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Auf dem Weg zu einem sozial fairen und wettbewerbsfähigen Güterkraftverkehr in der Europäischen Union

Das Seminar mit dem Titel „Auf dem Weg zu einem sozial fairen und wettbewerbsfähigen Güterkraftverkehr in der Europäischen Union“ wurde vom 24. bis 25. Januar 2019 von MOSZ (Munkástanácsok Országos Szövetsége)mit Unterstützung von EZA und der Europäischen Union organisiert. Das Seminar war Teil der EZA-Projektkoordierung zum Thema „Qualität der Arbeit".

Die Veranstaltung wurde mit der Begrüßungsansprache von Imre Palkovics, dem Vorsitzenden von MOSZ, eröffnet. Er dankte den anwesenden italienischen, bulgarischen, spanischen, portugiesischen, slowakischen und serbischen Kollegen der EZA-Mitgliedsorganisationen, die den Straßenverkehrssektor vertreten, sowie den Vertretern der drei ungarischen Branchengewerkschaften (Straßengüterverkehrsgewerkschaft, Straßengüterverkehrsverband der Betriebsräte, Unabhängige Gewerkschaft der Eisenbahner) für die so kurzfristige Annahme der Einladung.

Wie er ausführte, ist das Thema des Seminars die Teilnahme an Diskussionen auf europäischer Ebene über sozial gerechte und bessere Arbeitsbedingungen. Er hieß Herrn Bartho Pronk, den Ehrenvorsitzenden von EZA, herzlich willkommen, der die Veranstaltung mit seiner Anwesenheit geehrt hat und dem wir für die tatkräftige Zusammenarbeit und Unterstützung danken möchten. Er erklärt: EZA und MOSZ haben beschlossen, das Thema Straßengüterverkehr auf die Tagesordnung zu setzen, da sowohl die ost- als auch die westeuropäischen Gewerkschaften an der Entwicklung der Regelungen zum europäischen Straßengüterverkehr und zur Mobilität interessiert sind. Die Straßengüterverkehrslogistik ist ein so spezifisches Arbeitsfeld, das einen grenzüberschreitenden Arbeitsplatz kennzeichnet und daher durch mehrere Gesetzgebungen geprägt ist.

Bartho Pronk fügte hinzu, dass er sehr dankbar dafür ist, dass das Seminar an einem so wunderbaren Ort an der Donau vor dem Gebäude des ungarischen Parlaments stattfinden kann, und er bedankt sich im Namen von EZA für die Einladung. Er freut sich, dass 1/3 der EZA-Mitglieder bei der Veranstaltung vertreten waren. Das Thema Straßengüterverkehr ist ein wichtiges Thema auf der Agenda der Europäischen Union. Die Diskussionen dieses Seminars können als Orientierungshilfe für Fahrer und Gesetzgeber dienen. Wir müssen die größten Fehler beseitigen. Das Seminar findet zum idealen Zeitpunkt statt.

Während des Seminars wurden hauptsächlich drei Fragestellungen im Zusammenhang mit der Rechtsberatung des „Europäischen Mobilitätspakets" diskutiert:

  1. Fahrt- und Ruhezeiten: Welche einheitlichen europäischen Vorschriften über die Fahrt- und Ruhezeiten der Lkw-Fahrer sollten festgelegt werden, um unsere Straßen so sicher wie möglich zu machen und gute Arbeitsbedingungen zu gewährleisten? Sollte es für die Fahrer verpflichtend sein, ihre regelmäßige wöchentliche Ruhezeit außerhalb der Kabine zu verbringen? Müssen Arbeitgeber in diesem Fall für die Unterbringung ihrer Fahrer sorgen?
  2. Entsendung von Arbeitnehmern und angemessener Lohn: Sind angesichts der hohen Mobilität der Arbeit besondere Vorschriften für den Straßenverkehrssektor erforderlich? Nach wie vielen Tagen im Gebiet eines anderen Mitgliedstaats sollte der Grundsatz des gleichen Entgelts für gleiche Arbeit für einen Fahrer gelten, der internationale Transporte oder Kabotage durchführt?
  3. Briefkastenfirmen: Wie kann der Kampf gegen die Umgehung gesetzlicher Vorschriften, in der Regel in Bereichen wie Steuern, Sozialversicherung, Mehrwertsteuer und Löhne, verbessert werden (z.B. Stärkung der Durchsetzung, klarere Kriterien, engere Zusammenarbeit zwischen den nationalen Vollzugsbehörden usw.)? Die Hauptfrage zur Entlohnung der Arbeit ist das Problem der Entsendung von Arbeitnehmern, wie z.B. die Frage, welchen Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats der betroffene Arbeitnehmer unterliegt, wenn er in einem der Mitgliedstaaten arbeitet, aber ursprünglich nach den Vorschriften eines anderen Mitgliedstaats beschäftigt wird.

Die rechtliche Problematik, die sich aus der Regelung ergibt, ist die Frage, ob die von den Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaates betroffenen Vertragsparteien verpflichtet sind, die anderen Rechtsvorschriften zu beachten, die sich aus dem geografischen Geltungsbereich ergeben könnten. Im Wesentlichen unterliegt der Vertrag zwischen dem Arbeitgeber und dem Arbeitnehmer den Rechtsvorschriften des Landes, in dem er abgeschlossen wurde. Die Problematik löst in der Europäischen Union ernsthafte Debatten aus. Die Europäische Kommission hat Verletzungsverfahren gegen Deutschland und Frankreich eingeleitet. Der Kern des Problems besteht darin, dass die genannten Länder den Mindestlohn nicht nur für diejenigen Arbeitnehmer vorsehen, die unter der Auswirkung ihrer Gesetzgebung stehen, sondern auch für die von anderen Mitgliedstaaten entsandten Fahrer. Nach Ansicht der Kommission verstößt dies gegen das Recht auf freien Waren- und Dienstleistungsverkehr. Als Folge des oben beschriebenen Problems findet die umfassende Prüfung der Rechtsvorschriften für den Straßengüterverkehrssektor auf EU-Ebene statt, wobei die Kernfrage darin besteht, ein Gleichgewicht zwischen dem sozialen Schutz der Arbeitnehmer und der Erbringung von Dienstleistungen herzustellen.

In seiner Präsentation erklärte Herr János Fónagy, Staatssekretär im Regierungskabinett des Premierministers, ehemaliger Minister für Verkehr und Wasserressourcen, dass aufgrund der regionalen Konsolidierung der Volan-Verbände in Ungarn heute zwei öffentliche Straßengüterverkehrsunternehmen statt der bisherigen 24 tätig sind. Vor dem Regimewechsel hatten die Volan-Verbände ein gemischtes Profil, und verfügten neben dem Buspersonenverkehr ein Tätigkeitsgebiet im Güterverkehr und im Taxi-Personenverkehr. In diesem Bereich waren rund 60.000 Menschen beschäftigt. Nach fast drei Jahrzehnten der Konsolidierung und Rationalisierung sank die Zahl der Beschäftigten auf unter 20.000. Die größte Herausforderung der heutigen Zeit ist voraussichtlich die für Ende nächsten Jahres geplante Festlegung der gemeinsamen Bahn- und Busfahrpläne. Zudem unterstrich er die Bedeutung des bisherigen Tarifvertrags und des sozialen Dialogs sowie die weitere Angleichung der Löhne.

Herr Szabolcs Takács, Staatssekretär für die Entwicklung und Gestaltung der Politik der Europäischen Union im Kabinett des Premierministers, betonte: Es gibt eine ausgeprägte Abgrenzung zwischen den west- und osteuropäischen Ländern, wofür ein gutes Beispiel die Debatte ist, die sich aus der Entsenderichtlinie ergab, die so brisant wurde wie das Thema Migration. Die Visegrád-Länder bekunden ihre klare Meinung noch lauter; kürzlich haben sie ihre Einschätzung der wirtschaftlich schädlichen, für westeuropäische Länder protektionistischen Entsenderichtlinie abgegeben. Er betonte, dass die Vorschläge der Kommission die Situation der entsandten Arbeitnehmer nicht unterstützen, sondern darauf abzielen, die Arbeitnehmer und Unternehmen in Mittel- und Osteuropa von den westeuropäischen Märkten auszuschließen. Ausgehend davon ist es nicht verwunderlich, dass Ungarn die Streichung der im vergangenen Sommer angekündigten Änderungen zur Regelung der Entsendung von Arbeitnehmern vor dem Gerichtshof der Europäischen Union beantragt hat. In dieser Angelegenheit steht die ungarische Regierung in ständiger Rücksprache mit den Arbeitgebern und den Interessenvertretungen der Arbeitnehmer, die dem zustimmen.

Die eingeladenen Juristen (Judit Dr. Czuglerné, Dr. Ivány, stellvertretende Vorsitzende von MOSZ für internationale und rechtliche Angelegenheiten und Gábor T. Fodor, Fachanwalt für Arbeitsrecht) stellten neben der Vorstellung der neuesten Entwicklungen in der EU-Gesetzgebung für die Beschäftigten im Straßengüterverkehr dar, dass die Regelung der Fahrt- und Ruhezeiten der Fahrer äußerst kompliziert ist, da die drei trennbaren Regelwerke selbst sehr komplex sind und einen großen Spielraum für Tarifverhandlungen bieten.

Mit großem Interesse diskutierten die Teilnehmer des Seminars die oben beschriebenen Themen, aus denen sie einen tiefer gehenden Einblick in die spezifischen Gesetzgebungen und Problematiken in der Praxis der vertretenen Länder gewinnen konnten, die nach jedem Vortrag diskutiert wurden.

Carlos Viegas Vitorino von „Cifotie" erklärte: Es wurde ein neuer Tarifvertrag in diesem Sektor ausgehandelt. Demzufolge müssen Fahrer, die das Ent- und Beladen der transportierten Güter gleichzeitig durchführen, über einen Vertrag verfügen, der diese Aufgaben regelt. Der Tarifvertrag erlaubt keine Überschreitung von Überstunden über 60 Stunden pro Woche und 48 Stunden pro Monat. Obwohl er das Ergebnis eines extrem langen Verhandlungsprozesses ist, ist es sehr schwierig, die Umsetzung und Kontrolle seiner Umsetzung in der Praxis zu überwachen.

Eines der Hauptprobleme ist, dass Portugal an der Grenze des Kontinents liegt, sie müssen Tausende von Kilometern zurücklegen. „Die Seeleute der Asphaltstraße" verbringen viel Zeit fernab von ihren Familien. Zudem haben sie die Problematik der Zeit, die außerhalb des Heimatlandes verbracht wird, und den Schutz von persönlichen Gegenständen auf der Agenda: Waren, Kraftstoff und persönliche Gegenstände werden gestohlen. Die Situation wird immer schlimmer, deshalb übernachten die Fahrer in ihren Kabinen. Sie sind sich dessen bewusst, dass dies ein illegales Verhalten ist, aber da der Schutz/die Sicherheit auf Parkplätzen fehlt, sind sie gezwungen, dies zu tun. Die Frage des Pensionierungsalters ist wichtig. Heute steht sie auf der politischen Agenda, was ein positives Zeichen ist. Ebenso wichtig ist es, dass der portugiesische Präsident eine Reise von Lissabon nach Porto unternahm, um zu sehen, wie Fahrer „leben" und welche beruflichen Probleme auftreten. Die Gewerkschaften sind sich der Tatsache bewusst, dass gleiche Arbeitszeitbedingungen nicht gewährleistet werden können. Nach Auffassung der portugiesischen Regierung können die Beschäftigten im Straßengüterverkehr keine einheitliche Antwort auf ihre Probleme innerhalb des Landes erhalten, nur die Europäische Union, die nach Gleichberechtigung und Chancengleichheit strebt, könnte eine Lösung sein; diese derzeitige Zusammenarbeit fördert dieses Anliegen.

Cesar Rodriguez aus Spanien erklärte, dass der Wettbewerb stark ist und die Kosten aus den Löhnen der Mitarbeiter bezahlt werden. Es ist üblich, dass die Fahrer 25 Tage am Stück arbeiten, während dieser Zeit nicht nach Hause zurückkehren und keine warmen Mahlzeiten zu sich nehmen können. Dies muss überprüft werden. Früher verdienten die Fahrer mehr und wurden besser behandelt. Die Belastung durch Witterung, Körperpflege und Diebstahl ist konstant. Wie kann dieser Beruf attraktiv sein? Vielleicht könnte die Lösung darin bestehen, dass die Fahrer Unternehmer sind?

Veselina Starcheva (Podkrepa CL.) erläuterte, dass bulgarische Fahrer nicht gezwungen werden wollen, in einem Hotelzimmer zu schlafen. Es gibt einige, die in ihren Fahrzeugen bleiben wollen, weil sie sich dort sicherer fühlen. Es gibt eine Debatte über dieses Thema. Es gibt keine Duschmöglichkeit, keine Toilette. Dabei ist es wichtig zu erwähnen, dass Fahrer aus verschiedenen Ländern unterschiedliche Lebensstandards und Ansprüche haben. Bulgarische Fahrer haben andere Möglichkeiten, als zum Beispiel spanische Fahrer. Außerdem sprechen wir von Erwachsenen, die über ihr Leben selbst entscheiden können. Sie wünschen sich ein angenehmes Leben, aber wenn sie es sich nicht leisten können, tun sie es einfach nicht. Diese Kosten müssen von den Arbeitgebern getragen werden. Wissen sie, dass Fahrer in Kunststoffflaschen pinkeln müssen, weil es keine Toiletten gibt?

Ferenc Baranyai von der Gewerkschaft Straßengüterverkehr, Ungarn: Mit dem Mobilitätspaket hat sich die Europäische Union mehr als genug vorgenommen. Die Unterschiede sind groß. Bei der termingerechten Personenbeförderung kommt es vor, dass der Fahrer trotz der Anzeige des Fahrtenschreibers nicht anhalten kann, um eine verspätete Ankunft an weiteren Haltestellen zu vermeiden. Sie sind der Ansicht, dass der zeitlich gesteuerte Personenverkehr einer spezifischen Regelung bedarf.

Italienische Kollegen berichteten, dass bei Fahrern nach medizinischen Untersuchungen psychophysische Erkrankungen diagnostiziert wurden: Gelenk- und Wirbelsäulenerkrankungen. Auch wenn es moderne Technologien gibt, können diese nur begrenzt Lösungen bieten. Das Leben kann nicht wirklich auf ein einziges Fahrzeug beschränkt werden. Die Gewerkschaften müssen flexibel sein, wenn die Fahrer die Wahl hätten, würden sie nicht anhalten und hinter die Räder pinkeln. Man muss nicht den Job selbst sehen, aber die Leute, die den Job machen, ihre Interessen sind diejenigen, die berücksichtigt werden müssen. In den postsowjetischen Ländern gilt der Tagessatz als Einkommen und die Kosten werden nicht berücksichtigt. Solange die Löhne nicht den westeuropäischen Niveaus entsprechen, sind die Fahrer motiviert, Kosten zu sparen, und es ist schwierig, einen Konsens zu erzielen.

Imre Palkovics fügte hinzu: Das Dilemma für die osteuropäischen Länder besteht darin, dass wir die Arbeitsbedingungen verbessern wollen, aber ein anderer Aspekt ist die Wettbewerbsfähigkeit der beschäftigenden Unternehmen, die diese Bedingungen vorgeben. Die Unternehmen gehen in Insolvenz, wenn die Kosten steigen. Osteuropäische Unternehmen stehen unter starkem Druck. Wir müssen deutlich feststellen, dass osteuropäische Unternehmen an dem Mangel an Eigenkapital im Vergleich zu ihren westeuropäischen Wettbewerbern scheitern.

Mara Erdelj, die Vorsitzende der serbischen SS Bofos, stellte die Frage: Wenn die Vorschriften nicht eindeutig sind, wie können wir dann die Einhaltung der rechtlichen Rahmenbedingungen gewährleisten? Dies ist ein großes rechtliches Problem. Die Hauptverantwortung liegt beim Gesetzgeber. Die Gesetzgeber müssen verpflichtet werden, eindeutige Vorschriften zu erlassen. Einführungen und Vorbehandlungen vor Richtlinien und den Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs sind wichtig. Dies ist im Falle der neuen Verordnung nicht möglich.