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Kapazitätsaufbau für den sozialen Dialog im Bereich der öffentlichen Verwaltung

Vom 12. bis 13. März 2018 fand in Wien (Österreich) ein Seminar zum Thema „Kapazitätsaufbau für den sozialen Dialog im Bereich der öffentlichen Verwaltung“ statt, das von EUROFEDOP (Europese Federatie van het Overheidspersoneel) mit Unterstützung der EZA und der Europäischen Union organisiert wurde.

Das zweitägige Seminar bot den Teilnehmern ein reichhaltiges Programm. Bei der Entwicklung des Programms haben die Organisatoren die unterschiedlichen Praktiken des sozialen Dialogs der Vertreter der teilnehmenden Länder berücksichtigt. Fritz Neugebauer, der Präsident von Eurofedop, betonte, dass die Verhandlungen in jeder Nation die gleiche Bedeutung hätten und dass die Europäische Union die erforderliche Struktur für den sozialen Dialog zwar geschaffen habe, aber die Art und Weise, in der der soziale Dialog auf nationaler Ebene organisiert werde, bleibe weiterhin die Verantwortung jedes einzelnen Mitgliedstaat. Wie er sagte: „Es ist eine erwiesene wissenschaftliche Tatsache, dass der soziale Dialog für die Gesellschaft sowohl aus wirtschaftlicher als auch aus sozialer Sicht von Vorteil ist“.

Bert van Caelenberg, Generalsekretär von Eurofedop, erklärte: ein zunehmender Einsatz von IKT bei der Arbeit habe dazu geführt, dass die öffentliche Verwaltung vor der großen Herausforderung der Anpassung an einen sich ständig verändernden Arbeitsmarkt sowie die Probleme der Teilzeitbeschäftigung und der prekären Arbeit, die Anpassung an gesellschaftliche Veränderungen, die ständige Entwicklung sowie die Planung der Bedingungen für Telearbeit stehe.

Die Teilnehmer konnten anhand der Präsentationen positive Beispiele bezüglich der Herausforderungen des modernen Zeitalters sehen und hören:

Dr. Karin Petter-Trausnitz aus Österreich, FCG, sprach über die Work-Life-Balance. Árpád, Leiter der obersten Ebene der ungarischen Steuer- und Zollbehörde (NAV) sowie Mitglied der Gewerkschaft VPDSZ, erläuterte die jüngsten und bevorstehenden Entwicklungen der elektronischen Besteuerung. Die Mitglieder des Seminars haben das Gebäude des Bundesministeriums für Finanzen besucht, wo Mag. Alfred Hacker einen Vortrag über die "Implementierung moderner IKT" hielt. In seinem Vortrag stellte er die Struktur, Strategie und den Digitalisierungsprozess des Ministeriums vor. Herbert Bayer, der Präsident der nationalen Finanzabteilung, stellte die Umwandlung des Ministeriums aus Sicht der Gewerkschaften vor. Am zweiten Vormittag des Seminars erhielten die Teilnehmer von Wilhelm Gloss einen Überblick über die Struktur der Arbeitnehmerorganisationen in Österreich.

Nach der Diskussion der positiven Beispiele wurden während der Debatte aus den osteuropäischen Ländern und den Balkanländern mehrere Probleme aufgedeckt: Es stellte sich heraus, dass an vielen Orten die von der IAO ratifizierten Bestimmungen nicht eingehalten wurden, an anderen Orten wie in Albanien können sich Verhandlungen aufgrund von illegalen Entlassungen über Jahre hinziehen. Es ist üblich, dass es dort kein ausreichendes Kinderbetreuungssystem, keine Kindertagesstätten an Arbeitsplätzen gebe und es besteht ein erhebliches geschlechtsspezifisches Lohngefälle in der öffentlichen Verwaltung. In bestimmten Ländern wie Serbien, wo die Digitalisierung nicht weit verbreitet ist, befürchten die Arbeitnehmer, dass dieser Übergang negative Folgen mit sich bringt, wie die Depression der Arbeitnehmer sowie Arbeitslosigkeit. In Ländern mit einer höheren Digitalisierung wie Österreich oder Ungarn gab es eine positivere Meinung über die Tendenzen.

Während des letzten Teils des Seminars haben sich die Teilnehmer auf eine gemeinsame Proklamation geeinigt, die neben den Löhnen auch die Verbesserung der Arbeitsumgebung beinhaltet. Dazu gehören die berufliche Entwicklung, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, die allgemeine Gesundheit und die gleiche Würdigung von Männern und Frauen. Der soziale Dialog wird stark betont, die Arbeitszeitgrenzen, die Regelung von Urlaub und Überstunden und die Umleitung der Arbeitskräfte, die aufgrund der Digitalisierung entlassen werden, in andere Berufe. Die Arbeitgeber sollten die Notwendigkeit der Kinderbetreuung berücksichtigen und Eltern mit Kleinkindern Teilzeit- und Home-Office-Zusagen gewähren.

Am Ende des Seminars haben die Teilnehmer die Proklamation mit geringfügigen Änderungen angenommen, die später auf Englisch verschickt werden.

Bert van Caelenberg schloss den Tag mit folgenden Worten: In der Europäischen Union spielt der soziale Dialog eine wichtige Rolle. Das Europäische Parlament hat ein Rahmenabkommen für vierzig Sektoren umgesetzt. Leider ist der Sektor der öffentlichen Verwaltung in dieser Vereinbarung nicht enthalten, daher hat die gemeinsame Verkündigung eine große Bedeutung. Die Wahrung minimaler Trends, die intensiven Verhandlungen und die Herstellung von Vertrauen sind wichtig.

Auflösung

Die Vereinbarkeit von Laufbahnentwicklung und individueller Familienplanung ist auch für die öffentlichen Dienste in den Ländern des westlichen Balkans sowie in den mittel- und osteuropäischen Ländern von großer Bedeutung.

Eine gute Arbeitsleistung hängt nicht nur von Faktoren wie einem festen Arbeitsplatz oder einem regelmäßigen Einkommen ab, sondern ist vielmehr das Ergebnis einer Vielzahl von Faktoren.

Ein wichtiger Faktor ist eine ausgewogene Work-Life-Balance, um gesund und produktiv zu bleiben.

EUROFEDOP fordert daher einen gemeinsamen Ansatz, der darauf abzielt, die Bedeutung familienfreundlicher Arbeitsbedingungen für Frauen und Männer in diesem Sektor zu fördern, und fordert die öffentlichen Arbeitgeber daher auf,

  1. die Bemühungen von Müttern und Vätern, ihr Berufs- und Privatleben sowie ihren Alltag zu organisieren, stärker zu respektieren und zu würdigen;
  2. ihre organisatorische Verantwortung für die Mitarbeiter in Bezug auf die Vereinbarkeit beider Lebensbereiche durch den sozialen Dialog (z. B. bei Arbeitszeitvereinbarungen, bei Überstundenanfragen, bei der Urlaubsplanung, bei der Einführung neuer Arbeitsmethoden, bei der Vergabe von Arbeitsplätzen an anderen Standorten) zu übernehmen;
  3. und drängt auch die öffentlichen Arbeitgeber, unter Berücksichtigung der betrieblichen Bedürfnisse,
  • Mütter und Väter im Einzelfall dabei zu unterstützen und es ihnen leichter zu machen, ihrer beruflichen und familiären Verantwortung gerecht zu werden, sowie
  • die individuelle Versöhnung beider Lebensbereiche, z. B. durch Teilzeitarbeit zu födern
  • den sozialen Herausforderungen mehr Aufmerksamkeit entgegenzubrinen, die sich aus den gestiegenen Bedürfnissen von Frauen und Männern ergeben, ihre Familien zu versorgen und dies zu berücksichtigen. Mütter und Eltern sind heute stärker von Armut bedroht, vor allem wenn mehrere Menschen von extrem niedrigen Einkommen leben müssen. Darüber hinaus besteht ein dringender Bedarf an mehr Kinderkrippen, Kindertagestätte und Kindergaerten sowie weiteren Steuersenkungen. Für viele ist das Risiko, in Armut zu geraten, der Grund, warum sie sich nicht dafür entscheiden, eine Familie zu gründen und Kinder zu bekommen.

Diese Forderungen, die EUROFEDOP in dieser Entschließung formuliert, basieren auf der Überzeugung, dass wir ein EUROPA brauchen, das darauf abzielt, uns und unseren Kindern Wohlstand und das Recht auf einen angemessenen Lebensstandard zu garantieren.

Wien, 13. März 2018                                                                   einstimmig angenommen