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Die Zukunft Europas – die soziale Dimension der EU

Vom 13. bis 14. Dezember 2018 fand in Wien eine Konferenz zum Thema „Die Zukunft Europas – die soziale Dimension der EU“ statt, organisiert von ÖZA (Österreichisches Zentrum für Arbeitnehmerbildung), mit Unterstützung von EZA und der Europäischen Union. 90 Vertreter von Arbeitnehmerorganisationen Belgien, Deutschland, Griechenland, Italien, Luxemburg, Malta, Niederlande, Österreich, Portugal, Rumänien, Slowenien, Spanien, Tschechische Republik und Ungarn nahmen an der Konferenz teil.

Für den Veranstalter ÖZA weist Präsident Norbert SCHNEDL in seinem Grußwort auf die notwendige Weiterentwicklung des europäischen Modells der „sozialen Marktwirtschaft“ zu einer ökosozialen Marktwirtschaft hin. Dazu erscheint die Umsetzung des „social pillar“ (Göteborg, 2017) dringend geboten. Der EZA-Ehren-Präsident, Bartho PRONK, bedankt sich für die Möglichkeit, dieses Seminar im Rahmen der EU-Ratspräsidentschaft in Wien durchzuführen und beschreibt Österreich als wichtigen Brückenbauer zwischen Ost und West, zwischen Nord und Süd im Zentrum Europas. Weil auch die Entwicklung der „sozialen Marktwirtschaft“ viele Jahrzehnte gedauert hat, müssen wir auch in die Weiterentwicklung mit Geduld und Zähigkeit – und gegen manche Widerstände ankämpfen.

Referate zur Zukunft der Arbeit: Wohin entwickelt sich die europäische Arbeitswelt?

Markus VENNEWALD stellt ein neues Konzept zur „Zukunft der Arbeit“ vor, welches von der COMECE entwickelt wurde (Power Point liegt vor).  Die Bischofskonferenz der katholischen Kirchen Europas hat in einem intensiven Dialog-Prozess auf dem Fundament der Soziallehre der Kirche zahlreiche Aspekte bearbeitet. Gerade mit den Beiträgen von Papst Franziskus wird betont, dass die Wirtschaft ganzheitlicher gesehen werden muss. Neben „guter/würdiger Arbeit“ (decent work) sind auch die Nachhaltigkeit und die Möglichkeit zur Partizipation wesentliche Faktoren.

Die Christgewerkschafter/innen Österreichs haben 12 Thesen zur „Zukunft der Arbeit“ erstellt (Text liegt vor), welche der Generalsekretär Andreas GJECAJ vorstellt. Dabei wird auch schon an der Umsetzung gearbeitet. So müssen Gewerkschaften in Zukunft verstärkt in neue Techniken investieren und auch völlig neue Methoden der Organisation nutzen.

Der Stv. Vorsitzende von ÖZA, Fritz NEUGEBAUER moderiert die anschließende Diskussion zu den Eingangsreferaten. Dabei weist Alfred GAJDOSIK, WSA-Mitglied aus Österreich, darauf hin, dass die derzeitige 4. Industrielle Revolution (oder auch Digitalisierung) einen Mix aus politischen Maßnahmen benötigt um bewältigbar zu bleiben. Hans BRÜNING aus den Niederlanden fordert wesentliche Schritte, z.B. eine Harmonisierung des Steuersystems oder auch mehr Job-Sicherheit für die Jugend, um deren Einstieg in das Berufsleben – und somit in die Gesellschaft zu erleichtern bzw. zu ermöglichen.

EZA-Generalsekretärin Sigrid SCHRAML moderiert einen runden Tisch zur Zukunftsfähigkeit der EU und zur Rolle der Sozialpartner als „Katalysatoren in der Umsetzung der „sozialen Säule“ der EU.

Piergiorgio SCIACQUA betont aus italienischer Sicht die Bedeutung der „sozialen Säule“ für die EU, aber auch für die einzelnen Mitgliedsstaaten. Der Wiener Theologe Alfred ZANKANELLA fordert, dass Gewerkschaften mehr sein müssen als nur Katalysatoren. Sie müssen sich auch selbst verändern. Gerade wenn wieder politische Lager zusehends auseinanderdriften ist Dialogbereitschaft notwendig. Ein Kompromiss ist keine Niederlage, sondern ein wertvolles Instrument des Interessensausgleichs. Ganz aktuell berichtet Joseph THOUVENEL von den Protesten und Demonstrationen der „Gelb-Westen“ in Frankreich. Dabei sei die überwiegende Mehrheit nicht gewaltbereit, sondern es wären einfache Bürger/innen, die ihren Unmut über die herrschende Politik, z.B. Kürzung des Mindestlohns, zum Ausdruck bringen. Um die „soziale Säule“ umzusetzen, müssen wir Begeisterung für ein gerechtes Europa wecken.

Michael SCHEDIWY-KLUSEK moderierteine spannende Präsentation und Diskussion zum Thema: „Der Jugend gehört die Zukunft.“

In ihrer Präsentation legte Esmeralda van den BOSCH von der EZA-Plattform für junge Arbeitnehmer ihren Schwerpunkt auf die Generation der „Millenials“, also der Geburtsjahrgänge Mitte der 80er Jahre, die mit der Jahrtausendwende in das Berufsleben eingetreten sind. Sie beschrieb diesen Einstieg als wesentlich erschwert, weil sehr oft prekäre, zeitlich begrenzte und atypische Beschäftigungsverhältnisse am Beginn stehen. Auch die steigende Zahl von Jugendlichen ohne Ausbildung, ohne Beschäftigung, ohne Training (NEETs) verdient besondere Beachtung. Sie forderte, die jungen Menschen wesentlich stärker in Entscheidungsprozesse – auch und besonders in Gewerkschaften – einzubinden. Der Generalsekretär der FCG-Jugend Österreichs, Denis STRIEDER, stellte ein aktuelles Projekt vor. Er beschrieb als große Herausforderungen der Gegenwart und Zukunft: Digitalisierung, Klimawandel, Generationendialog und Migration/Integration. Gemeinsam mit dem Vorsitzenden der FCG-Jugend wird in diesem Projekt: „Umwelt 4.0“ die nachhaltige Entwicklung vorangetrieben. Richtschnur sind die 17 Klimaziele der UNO, die für den Zeitraum 2015 – 2030 als Entwicklungsziele festgeschrieben sind.

Moderiert von Dr. Karin PETTER-TRAUSZNITZ, der Bildungsreferentin der FCG-Österreichs, ging man der Frage nach, ob sich die Marktwirtschaft in der EU am Scheideweg von eine sozialen zu einer ökosozialen weiter entwickeln werde - oder ob eine Marktwirtschaft „ohne jeden Zusatz“ drohe.

Wertvolle Impulse lieferte dabei Dr. Thieß PETERSEN, von der deutschen Bertelsmann-Stiftung, der beschrieb, wie der klassische Sozialstaat zusehends unter Druck gerate: durch den zunehmenden Strukturwandel, durch die ökonomische Globalisierung und durch die zunehmende Kapitalintensität der Produktion. Er formulierte: „Ohne Zusatz „sozial“ ist Marktwirtschaft nicht funktionsfähig“.

Mit einem Zitat des IWF begann der ehemalige Vizekanzler der Republik Österreich, Josef RIEGLER, seinen Vortrag: „Freie, ungezügelte Märkte sind nicht die Lösung, sondern das Problem“. Trotz des Verlustes an globaler Gestaltungskraft, muss die Politik wieder die Spielregeln bestimmen, weil ansonsten eine „Diktatur der Konzerne“ droht. Daher brauchen zukunftsfähige Entscheidungen auch Langfristigkeit und Partnerschaften, die über Landesgrenzen hinausreichen.

In einem abschließenden „runden Tisch“ wurden auch Aspekte weitere Mitgliedsländer der EU eingebracht.

Der Präsident von MOSZ, Imre PALKOVICS, beschrieb die Lage in Ungarn, wo es zu massiven Änderungen im Arbeitszeitgesetzt gekommen ist, ohne die Sozialpartner in den notwendigen Dialog einzubinden. Daher forderte er – als Voraussetzung für den sozialen Dialog – Fairness und Respekt der jeweiligen Sozialpartner. Weil Sofie PUT kurzfristig erkrankt war, schilderte Alexandra ROSVELDS von Beweging.net die Situation in Belgien. Sie betonte, dass es eine Kombination von Lösungsansätzen braucht und dass mit den hervorragenden Thesen von Josef Riegler die ökologischen Anliegen im Sinne eines Netzwerks mit sozialen Strategien verknüpft werden müssen.

Eine Conclusio könnte ein Zitat von Al Gore bilden:

„Politischer Wille ist eine erneuerbare Energie. Wir können sie jeden Tag erneuern!“