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EZA-Startseminar zum Thema „Bereit für KI? – Die Arbeitswelt in der anstehenden Revolution“

Vom 23. bis 24. November 2023 fand in Sofia, Bulgarien, das EZA-Startseminar zum Thema „Bereit für KI? – Die Arbeitswelt in der anstehenden Revolution“ statt. An der Konferenz nahmen 105 Vertreter:innen von Arbeitnehmerorganisationen  aus Deutschland, Belgien, Italien, Österreich, den Niederlanden, der Slowakei, Polen, Portugal, Rumänien, Zypern, Kroatien, Frankreich, Litauen, Spanien, der Tschechischen Republik, Malta, Slowenien, Bulgarien, Dänemark, Griechenland, Ungarn, Nordmazedonien, Serbien und der Ukraine teil (84 vor Ort, 21 online). Sie wurde von PODKREPA CL (Gewerkschaftsbund PODKREPA) in Zusammenarbeit mit dem EZA organisiert und von der Europäischen Union finanziert.

Ziele des Seminars

1. Gelegenheit zu einer eingehenden Reflexion über die jüngsten Themen des sozialen Dialogs und die Prioritäten der europäischen Beschäftigungs- und Sozialpolitik zu geben.

2. Vermittlung von Grundkenntnissen über KI im Hinblick auf die Schaffung einer gemeinsamen Wissensbasis für die Teilnehmer:innen zu den Haupteigenschaften von KI, deren Anwendung, den dazugehörigen Begleiterscheinungen und zur jeweiligen Notwendigkeit, neue gesetzliche Regelungen zu erlassen.

3. Untersuchung der rechtlichen und ethischen Fragen und Herausforderungen im Zusammenhang mit der KI im Allgemeinen und in der Arbeitswelt, mit besonderem Augenmerk auf die Beschäftigung und die Verteilung des Wohlstands.

4. Untersuchung der bevorstehenden Veränderungen in der Arbeitswelt durch den Einsatz von KI und ihrer Fähigkeit, die Produktivität zu steigern und den Inhalt der Aufgaben zu verändern. 

5. Darstellung der Auswirkungen der KI auf die Quantität und Qualität der Arbeitsplätze und Anregung von Überlegungen dazu, wie die Auswirkungen der KI für die Arbeitnehmer:innen nutzbringend gestaltet werden können.

Beschreibung des Seminars

Die Veranstaltung begann mit einer Eröffnungssitzung, in der die Teilnehmer:innen begrüßt und die wichtigsten Botschaften zu den verschiedenen Dimensionen der KI – ethisch, sozial, ökologisch, rechtlich, technologisch – und ihren Auswirkungen auf die Arbeitswelt sowie zu den jüngsten Entwicklungen im sozialen Dialog der EU vermittelt wurden. 

Auf die Eröffnungssitzung folgten vier thematische Panels mit Mitgliedern des Europäischen Parlaments und Expert:innen aus der Wissenschaft, den EU-Institutionen und den Gewerkschaften, die ihre Einsichten und ihr Wissen über KI teilten und einen umfassenden Blick darauf warfen, wie KI die Welt, in der wir leben, verändert und umgestaltet: 

Panel I – Künstliche Intelligenz: Eine neue Realität... auch am Arbeitsplatz

Panel II – KI in der Arbeitswelt – Rechtliche und ethische Aspekte

Panel III – KI in der Arbeitswelt – Beschäftigungsbezogene Fragen

Panel IV – Die KI in den Dienst der Menschheit stellen – regulatorische und nicht-regulatorische Ansätze zur Bewältigung negativer Auswirkungen

Panel V – KI: Was brauchen die Arbeitnehmerorganisationen? Der soziale Dialog im Zeitalter der KI widmete sich der notwendigen Einbeziehung von Arbeit-nehmervertreter:innen und Gewerkschaften in die Gestaltung nachhaltiger und ethischer KI-Tools.

Auf jedes thematische Panel folgten eine Fragerunde und eine allgemeine Diskussion.

Panel VI – Abschlusssitzung – Empfehlungen für politische Maßnahmen, gibt den Teilnehmer:innen die Möglichkeit, ihre eigene Sichtweise und ihre eigenen Beobachtungen zu den wichtigsten Ergebnissen, Diskussionspunkten und allgemeinen Informationen, die während des Seminars vorgestellt wurden, zu äußern.

Schlussbemerkungen, Schlussfolgerung und Bewertung des Seminars

Zentrale Ideen

Das Thema des Startseminars ist wichtiger denn je – die Welt befindet sich in einem doppelten Wandel mit miteinander verbundenen Krisen, und die Branche der künstlichen Intelligenz (KI) wächst mit unglaublicher Geschwindigkeit. In einer solch komplexen Situation muss jeder ein umfassendes Verständnis der Realität haben. Auf viele Fragen gibt es keine eindeutige Antwort – sollten wir Angst haben oder müssen wir die Anwendung von KI-Systemen unterstützen, sind sie bereits Teil unserer Arbeit und unseres Lebens oder nicht? Klar ist jedoch bereits, dass es wahrscheinlich kein Zurück mehr geben wird. Sie befinden sich überall auf dem Vormarsch – in den letzten Jahren wurden die fortschrittlichsten KI-Systeme, sogenannte „Basismodelle“, im Alltag für eine breite Palette an Zwecken eingesetzt. Gleichzeitig werden die KI-Modelle aufgrund des Umfangs und der erforderlichen Speicher-, Daten- und Hardwaremengen in erster Linie von den Technologiegiganten entwickelt. In der Praxis haben Big Tech-Unternehmen heutzutage fast ein Monopol auf KI-Algorithmen. Das Ergebnis: Die Anwendung von KI entwickelt sich im Vergleich zu ihrer rechtlichen Regulierung rasant, was zu Veränderungen in der Arbeitswelt führt und neue Risiken nicht nur für den Arbeitsplatz, sondern auch für die Grundrechte und Interessen der arbeitenden Menschen mit sich bringt. Darüber hinaus nutzen Regierungen und Arbeitgeber:innen künstliche Intelligenz meist, um Entscheidungen zu treffen, die erhebliche Auswirkungen auf unser Leben haben können. Der Grund dafür ist einfach: Ob bei der Modellierung des Klimawandels, der Auswahl von Stellenbewerber:innen oder der Vorhersage, ob jemand ein Verbrechen begehen wird – KI kann in gewissem Umfang Menschen ersetzen und mehr Entscheidungen schneller und billiger treffen. In diesem Zusammenhang bringt die KI bereits echte wirtschaftliche Vorteile mit sich, das heißt die Arbeitnehmer:innen müssen mehr über KI-Algorithmen wissen und mehr gesetzliche Regelungen für ihre Anwendung am Arbeitsplatz haben. 

Doch KI-Systeme können auch unsere Grundrechte bedrohen. So können beispielsweise Algorithmen, die Inhalte auf Social-Media-Plattformen vermitteln, die freie Meinungsäußerung auf unfaire Weise einschränken und die öffentliche Debatte beeinflussen. Biometrische Massenüberwachungstechnologien verletzen unser Recht auf Privatsphäre und schrecken vor einer demokratischen Beteiligung ab. Algorithmen stützen sich auf riesige Mengen personenbezogener Daten, deren Erfassung, Verarbeitung und Speicherung häufig gegen unsere Datenschutzrechte verstößt. Algorithmische Voreingenommenheit kann bestehende Strukturen der Ungleichheit in unserer Gesellschaft aufrechterhalten und zu Diskriminierung und Entfremdung von Minderheiten führen. 

Aus gewerkschaftlicher Sicht muss jede wirksame, die Rechte schützende KI-Verordnung die folgenden Garantien enthalten:

- ein Verbot von Technologien, die unser Grundrecht auf Arbeit verletzen. Ein solches Verbot sollte keine Ausnahmen enthalten, die es Unternehmen oder Behörden erlauben, sie „unter bestimmten Bedingungen“ doch einzusetzen.

- Arbeitnehmer:innen sollten das Recht haben, gegen invasive KI-Systeme ihrer Arbeitgeber:innen vorzugehen, ohne Vergeltungsmaßnahmen befürchten zu müssen.

- Es müssen klare Regeln zur Transparenz festgelegt werden. Arbeitnehmer:innen, die mit KI in Berührung kommen, müssen rechtzeitig und umfassend über die Modelle der Algorithmen informiert und konsultiert werden.

- Eine Regulierung der KI sollte auch Schutzmaßnahmen für die am stärksten gefährdeten und gering qualifizierten Arbeitnehmer:innen enthalten. Sie sollte ein System einrichten, das es Menschen, die durch KI-Systeme zu Schaden gekommen sind, ermöglicht, eine Beschwerde einzureichen und Schadenersatz zu erhalten.

Es herrscht eine allgemeine Unsicherheit über die Rollen und Verantwortlichkeiten der verschiedenen Akteur:innen beim Einsatz von KI am Arbeitsplatz. Diese Ungewissheit stellt für Arbeitnehmerorganisationen eine besondere Herausforderung dar, denn erstens sind der gesetzliche Rahmen und die Mechanismen der Arbeitsbeziehungen derzeit einfach noch nicht ausreichend vorbereitet. Und zweitens darf die Gefahr der Vernichtung von Arbeitsplätzen und der Verarmung von Arbeitnehmer:innen nicht unterschätzt werden. Darüber hinaus befürchten die Gewerkschaften, dass dekontextualisierte algorithmische Entscheidungen die Arbeit intensivieren könnten, was schwerwiegende Auswirkungen auf die Sicherheit und das psychische Wohlbefinden der Arbeitnehmer:innen haben könnte. In dieser Hinsicht sind die Gewerkschaften alarmiert angesichts der Aussicht, dass maschinelle Lernsysteme diskriminierende Ideale widerspiegeln könnten, die tief in ihren Trainingsdaten verankert sind.

All diese bereits genannten Herausforderungen werden durch die Tatsache verschärft, dass KI komplex ist. Wir haben immer noch kein gutes Verständnis für die möglichen Risiken, die KI-Systeme für unsere Gesellschaft darstellen können. Die technischen Fragen sind zu kompliziert, um von der breiten Öffentlichkeit verstanden zu werden. Um diesen Gefahren vorzubeugen und uns vor ihnen zu schützen, muss die KI reguliert werden. Gesetzgeber:innen auf der ganzen Welt haben es bis heute versäumt, Gesetze zu entwerfen, die den Einsatz von KI besonders regeln. So können profitorientierte Unternehmen Systeme entwickeln, die den Menschen Schaden zufügen können.

Als Vorreiter der Debatte auf EU-Ebene hat das Europäische Parlament (EP) bereits eine Reihe von nichtlegislativen Entschließungen angenommen, in denen es die Annahme von EU-Rechtsvorschriften im Bereich der KI, der Robotik und verwandter Technologien sowie die Harmonisierung des Rechtsrahmens für zivilrechtliche Haftungsansprüche und die Einführung einer verschuldensunabhängigen Haftung für Betreiber:innen von KI-Systemen mit hohem Risiko fordert. Darüber hinaus hat das EP eine Reihe von Empfehlungen erlassen, die einen gemeinsamen EU-Ansatz für KI in den Bereichen geistiges Eigentum, Strafrecht, Bildung, Kultur und audiovisuelle Medien sowie für die zivile und militärische Nutzung von KI fordern. Kurz gesagt, das EP drängt darauf, die Bereiche, in denen der Einsatz von KI angemessen ist, klar zu definieren und rechtliche Beschränkungen einzuführen, in welchen Fällen sie nicht eingesetzt werden darf. Mit einem solchen risikobasierten Ansatz und der Festlegung von Verpflichtungen für Anbieter:innen und Nutzer:innen unternimmt das EP einen der weltweit ersten Schritte, um die Anwendung von KI-Systemen angemessen zu regeln, und zwar mit der Absicht, dass der Mensch und nicht die Maschinen im Mittelpunkt aller Strategien und Maßnahmen stehen muss.

Um eine vertrauenswürdige Nutzung von KI-Systemen in der EU zu gewährleisten, legte die Europäische Kommission im April 2021 einen Vorschlag für einen EU-Rechtsrahmen für KI vor. Der Entwurf des KI-Rechtsakts ist noch in Arbeit, das EP stimmte im Juni 2023 über seinen Standpunkt ab. Die EU-Gesetzgeber:innen beginnen nun mit Konsultationen und Verhandlungen im Rahmen von Trialogen, um ihn mit dem allgemeinen Ziel fertigzustellen, das ordnungsgemäße Funktionieren des Binnenmarktes zu gewährleisten, indem die Bedingungen für die Entwicklung und Nutzung vertrauenswürdiger KI-Systeme in der EU geschaffen werden. Darüber hinaus zielt der Vorschlag für den KI-Rechtsakt darauf ab, erstens Rechtssicherheit zu gewährleisten und Investitionen und Innovationen im Bereich der KI zu erleichtern, zweitens die Überwachung und die wirksame Durchsetzung des EU-Rechts in Bezug auf die für KI-Systeme geltenden Grundrechte und Sicherheitsanforderungen zu verbessern und drittens die mit bestimmten Anwendungen dieser neuen Technologie verbundenen Risiken anzugehen.

Der Einsatz von KI ist für die Nachhaltigkeit der Wirtschaft unbestritten, aber Europa liegt weit hinter den USA und den asiatischen Ländern zurück. Nur ein kleiner Prozentsatz der Unternehmen nutzt KI oder plant, dies in den kommenden Jahren zu tun. In dieser Hinsicht ist das Ziel der Kommission, in den nächsten zehn Jahren jährlich 20 Mrd. an KI-Investitionen zu mobilisieren, ein wichtiger Schritt. Dieser Ehrgeiz der EU, an der Spitze der technischen Innovation zu stehen, muss jedoch mit einer rechtlichen Garantie einhergehen, dass die neuen EU-Rechtsvorschriften auf dem europäischen Sozialmodell und seinen Grundrechten und -werten beruhen werden. Hier besteht die Herausforderung für die Arbeitnehmerorganisationen darin, nicht zuzulassen, dass KI-Systeme am Arbeitsplatz grundlegende Rechte der Arbeitnehmer:innen wie das Recht auf Nichtdiskriminierung, freie Meinungsäußerung, Menschenwürde, den Schutz personenbezogener Daten und Privatsphäre gefährden.

In der Praxis kann der Einsatz von KI am Arbeitsplatz eine Reihe von Grundrechten und die Sicherheit am Arbeitsplatz beeinträchtigen. Die zentrale politische Frage für die Gewerkschaften lautet daher, wie ein solider Schutz der Grundrechte, der Gesundheit und Sicherheit, der Privatsphäre, der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit gewährleistet werden kann. Hier besteht der erste Ansatzpunkt für die Gewerkschaften darin, gesetzliche Bestimmungen zu fordern, die Arbeitgeber:innen verpflichten, die Arbeitnehmer:innen und Arbeitnehmervertreter:innen über alle Modalitäten der Einführung von KI an ihrem Arbeitsplatz zu informieren – welche Daten erhoben werden, wo diese Daten gespeichert werden, wer oder welche Institution oder Organisation diese Daten verarbeitet, zu welchem Zweck diese Daten verarbeitet werden und an wen oder welche anderen Institutionen oder Organisationen diese Daten übermittelt werden. Mit anderen Worten: Die Gewerkschaft wird jede neue EU-Gesetzgebung unterstützen, die den Schutz der Privatsphäre, der personenbezogenen Daten und der Menschenwürde verbessert und die Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer:innen zu einem wirksamen Recht macht. 

In dieser Vorgabe muss der Einsatz von KI-Anwendungen am Arbeitsplatz von den Sozialpartner:innen diskutiert werden, und es müssen Lösungen ausgehandelt werden, um die negativen Auswirkungen auf die Arbeitnehmer:innen abzumildern. Die Grundlage für jede gewerkschaftliche Strategie zum Umgang mit KI am Arbeitsplatz besteht darin, den Arbeitnehmer:innen ein Recht auf kostenlose Weiterbildung während der Arbeitszeit zu gewähren, damit sie die Herausforderungen der KI meistern können.

Nur wenn wir unsere Anstrengungen und Maßnahmen bündeln, werden wir einen erfolgreichen digitalen Wandel der europäischen Industrie ermöglichen und gleich-zeitig einen fairen digitalen Wandel für die Arbeitnehmer:innen sicherstellen.

Schlussfolgerungen und Empfehlungen

Die Zukunft der Arbeit im 21. Jahrhundert ist geprägt vom Wandel. Als nachhaltigster Produktivitätsboom der letzten 200 Jahre haben KI-Modelle die Art und Weise, wie wir leben und produzieren, verändert und die geografischen und organisatorischen Grenzen der Beschäftigten aufgehoben. In den meisten Fällen wird die KI-Technologie die Arbeitnehmer:innen unterstützen und ihre Arbeit verbessern. Mit KI-Tools werden wir mehr Produktivität, eine größere Effizienz und eine höhere Zufriedenheit der Mitarbeiter:innen erleben. Wir werden aber auch mit mehreren sozialen Schocks konfrontiert werden – abnehmende Vertragsstabilität, Fragmentierung von Aufgaben, Zunahme atypischer Beschäftigungsverhältnisse. Der Rechtsrahmen für Arbeitsrechte ist heutzutage veraltet, da er in einem Jahrhundert verfasst wurde, in dem sich die Gesetzgeber:innen mehr auf physische Risiken als auf unsichtbare digitale Konflikte am Arbeitsplatz konzentrierten. Die bestehenden sozialen Mechanismen können nicht mehr mithalten, und die Arbeitnehmerorganisationen müssen dringend:

- überdenken, wie sie die Rechte der Arbeitnehmer:innen angesichts des raschen Anstiegs von KI am Arbeitsplatz schützen können;

- mit dem Tempo und der Komplexität der KI Schritt halten und zugängliche und verständliche Informationen sowie klar definierte Verantwortlichkeiten fordern;

- sich mobilisieren – die arbeitenden Menschen dürfen nicht allein gelassen werden im Kampf gegen die Interessen des Großkapitals;

- damit beginnen, Ressourcen zu investieren, um das Verständnis ihrer Vertreter:innen für die Funktionsweise von KI-Systemen zu verbessern;

- den Dialog und die Partnerschaft suchen, Lobbyarbeit betreiben und Kampagnen durchführen, um sicherzustellen, dass die europäischen Arbeitnehmer:innen von neuen Technologien profitieren, die im Einklang mit den Werten und Grundsätzen der EU entwickelt wurden und funktionieren.

Die EU muss eine treibende Kraft bei der Regulierung des Einsatzes von künstlicher Intelligenz werden, und die Gewerkschaften sind dabei die wichtigsten Partnerinnen, um zu gewährleisten, dass die Würde, die Arbeitsbedingungen und das Wohlergehen der Arbeitnehmer:innen gewahrt bleiben. Nur durch die aktive Beteiligung der Gewerkschaften kann gewährleistet werden, dass der künftige EU-Rechtsrahmen für KI alle Aspekte der Arbeitsplatzdimension angemessen berücksichtigt. Das Macht-ungleichgewicht zwischen Arbeitgeber:innen und Arbeitnehmer:innen sollte die Europäische Kommission dazu veranlassen, einen soliden Rechtsrahmen für künstliche Intelligenz in Betracht zu ziehen, um qualitativ hochwertige Arbeitsplätze zu schaffen, in die Kenntnisse der Arbeitnehmer:innen über künstliche Intelligenz zu investieren, die Wahrung der Rechte der Arbeitnehmer:innen und den Schutz der Arbeitnehmer:innen zu fördern und sicherzustellen, dass Gewerkschaften und Arbeitnehmervertreter:innen aktiv an der Gestaltung der künstlichen Intelligenz am Arbeitsplatz mitwirken. 

Der künftige europäische KI-Rahmen sollte für alle Arbeitnehmer:innen und Arbeitgeber:innen im privaten und öffentlichen Sektor und für alle Geschäftsmodelle, einschließlich Online-Plattformen, gelten. Es ist dabei jedoch wichtig zu beachten, dass KI nicht automatisch zu guten oder schlechten Arbeitsplätzen führt. Das Ergebnis für die Arbeitnehmer:innen hängt davon ab, wie KI auf allen Ebenen gestaltet und genutzt wird: vom Rechtsrahmen über die Regulierung bis hin zu einem maß-geschneiderten Ansatz durch den sozialen Dialog und durch Tarifverhandlungen insbesondere auf Branchen- und Unternehmensebene durch die Sozialpartner:innen.

Tarifverhandlungen und sozialer Dialog sind der Schlüssel, um sicherzustellen, dass die Produktivitätsgewinne durch KI in Form von Lohnerhöhungen, kürzeren Arbeits-zeiten und den Zugang zu Weiterbildung an die Arbeitnehmer:innen weitergegeben werden. Die Sicherstellung eines kollektiv garantierten „Rechts auf Weiterbildung“ wird ebenfalls von entscheidender Bedeutung sein, um einen fairen und gerechten digitalen Wandel für alle zu gewährleisten und das Leben der Mitglieder positiv zu beeinflussen. 

Technologien sind nicht vorausbestimmt, und niemand wird in der Lage sein, die Zukunft der Arbeit genau zu beschreiben. Aber die Gewerkschaften wissen bereits, dass die erforderlichen Kompetenzen andere sein werden. Und wenn die Gewerkschaften die Zukunft der Arbeit beeinflussen wollen, müssen sie damit beginnen, die Beschäftigten auf diese Zukunft vorzubereiten und:

- einen proaktiven Ansatz zum Umgang mit den Auswirkungen von KI und zur Nutzung der durch KI gebotenen Möglichkeiten zu wählen:

- Bereiche zu ermitteln, in denen die KI die größten Auswirkungen haben kann, und potenzielle Herausforderungen und Risiken zu bewältigen;

- ethische Bedenken durch die Aushandlung klarer Leitlinien und Standards für den Einsatz von KI zu berücksichtigen, wobei Transparenz, Fairness und Verantwortlichkeit im Vordergrund stehen sollten; 

- die Kenntnisse der Arbeitnehmer:innen über den sicheren und produktiven Einsatz von KI-Technologien zu verbessern;

- sich an der Durchführung von Maßnahmen zur Höher- und Umschulung der Beschäftigten zu beteiligen;

- eine interne Diskussionskultur für den Wandel zu fördern – Gewerkschaftsaktivist:innen und -mitglieder zu ermutigen, sich auf den Wandel einzulassen und regelmäßige Schulungen, Workshops und Brainstorming-Sitzungen anzubieten, die sich auf die potenziellen Anwendungen von KI in der Gewerkschaftsorganisation konzentrieren.

Nicht zuletzt kann KI ein wirkungsvolles Instrument sein, um Gewerkschaften bei verschiedenen Aspekten ihrer Maßnahmen zu unterstützen. KI kann von Gewerkschaften für eine Vielzahl von Zwecken eingesetzt werden, um beispielsweise Kampagnen zu unterstützen, für Mobilisierungsmaßnahmen, für die direkte Kommunikation mit Mitgliedern, um Informationen und Ratschläge zu Beschäftigungs-rechten bereitzustellen, sowie um Ideen für Aktionen, Proteste und Strategien auszutauschen. 

KI-Plattformen können auch dazu genutzt werden, personalisierte Schulungen anzubieten und den Arbeitnehmer:innen beim Erwerb neuer Kompetenzen zu helfen, was im Kontext des raschen Wandels von Technologie und Arbeitsmethoden wichtig ist. KI kann eingesetzt werden, um gesundheits- und sicherheitsgefährdende Aufgaben zu automatisieren und so das Risiko für die Arbeitnehmer:innen zu verringern. So kann beispielsweise in einem Produktionsumfeld die Automatisierung bestimmter Prozesse die Unfallgefahr verringern. Auch die Gewerkschaften können von den Möglichkeiten der KI profitieren, um Verbesserungsbedarf zu erkennen: Durch die Analyse von Daten über Arbeitsbedingungen und Rückmeldungen von Arbeitnehmer:innen kann KI dazu beitragen, den Bedarf an Verbesserungen in der Arbeitsumgebung vorherzusagen. So können dann Schutzmaßnahmen vorgeschlagen werden. KI kann Gewerkschaftsexpert:innen dabei helfen, Trends und Unregelmäßigkeiten am Arbeitsplatz und auf dem Arbeitsmarkt schneller zu erkennen. KI kann große Mengen an Daten über Arbeitnehmer:innen, Arbeitsmarkttrends und sozioökonomische Faktoren analysieren. Das ermöglicht den Gewerkschaften bessere Vorhersagen über die Bedürfnisse und Herausforderungen der Arbeitnehmer:innen. Auf diese Weise sind die Arbeitnehmervertreter:innen und Teams besser auf die Tarifverhandlungen vorbereitet und verfügen über aktuelle und begründete Argumente und Meinungen.