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Digitale Transformation, neue Formen der Arbeit und Arbeitnehmervertretung – eine bleibende Herausforderung

Vom 21. bis 24. September 2023 fand in Velehrad / Tschechische Republik ein Seminar zum Thema „Digitale Transformation, neue Formen der Arbeit und Arbeitnehmervertretung – eine bleibende Herausforderung“ statt, das mit Unterstützung des EZA von KAP (Hnutí „Křesťan a práce“) organisiert und von der Europäischen Union finanziert wurde.

Am Seminar nahmen 57 Vertreter:innen von Arbeitnehmerorganisationen aus Ungarn, Deutschland, Italien, Österreich, Albanien, Polen und der Slowakei teil.

Ziel des Seminars war es, zu bewerten, wie sich der digitale Wandel auf die europäischen Arbeitsmärkte auswirkt, wobei der Schwerpunkt auf den Heraus-forderungen lag, die sich dabei für Beschäftigungsorganisationen ergeben.

Das Programm am Freitagnachmittag umfasste fünf Beiträge zu einem bestimmten Thema, vom allgemeinen Konzept der jeweiligen Veränderungen bis hin zu den konkreten Auswirkungen. Das Programm des Seminars wurde vorgestellt und das Seminar anschließend vom Vorsitzenden des KAP Jiří Konečný eröffnet. 

Die außerordentliche Professorin Lidmila Němcová (KAP) betonte in ihrem Beitrag die Bedeutung ethischer Aspekte, die sich aus der Soziallehre der Kirche ergeben, als Reaktion auf die aktuellen Trends der fortschreitenden Digitalisierung, die neben dem Arbeitsmarkt auch große Auswirkungen auf die ältere Bevölkerung hat.

Professor Lubor Lacina (Mendel-Universität Brünn, KAP) gab einen Überblick darüber, wie technologische Veränderungen die Entwicklung des europäischen Arbeitsmarktes in den letzten hundertfünfzig Jahren beeinflusst haben. Gleichzeitig wies er anhand interessanter Beispiele auf die wirtschaftlichen, sozialen und politischen Folgen dieser Veränderungen hin.

Professor Antonín Rusek erläuterte, wie sich die Digitalisierung und insbesondere die Entwicklung der künstlichen Intelligenz auf die Entwicklung in den USA auswirkt, und verglich, warum ähnliche Prozesse im europäischen Raum unterschiedliche Auswirkungen haben können.

Die außerordentliche Professorin Lubica Černá (NKOS Slowakei) beschrieb, wie sich der digitale Wandel auf die Arbeitnehmer:innen in der Slowakei auswirkt, und ging auf die Frage ein, wie Arbeitnehmerorganisationen und politische Vertretungen angemessen auf diese Phänomene reagieren sollten.

Alois Langer (Bata School of Work Zlín) stellte das Handwerkszentrum 44 in Zlín vor, das versucht, ein modernes und praxisorientiertes Schuhmacherzentrum aufzubauen, das die Rettung und Weiterentwicklung der verschwindenden Schuhindustrie durch eine aktive Förderung bei jungen Menschen ermöglicht.

Das Programm wurde am Samstag mit einem Vormittagsseminar im Handwerks-zentrum Zlín fortgesetzt, bei dem die Möglichkeiten der Digitalisierung, insbesondere des 3D-Drucks in der Schuhproduktion, vorgestellt wurden.

Nachmittags ging es an die Tomáš-Bata-Universität, wo der Dekan der Fakultät für Wirtschaft und Management den Teilnehmer:innen die neu akkreditierten Programme vorstellte, die künftige Hochschulabsolvent:innen auf die Veränderungen auf dem Arbeitsmarkt infolge der Digitalisierung, Automatisierung und Robotisierung vorbereiten sollen. Die außerordentliche Professorin Zuzana Dohnalová hielt einen Vortrag über die Veränderungen auf dem Arbeitsmarkt infolge der Digitalisierung und über die Beschäftigungsmöglichkeiten von Hochschulabsolvent:innen. Sie wies auf die sich verändernden Denkweisen und Werte von Universitätsstudent:innen in Bezug auf Lohnforderungen und Arbeitszeiten hin. 

Am Sonntag stellten mehrere Teilnehmer:innen ihre Beiträge nacheinander vor Ort und online vor. András Bardócz-Tódor (Ungarn) befasste sich mit dem Bildungswandel und gab Beispiele für die steigenden Anforderungen an den Lehrer:innenberuf im Hinblick auf die Veränderung der Unterrichtsformen und -stile infolge der durch die Coronapandemie beschleunigten Digitalisierung.

Dr. Aleš Chmelař, der als Vertreter der Tschechischen Republik bei der OECD in Paris fungiert, sprach über „den sich verändernden Arbeitsmarkt durch Digitalisierung, KI und Robotisierung aus Sicht der OECD“. Er wies auf die Berufe hin, die im Zeitraum bis 2030 am stärksten durch Digitalisierung, Automatisierung oder das Aufkommen von KI bedroht sein werden. Er betonte die Notwendigkeit lebenslanger Bildung als Instrument zur Umschulung und Höherqualifizierung.

Aneta Szczykutowicz (Nowy Staw Stiftung Polen), Miriam Catullo (KAB Aachen), Dr. h. c. Roswitha Gottbehüt (Deutschland) und Marini Floriea SAUATT (Gewerkschaften Albaniens) wiesen auf die sozialen Aspekte der Veränderungen auf dem Arbeitsmarkt und die Bedeutung des lebenslangen Lernens hin. Mag. rer. nat. Tobias Hölbling (Institut für Beschäftigungsförderung Bozen, Italien), beschäftigte sich mit der Bedeutung der Digitalisierung und der Beschäftigungsförderung in Italien am Beispiel der Region Südtirol.

Jiří Konečný (Vorsitzender von KAP) und Lubor Lacina (Moderator des Programms am Sonntag) fassten die wichtigsten Erkenntnisse zusammen, die sich aus den Beiträgen und Diskussionen der Seminarteilnehmer:innen ergaben:

Digitalisierung, Automatisierung und Robotisierung besitzen ein großes Potenzial, die Struktur des Arbeitsmarktes zu verändern. Gleichzeitig schaffen sie aber auch neue Möglichkeiten. Sie erfordern neue Qualifikationen von den Arbeitnehmer:innen und stellen Anforderungen sowohl an die Politik, aber auch an die Bildungssysteme und an die Infrastruktur. Es ist von entscheidender Bedeutung, im Hinblick auf die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen und der Volkswirtschaft nicht den Anschluss zu verlieren und gleichzeitig integrativ und nachhaltig zu agieren.

Der Mehrwert des Seminars bestand in einem besseren Verständnis des Trends sowie der relevanten europäischen und kirchlichen Dokumente, mithilfe derer die Teilnehmer:innen in der Zukunft besser auf die Herausforderungen der Digitalisierung reagieren und besser für die Zukunft planen können. Soziale und ethische Zusammen-hänge wurden hervorgehoben.

Es wurde auf die Gefahr negativer sozialer Auswirkungen sowohl auf Seiten des Einzelnen als auch auf Seiten der gesamten Gesellschaft hingewiesen. Es wird notwendig sein, ein Gleichgewicht zwischen dem Druck der Unternehmen zur Produktivitätssteigerung und den Auswirkungen auf die Beschäftigung zu finden. Der Verlust von Arbeitsplätzen mit mittlerem bis hohem Einkommen, wie z. B. in der Rechtsberatung oder der Programmierung, wird ebenfalls ein Problem darstellen. Die Regierung wird vor allem bei der Politik zu Umschulungs- und Weiterbildungs-prozessen eine wichtige Rolle spielen.