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Der soziale Dialog in Europa und seine Rolle für internationale Arbeits- und Sozialpolitik

„Als Europäisches Zentrum für Arbeitnehmerfragen sehen wir eine dringende Notwendigkeit für die Entwicklung einer neuen Kultur der Gleichstellung und der Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben in Europa“, erklärte der Präsident des Europäischen Zentrums für Arbeitnehmerfragen (EZA) Bartho Pronk im Plenum der Internationalen Arbeitskonferenz (IAK) 2018. Dies müsse „auf der Basis einer starken rechtlichen Grundlage“ geschehen, so Pronk weiter. Mit dieser Forderung nahm er Stellung zum Bericht des Generaldirektors der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO). Dieser hatte mit Blick auf die Jahrhundertinitiative der ILO zu „Frauen in der Arbeitswelt“ auf zahlreiche Herausforderungen hingewiesen und erklärt: „…wir sind noch weit von dem Ziel der Gleichstellung entfernt, und der Weg dorthin ist langsam, ungleichmäßig und unsicher.“

Präsident Pronk, der vor den IAK-Delegierten auf die jahrelange Arbeit der EZA-Plattform für Chancengleichheit hingewiesen hatte, meinte dazu: „EZA ist bestrebt, mit der ILO zusammenzuarbeiten, um das Ziel der Gleichstellung von Frauen und Männern am Arbeitsplatz schneller, gleichmäßiger und sicherer zu erreichen.“

Die Rede findet sich auf der Website der ILO unter www.ilo.org/ilc/ILCSessions/107/plenary/recordings/lang--en/index.htm, „Video recordings of Plenary sittings“, 4. Juni 2018, Zeitleiste 3:35:05 bis 3:40:50

Gespräche mit ILO-Repräsentanten

Ganz im Zeichen der Vorbereitung auf die Feiern zum 100jährigen Bestehen der ILO 2019 standen die Gespräche, die Pronk gemeinsam mit dem EZA-Co-Vorsitzenden Piergiorgio Sciacqua in Genf führte. Der ILO-Verwaltungsratsvorsitzende Luc Cortebeeck verwies ebenso wie der stellvertretende Direktor und Regionaldirektor für Europa und Zentralasien, Heinz Koller, auf die Weltweite Kommission (Global Commission) zur Zukunft der Arbeit. Sie wird nicht nur Empfehlungen zur Zukunft der Arbeit unterbreiten, sondern auch Vorschläge dazu vorlegen, welche Rolle die ILO selbst zukünftig einnehmen soll.

Cortebeeck zeigte sich außerdem besorgt über die zunehmenden Tendenzen einer „De-Globalisierung“, die in den politischen Weichenstellungen in etlichen Ländern in der Welt deutlich würden. Die zu beobachtende Abkehr von internationalen Organisationen und die Hinwendung zu national orientierten Politikansätzen könnte auch die ILO schwächen.

Auch die Gespräche mit der stellvertretenden Direktorin der Abteilung für die Arbeitnehmeraktivitäten (ACTRAV), Anna Biondi, und mit dem sozio-religiösen Berater des Generaldirektors der ILO, Pierre Martinot-Lagarde, drehten sich um das anstehende ILO-Jubiläum.

EZA wird hierzu einen inhaltlichen Beitrag leisten. Anfang kommenden Jahres wird ein gemeinschaftlich mit Cartel Alfa und unter Beteiligung von ILO-Vertretern organisiertes Seminar ethische Fragestellungen der Zukunft der Arbeit aufgreifen und entsprechende Ideen an die ILO weitergeben.

Um die Erkenntnisse über Digitalisierungsprozesse in der Arbeitswelt ging es in einem Gespräch mit der leitenden Wirtschaftswissenschaftlerin der ILO-Forschungsabteilung, Frau Prof. Dr. Irmgard Nübler. Ihren Erkenntnissen zufolge komme es in Bildungssystemen zukünftig darauf an, möglichst gut Fähigkeiten und Fertigkeiten miteinander neu zu kombinieren und mit digitalen Sachgebieten zu verknüpfen. Gleichzeitig gehe es darum, mit solchen neu entstehenden Arbeitsplätzen würdige Arbeit zu schaffen.

Treffen mit Vertretern der EZA-Mitgliedzentren

Erneut veranstaltete EZA im Rahmen der IAK einen Gedanken- und Erfahrungsaustausch mit den Vertretern der EZA-Mitgliedzentren, die als Delegierte in der 107. Sitzung der IAK mitwirkten. Hierbei ging es darum, sich weiter zu vernetzen und sich über die laufenden IAK-Debatten auszutauschen. Besonders erfreulich war dabei, dass sowohl Luc Cortebeeck als auch Anna Biondi und Pierre Martinot-Lagarde die Gespräche mit ihrer Anwesenheit bereicherten. Diese Veranstaltung ist mittlerweile zu einer kleinen Tradition geworden und erfreute sich diesmal erneut großen Zuspruchs.

Schwerpunkte der IAK

Neben den Diskussionen über „Sozialen Dialog und Dreigliedrigkeit“ und der Frage danach, wie die ILO ihre Entwicklungszusammenarbeit zur Unterstützung der Ziele zur nachhaltigen Entwicklung möglichst wirksam gestaltet, standen vor allem die Beratungen um die „Beendigung von Gewalt und Belästigung in der Arbeitswelt“ im Mittelpunkt. Am Ende der Debatte soll in diesem Bereich – so die Hoffnung – ein internationales Übereinkommen stehen, das normsetzende Bindungskraft entfalten soll. Wenn dies im Jubiläumsjahr der ILO gelingt, wäre dies ein wichtiges Signal für die Bedeutung der ILO in der internationalen Normensetzung im Bereich Arbeit und Soziales.