 Milliarden Menschen auf der Erde:

An vielen Orten können Menschen nicht mehr miteinander reden – oder das Gesagte wird vom Gegenüber nicht mehr verstanden. Besonders mit der verstärkten Nutzung von „social media“, wo vor allem junge Menschen über verschiedenste Kanäle miteinander verbunden sind, scheint der Gesprächsfaden völlig abgerissen. Das dürfen wir nicht zulassen, müssen uns vielmehr darum bemühen, die Überlegung, über welchen Kanal welche Botschaft ankommt – also Sender und Empfänger verbindet – in unserer Arbeit zu berücksichtigen. Neue Kommunikationsformen werden die Zukunft unseres Planeten ganz entscheidend prägen!

Die Zukunftsfähigkeit hängt auch an unserem Mut, die Herausforderungen anzunehmen und mitzugestalten:

Immer deutlicher tritt hervor, dass die Digitalisierung und die Künstliche Intelligenz – also selbstlernende Computerprogramme – unsere Gesellschaft ähnlich radikal verändern werden, wie die Industrielle Revolution des 19. Jahrhunderts. Zugleich haben wir mit der dauernden Reizüberflutung eine „Pseudo-Nähe“ geschaffen, die vor allem junge Menschen beziehungsunfähiger macht und Einsamkeit verstärkt. Einhergehend mit den großen Themen „Erderwärmung“ und „Demographie“ ist so ein Weltbild entstanden, das mit Aktionen als „letzte Generation“ zum Ausdruck kommt. Wir wollen aber nicht die letzte, sondern die erste Generation sein, die verstanden hat, dass diese Erde ein kleiner und schützenswerter Planet ist.

Länderberichte: Solidarisch mit der Ukraine!

Mit großer Freude durften wir auch Teilnehmer/innen aus der Ukraine bei unserer KGZE-Konferenz in Wien begrüßen. Alle rund 80 Teilnehmer/innen aus 16 europäischen Ländern sich einig, dass wir den Überfall Russlands auf einen souveränen Nachbarstaat aufs Schärfste verurteilen! Krieg ist keine Lösung, sondern bringt viel Unglück, Elend und Tod für die Menschen. In der Ukraine wird auch für die europäischen Werte der Freiheit, Demokratie und Einhaltung der Menschenrechte gekämpft. Daher wollen wir mit unserer Solidaritätsadresse auch alle Menschen in der Ukraine bestärken!

Zugleich kam bei den Länderberichten zu Ausdruck, dass die multiplen Krisen der letzten Jahre ganz Europa – uns alle – betreffen und wir uns weiterhin bestärken und ermutigen wollen, um unsere Werte in den jeweiligen Ländern in die Gesellschaft einzubringen.