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Junge Arbeitnehmer:innen engagieren sich für Solidarität – Warum? Wie? Wer?

Vom 14. bis 17. September 2023 fand in Linz / Österreich ein Seminar zum Thema „Junge Arbeitnehmer:innen engagieren sich für Solidarität – Warum? Wie? Wer?“ statt, das von JOC Europe (Jeunesse Ouvrière Chrétienne – Europe) in Zusammenarbeit mit dem EZA organisiert und von der Europäischen Union finanziert wurde.

Das Seminar fand im Rahmen eines größeren Projektes statt, dessen Ziel es ist, das „Warum, Wie und Wer“ junger Arbeitnehmer:innen, die sich in ihren Organisationen für Solidarität engagieren, bekannt zu machen. Vor dem Seminar fanden Gruppentreffen in den verschiedenen Ländern statt und es wurden qualitative Interviews mit jungen Menschen in den verschiedenen Ländern durchgeführt. Nach dem Seminar wird es ein weiteres Treffen geben, um eine Publikation auszuarbeiten. 

An dem Seminar nahmen 25 junge Vertreter:innen von Arbeitnehmerorganisationen aus Österreich, Belgien, Deutschland und Spanien teil. 

Was war der wichtigste Aspekt des Seminars? 

Ziel des Seminars war es, die Erfahrungen junger Arbeitnehmer:innen sowie Informationen darüber zusammenzutragen, wie und warum sie und andere junge Arbeitnehmer:innen sich in ihren jeweiligen Bewegungen organisieren und was sie motiviert, sich für Veränderungen in der Gesellschaft stark zu machen. Das wurde erreicht, indem den verschiedenen Delegationen Zeit gegeben wurde, sich über ihre Projekte und jeweilige Motivation auszutauschen und gemeinsam über die Motivation und Ziele eines organisierten Handelns nachzudenken. 

Warum war das Seminar gerade jetzt wichtig? 

Verschiedene Aspekte unserer gegenwärtigen Gesellschaft konkurrieren unter-einander damit, sich für soziale Belange zu organisieren. Es gibt viele Möglichkeiten, seine Freizeit zu verbringen und sich nicht mit den Problemen zu beschäftigen, mit denen wir konfrontiert sind. Teil einer Organisation zu sein und Zeit zu investieren, um sich zu engagieren, scheint für viele (junge) Menschen weniger attraktiv zu sein als Aktivitäten, die sich mehr auf den/die Einzelne:n konzentrieren. 

Ausgelöst und verstärkt wurde diese Tendenz unter anderem durch das Wirtschafts- und Bildungssystem, in dem die individuelle Leistung im Mittelpunkt steht und nicht kollektive und koordinierte Maßnahmen, wie sie in sozialen Organisationen im Vordergrund stehen. Tarifverhandlungen sind ein Beispiel für diesen Wandel in den Gesellschaften. Die kollektive Vertretung von Arbeitnehmer:innen gestaltet sich immer komplizierter, da die schwierigsten Arbeitsbedingungen ausgerechnet in Bereichen herrschen, in denen Menschen in individuelle Arbeitsverhältnisse gezwungen werden. Neben der Bekämpfung dieser Tendenz und der Suche nach alternativen Wegen für unsere Gesellschaften ist es für Arbeitnehmer- und Sozialorganisationen wichtig zu wissen, wie sie in diesen Zeiten dennoch neue Leute für ihre Organisationen interessieren können und was (junge) Menschen dazu motiviert, sich zu organisieren.

Welche Themenfelder wurden diskutiert? 

Jede nationale Organisation bereitete als Gruppe einen Teil des Seminars zu einem bestimmten Thema vor, an dem ihre Mitglieder jeweils beteiligt sind. Anschließend stellte jede Organisation ihre Arbeit vor und erläuterte, wie und wer organisiert ist. Sie nutzten das Seminar auch, um Meinungen von Menschen aus anderen Ländern in ihre Prozesse miteinzubeziehen. Die folgenden Themen wurden während des Seminars diskutiert: 

  1. Koloniales Erbe und Rassismus in unseren Gesellschaften als Teil der Realität junger Arbeitnehmer:innen mit Migrationshintergrund. Wie junge, rassifizierte Arbeitnehmer:innen in dominante weiße Organisationen eingebunden werden können. 

  2. Die Schwierigkeiten junger Arbeitsloser, an der Gesellschaft teilzuhaben und gehört zu werden. Wie junge Arbeitslose durch unsere Organisationen befähigt werden können, sich zu beteiligen und ihre Bedürfnisse zu äußern.

  3. Die Rolle der europäischen Gesellschaften gegenüber den Rechten von Arbeitnehmer:innen in anderen Teilen der Welt. Wie eine europäische Sorgfaltspflicht- und Lieferkettengesetzgebung eine Rolle für die globale soziale Gerechtigkeit spielen kann. 

  4. Schwierigkeiten beim Zugang zu psychosozialer Betreuung als junge:r Arbeitnehmer:in. 

Seminarergebnisse 

Während des Seminars wurden drei wesentliche Ergebnisse erzielt: 

  • Auf individueller Ebene konnten sich die Teilnehmer:innen über ihre eigenen Beweggründe und die von ihnen durchgeführten Maßnahmen austauschen und Feedback dazu erhalten. Auf diese Weise erhielten sie selbst mehr Motivation und dienten auf der anderen Seite auch als Inspiration für andere.

  • Auf der Ebene der nationalen Organisationen erhielten sie Impulse zu neuen Themen und Möglichkeiten, Gruppen von jungen Arbeitnehmer:innen zu erreichen, mit denen andere Organisationen bereits arbeiten. Sie können daher nun Projekte mit gefährdeten Gruppen starten, die sie bisher nicht erreicht haben, und haben Kontakt zu anderen Organisationen aufgebaut, die dies bereits tun.

  • Auf europäischer Ebene hat das Seminar dazu beigetragen, zu analysieren, „wer, wie und warum“ junge Menschen in Arbeitnehmerorganisationen organisiert sind. Das wird auch in die abschließende Publikation des Projektes einfließen. 

Die Delegationen der einzelnen Organisationen nahmen die Ergebnisse zu ihren eigenen Themen mit nach Hause, um sie in ihre Arbeit einfließen lassen zu können. Sie werden die Ergebnisse so nutzen, wie sie für ihre Maßnahmen geeignet sind. Für die anderen Organisationen waren die Ergebnisse ein Impuls dafür, wie sie bestimmte gefährdete Gruppen erreichen und wie sie bestimmte Themen ansprechen können. Dieser Impuls könnte sich in ihrer zukünftigen Arbeit als nützlich erweisen.

Die Ergebnisse auf der Metaebene darüber, wie, warum und wer in den teilnehmenden Organisationen organisiert ist, werden in einer Publikation zusammengefasst, die den teilnehmenden Arbeitnehmerorganisationen zur Verfügung gestellt wird, damit es ihnen gelingt, mehr junge Menschen zu erreichen.