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Prekäre Jugendbeschäftigung – Herausforderungen und Lösungen durch stärkere Einbindung junger Menschen in den sozialen Dialog

Vom 28. bis 30. September 2017 fand in Platres, Zypern, in Zusammenarbeit mit KIKEA-DEOK (Zypriotisches Institut für Schulung/Ausbildung und Beschäftigung (KIKEA) - DEOK) die 6. Jugendkonferenz der EZA-Plattform für junge Arbeiternehmer (Platform for Young Workers, PYW) über "Prekäre Jugendbeschäftigung – Herausforderungen und Lösungen durch stärkere Einbindung junger Menschen in den sozialen Dialog" statt. 40 Teilnehmer aus 18 europäischen Ländern diskutierten die Situation von Jugendlichen in prekären Arbeitsverhältnissen sowie die Zufriedenheit bei der Arbeit.

Zunächst stellte die Kerngruppe der EZA-Plattform für junge Arbeitnehmer ihre Arbeit vor. Katrin Stancheva (PODKREPA, Bulgarien) stellte Ergebnisse eines Fragebogens vor, der in den Monaten vor der Jugendkonferenz verteilt worden war. Dieser Fragebogen war vorbereitet worden, um „die Stimme und die Interessen der Jugendlichen zu hören“, damit die Kerngruppe die Jugendlichen im EZA-Netzwerk entsprechend vertreten kann und ein Gefühl für die Situation der Jugend auf dem Arbeitsmarkt bekommt. Die meisten Befragten waren angestellt, verfügten über einen Master- oder einen Hochschulabschluss und hatten einen unbefristeten Vollzeitvertrag. 22% von ihnen betrachteten sich als zufriedene Arbeitnehmer. Ihr Gehalt lag im Bereich zwischen €200 und €400 pro Monat. Das wichtigste Problem für junge Menschen in der EU heutzutage sind die niedrigen Einkommen. Die Mehrheit der jungen Menschen zieht es vor, in der Hauptstadt und in den Großstädten zu leben. 58% der Befragten haben die öffentlichen Arbeitsvermittlungsdienste noch nicht genutzt. Von denjenigen, die dies getan haben, ist die Mehrheit mit der dort gebotenen Unterstützung unzufrieden. 39% der Befragten haben noch nie von der Jugendgarantie und ihren Möglichkeiten gehört.

Als nächstes konnten junge Vertreter ihr kritisches Denken bei einem Gedankenaustausch mit einem Vertreter der zyprischen Arbeitsministerin, Frau Zeta Emilianidou, entwickeln. Sie wies darauf hin, dass Europa bei seinen Bemühungen zur Wiederherstellung des Wirtschaftswachstums und zur Senkung der Arbeitslosigkeit, insbesondere für junge Menschen, eine Reihe von Maßnahmen eingeleitet habe, darunter die Jugendgarantie und die Jugendbeschäftigungsinitiative. Diese Maßnahmen zielten in erster Linie auf die Verbesserung der Qualifikationen, die Förderung von Maßnahmen zur Unterstützung der am weitesten vom Arbeitsmarkt entfernten Jugendlichen, die Verbesserung der Qualifikationen, die Stärkung der Laufbahnberatung und die Verbesserung der Stellensuche sowie die Verbesserung der Jugendbereitschaft für die Unternehmensentwicklung ab. Der Sprecher stellte das Nationale Bildungsportal vor, das die offizielle nationale Datenbank für die Bildungschancen in Zypern ist. Es wurde im Rahmen des Europäischen Portals für Lernangebote entwickelt und von der Europäischen Kommission finanziert. Das Ziel des Portals ist es, ein gültiges und zuverlässiges Instrument zu sein, das jedem europäischen Bürger zur Verfügung steht, der daran interessiert ist, mehr über die Bildungsmöglichkeiten in Zypern zu erfahren. Das Nationale Bildungsportal wurde in Zusammenarbeit mit dem Ministerium für Bildung und Kultur und dem Ministerium für Arbeit, Wohlfahrt und Soziales geschaffen.

Die Teilnehmer wurden anschließend in das Thema 'junge Leute in prekärer Arbeit' auf experimentelle Weise eingeführt. Alle 40 Teilnehmer wurden gebeten, sich in einer Reihe auf dem nahegelegenen Fußballplatz aufzustellen. Die Koordinatorin der Kerngruppe, Neza Repansek, von der Socialna Akademija, forderte die Teilnehmer auf, einen Schritt nach vorn zu gehen, wenn die Herausforderung des Übergangs von der Schule zum Berufsleben auf sie zutreffe. Den Teilnehmern wurden 15 Fragen gestellt, zum Beispiel ob sie länger studiert haben, um den Eintritt in den Arbeitsmarkt zu verschieben, ob sie wegen finanzieller Schwierigkeiten zu ihren Eltern zurückkehren mussten, ob sie das Gefühl hatten, dass sie selbstständig leben könnten, usw. Nach Beantwortung aller Fragen gab es keine einzige Linie mehr auf dem Fußballplatz. Die Teilnehmer waren verstreut, aber die meisten von ihnen hatten mehrere der genannten Herausforderungen auf der Weg von der Schule bis zur Arbeit bewältigen müssen. Die Ergebnisse dieser Stichprobe an Erfahrungen junger Arbeitnehmer in ganz Europa wurden anschließend in der Podiumsdiskussion über 'junge Menschen in prekärer Arbeit' bestätigt. Bei dieser Podiumsdiskussion teilte Nerea Cabrea von der USO (Spanien) Erkenntnisse aus dem USO-Bericht über 'die Situation der Jugend in Spanien 2016-2017' mit, und Dr. Lyuba Spasova (Institut für Gesellschaftsforschung und Wissen der Bulgarischen Akademie der Wissenschaften) stellte die Ergebnisse des Verhandlungsforschungsprojekts über 'frühe Arbeitsplatzunsicherheit und Konsequenzen für den Übergang ins Erwachsenenalter' vor. Bei diesem Forschungsprojekt wurden 209 halbstrukturierte Lebenslaufinterviews mit drei Geburtskohorten durchgeführt. Alle Befragten hatten bereits im Alter von 25 Jahren Arbeitslosigkeit oder Arbeitsplatzunsicherheit erlebt. Die Forscher konnten vier Schilderungen aufdecken, mit denen die jungen Vertreter sich auch identifizieren konnten:

  • die Stolper-Schilderung: anfängliche, aber vorübergehende Schwierigkeiten beim Übergang von der Bildung zur Arbeit,
  • die Prekariat-Schilderung: eine Lebenssituation wirtschaftlicher Unsicherheit aufgrund des Fehlens einer Festanstellung, befristete Beschäftigung mit oder ohne Vertrag,
  • die unordentliche Lebensschilderung: chaotische Erziehung, Krankheit und/oder Missbrauch,
  • die Große Krise-Schilderung: katastrophale gesellschaftliche Krise und Verlust, geprägt von einem Gefühl der Hoffnungslosigkeit, Arbeitslosigkeit als Schicksal, das völlig außerhalb der Kontrolle des Befragten liegt.

Cristian Baldea (IFES) stellte die Situation junger Menschen in Osteuropa vor und führte praktische Beispiele an, wie IFES Projekte entwickelt werden, um jungen Arbeitnehmern den Zugang zum Arbeitsmarkt in Rumänien zu erleichtern. Katrin Stancheva (PODKREPA) informiete über gute Praktiken der Jugendabteilung in Bulgarien. Zuerst stellte sie die 'Übergang zum Arbeitsmarkt'-Initiativen der Gewerkschaft vor, bei denen den Absolventen Kurse in Form eines Anschreibens und eines Vorstellungsgesprächs angeboten werden und diese anschließend über Arbeits- und Sozialversicherungsrechte informiert werden. Als nächstes präsentierte Frau Stancheva die Gewerkschaftsinitiativen, um mobile Studenten, Arbeiter und Auszubildende mit Informationen, Rat und Unterstützung in Bulgarien zu unterstützen, bevor sie zum  Arbeiten ins Ausland gehen. Darüber hinaus kooperiert PODKREPA mit verschiedenen Partnergewerkschaften, NGOs und Universitäten aus den Gastländern usw., um mobile Bürger zu erreichen. Schließlich stellte sie die Hauptkategorien der mobilen 'Jugend' entsprechend ihres Bildungsstatus vor: 1) Studenten, die an einer Universität oder einer anderen Bildungseinrichtung in einem anderen europäischen Land studieren, 2) Universitätsabsolventen, die arbeiten oder im Ausland nach Arbeit suchen (die Höherqualifizierten) und 3) Nicht-Absolventen, die arbeiten oder im Ausland Arbeit suchen.

Als letzte Übung des ersten Tages wurden die Teilnehmer gebeten, an einem dreigliedrigen sozialen Dialog über 'das Recht zur Trennung' teilzunehmen. Die Teilnehmer wurden in Vertreter der Regierung, der Arbeitnehmerorganisationen und der Arbeitgeberorganisation unterteilt. In einer ersten Gesprächsrunde präsentierte jede Partei ihren Standpunkt zu diesem Thema. Die Arbeitnehmer sprachen sich für eine Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben aus und betonten, dass die Arbeitgeber die Arbeitszeitvorschriften einhalten sollten. Sie betonten auch den hohen Arbeitsdruck und den wachsenden Burn-Out-Anteil in der Bevölkerung. Die Arbeitgebergruppe betonte die Notwendigkeit, Arbeitsplätze in Europa zu erhalten, und sagte, dass sie die Kosten im Moment senken müssten, aber sobald das Wirtschaftswachstum wieder anziehen würde, wären sie bereit, die Angelegenheit erneut zu besprechen. Die Regierung erklärte, dass es zu früh sei, um einzugreifen, aber wenn die Sozialpartner eine Einigung finden würden, sei die Regierung bereit, sie umzusetzen. Alle Gruppen erhielten dann die Zeit, um mit ihren Partnern über ihre Position zu verhandeln. In der zweiten Verhandlungsrunde haben die drei Parteien Vorschläge unterbreitet, konnten jedoch keine Einigung erzielen.

Am zweiten Tag der Jugendkonferenz wurden die Teilnehmer in das Thema 'Zufriedenheit bei der Arbeit' durch 'zufriedenheitsorientierte Spiele' eingeführt. Durch diese Spiele lernten die Teilnehmer auf nicht-formale Art und Weise, in einem Team zusammenzuarbeiten, und entdeckten, wie Unternehmen Organisationsstrukturen aufbauen können, durch die Mitarbeiter gegeneinander konkurrieren. Über Gruppenarbeit schien es eher so, dass die jungen Leute mehr erreichten, wenn sie zusammen arbeiteten als wenn sie gegeneinander konkurrierten. Der Krifa-Vertreter Benjamin Damsgaard untermauerte die Erfahrungen der Teilnehmer mit dem Krifa-Bericht zur Arbeitszufriedenheit, in dem verschiedene Faktoren skizziert werden, die die Arbeitszufriedenheit bestimmen. Einfluss, Erfolge und Kollegen sind nur einige der Indikatoren, die sich in Dänemark als entscheidend für die Zufriedenheit der Arbeitnehmer erwiesen haben. Durch einen interaktiven Fragebogen zum Thema entdeckten die Teilnehmer verschiedene Aspekte der Arbeitszufriedenheit Die direkte Umfrage ergab unter anderem, dass fast 70% der Teilnehmer sich bei der Arbeit eher glücklich fühlten (eine Punktzahl von 7 oder mehr auf einer Skala von 1 bis 10). 75% der Teilnehmer arbeiteten mehr als 35 Stunden pro Woche und 80% der Teilnehmer leisteten Überstunden. Von denen, die Überstunden leisteten, würden 75% nicht für Überstunden bezahlt. Die teilnehmenden Jugendlichen betrachten Kollegen am Arbeitsplatz für wichtig, finden Erfüllung in ihrer Arbeit, indem sie Aufgaben erledigen können, ihren Lohn erhalten und ihre Fähigkeiten bei der Arbeit einsetzen.