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Startseminar 2018: Schwerpunkte des Europäischen Sozialen Dialogs

Die Situation junger Arbeitnehmer/innen auf dem europäischen Arbeitsmarkt – zwischen Millennials und NEETs – war Schwerpunktthema des EZA-Startseminars, das vom 22. bis 23. November 2018 in Bukarest / Rumänien stattfand und in Zusammenarbeit mit EUROFEDOP (Europese Federatie van het Overheidspersoneel) und mit finanzieller Unterstützung der Europäischen Union organisiert wurde. Rund 100 Vertreter/innen von Arbeitnehmerorganisationen aus 26 europäischen Ländern trafen sich, um sich hierüber und über die zentralen Themen des EZA-Bildungsprogramms 2019 auszutauschen.

Sozialer Dialog in Europa

Jörg Tagger, Referatsleiter „Sozialer Dialog“ der Generaldirektion Beschäftigung, Soziales und Integration der Europäischen Kommission, überbrachte die Wertschätzung der Europäischen Kommission für die Arbeit von EZA als Partner der Kommission. Der Austausch zwischen Arbeitnehmerorganisationen und EU-Institutionen sei sehr wichtig, da dieser zu größerer politischer Akzeptanz führe. Tagger gab einen Überblick über die aktuellen Projekte der Europäischen Kommission im sozialen Dialog, so zum Beispiel die europäische Säule sozialer Rechte, zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf oder dem sozialen Mindestschutz für Arbeitnehmer. Eine zu schaffende Europäische Arbeitsbehörde solle zukünftig Informationen bündeln.

​​​​​​​Junge Arbeitnehmer auf dem europäischen Arbeitsmarkt

Adriana Ciacâru vom Jugendkomitee des Europäischen Gewerkschaftsbunds schilderte die Initiativen des EGB bezogen auf die Situation junger Menschen auf dem Arbeitsmarkt und die großen Probleme, die junge Menschen nach wie vor hätten, auf dem Arbeitsmarkt Fuß zu fassen. Dr. Andreea Mitan, Dozentin an der Nationalen Universität für politische Studien und öffentliche Verwaltung, Bukarest, gab einen Überblick über Studien über die so genannten Millennials und nannte unter anderem besondere Qualitäten – zum Beispiel Kreativität, Flexibilität, schnelle Auffassungsgabe – aber auch weniger gute Eigenschaften – zum Beispiel seien sie eher ungeduldig, unstrukturiert und sich selbst überschätzend –, die zu Konflikten am Arbeitsplatz führen könnten.

In den Diskussionen wurde vor allem auf den Stellenwert der beruflichen Bildung eingegangen. Arbeitnehmervertreter/innen aus verschiedenen europäischen Ländern schilderten eindringlich die Problematik, dass zum Beispiel das Handwerk von Nachwuchssorgen geplagt und es in verschiedenen Berufsfeldern schwierig geworden sei, qualifizierte Arbeitskräfte zu finden. Grund dafür sei unter anderem die Kluft zwischen den Bedürfnissen des Arbeitsmarkts und den Wünschen der jungen Menschen einerseits und ihren erworbenen Kompetenzen andererseits. Eine langfristige Strategie von Regierungen und Arbeitnehmerorganisationen könne Abhilfe schaffen. In diesem Zusammenhang wurde auch bemängelt, dass gerade europäische Initiativen oft nicht langfristig genug angelegt seien. Dringend müsse man das Klischee bekämpfen, dass das duale System nur etwas für schulische Versager sei. Zudem müsse der Berufseinstieg für junge Menschen erleichtert werden.

Marie Hermans, Direktorin des neuen EZA-Mitglieds Centre Européen du Travail (CET), schilderte das Phänomen der NEETs aus ihrer persönlichen beruflichen Erfahrung heraus und stellte einige Initiativen von CET vor. Sie führte aus, dass die Frage nach Beschäftigung und der damit verbundenen Kaufkraft junge Menschen in Unsicherheit und Frustration bringe, weil sie ihre Träume nicht erfüllen können, deren Realisierbarkeit in greifbarer Nähe zu sein scheine. Sie hätten zudem das Gefühl, in einer Welt leben, die sich nicht um sie kümmert, sondern sie für sich selbst sorgen lässt.

Im Mittelpunkt der Diskussion stand unter anderem die Jugendgarantie, die sich vor allem an weniger gut ausgebildete junge Menschen richte. Als weiteres Praxisbeispiel wurde über ehrenamtliche Ausbildungspaten diskutiert. Aus dieser Erfahrung heraus wurde deutlich, dass es den jungen Menschen oft an Selbstbewusstsein mangele. Darüber hinaus gehe es nicht nur um den puren Ausbildungsplatz, sondern auch um eine angemessene Bezahlung. Der Lohn müsse zum Überleben reichen. Auch wurde darauf hingewiesen, dass die Situation in den verschiedenen Ländern der EU nicht immer eins zu eins vergleichbar sei. Als weiterer wichtiger Punkt wurde auf die Thematik des „Brain drain“ verwiesen, von der vor allem die osteuropäischen Länder betroffen seien.

In einer Podiumsdiskussion wurde zudem unterstrichen, dass die jungen Menschen unbedingt das Gefühl vermittelt bekommen müssen, dass sie gehört, respektiert und geführt werden, aber nicht, dass sie bevormundet werden.

Als große Gefahr wurden die derzeitigen nationalen Bestrebungen in Europa benannt. Hier wurde die Angst ausgedrückt, das europäische Gemeinsame könne verloren gehen. Auch wurde mangelnde Solidarität zwischen denen, die Arbeit haben, und denen die keine haben, angeprangert.

EZA-Bildungsprogramm 2019

Über 70 Seminare wird das EZA-Bildungsprogramm 2019 umfassen. Ein Eckpunkt wirc die Seminarreihe zu den Strategien europäischer Institutionen sein, in deren Rahmen die Projekte zum Themenschwerpunkt „Die Zukunft eines sozialen Europas – Wirkweisen und Perspektiven der Europäischen Säule sozialer Rechte und anderer Sozialpolitiken“ wissenschaftlich begleitet werden. Außerdem wird es 2019 Projektkoordinierungen zu den Themen „Jugendbeschäftigung“, „Zukunft der Arbeit – sich wandelnde Arbeitsbeziehungen“ sowie „Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz“ geben. Weitere Themen werden „Kapazitätsaufbau“, „Inklusive Arbeitsmärkte“, „Integration von Migranten und Flüchtlingen in den Arbeitsmarkt“, „Arbeiten und leben in einer digitalisierten Welt“ sowie der „Beitrag von Arbeitnehmerorganisationen zu sozialer Gerechtigkeit in Europa“ sein. EZA ist zudem Kampagnenpartner der Kampagne 2018-2019 „Gesunde Arbeitsplätze – Gefährliche Substanzen erkennen und handhaben“ der Europäischen Agentur für Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz (EU-OSHA) in Bilbao.

In seinem Schlusswort wünschte sich EZA-Präsident Bartho Pronk Weisheit, Klugheit und Verständnis für die Welt. EZA könne hier durch seine Bildungsarbeit eine wichtige Rolle spielen. Er bedauerte, dass die Politik manchmal die Arbeitnehmerrechte zu vergessen scheine, und wünschte den Arbeitnehmerorganisationen in Europa hier besseren Widerhall auf nationaler und europäischer Ebene.