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Sozialer Dialog in multinationalen Unternehmen in der Baustoff- und Bauindustrie

Eine Konferenz mit dem Titel „Sozialer Dialog in multinationalen Unternehmen in der Baustoff- und Bauindustrie” wurde in Zusammenarbeit mit der serbischen Gewerkschaft für Arbeitnehmer aus der Baustoff- und Bauindustrie und mit der serbischen autonomen Gewerkschaft für Straßenwartungsarbeiter vom 19.-20. Juni 2019 in Belgrad mit der finanziellen Unterstützung von EZA und der Europäischen Union von BIE Int. (Bouw-Industrie & Energie International) organisiert.

Die Konferenz fand im Rahmen des EZA-Sonderprojektes für Arbeitnehmer-organisationen im westlichen Balkan statt.

An der Konferenz nahmen Vertreter von Branchengewerkschaften und Gewerk-schaftsvertreter aus Polen, den Niederlanden, Belgien, Österreich, Nordmazedonien, Montenegro, Kroatien und Serbien teil. Bei der Organisation des Programmes wurde durch Gruppenarbeit und Podiumsdiskussionen von einer aktiven Beteiligung ausgegangen.

Die folgenden Schlussfolgerungen wurden verabschiedet:

Vertreter derjenigen Unternehmen, die am Seminar teilnahmen, diskutierten über den Zustand des sozialen Dialogs in ihren jeweiligen Unternehmen bzw. in den Ländern, aus denen sie kommen. Die Seminarteilnehmer betonten, dass sich die Qualität des sozialen Dialogs unter den einzelnen Ländern stark unterscheidet. Das hat viel mit dem gesetzlichen Rahmen in den unterschiedlichen Ländern und/oder der Repräsentation der Sozialpartner zu tun. Beides hängt sehr stark miteinander zusammen.

Die Teilnehmer hoben hervor, dass es einen funktionierenden sozialen Dialog gebe und dass in den anwesenden Unternehmen regelmäßig Tarifverhandlungen stattfänden. Tarifverträge würden eingehalten und die Verpflichtungen erfüllt (CTH, Titan, Carmeuse). Bei STRABAG in Serbien sieht die Situation jedoch anders aus. Dort gibt es keinen Tarifvertrag und der Arbeitgeber behandelt seine Mitarbeiter schlecht. Die Vertreter des Arbeitgebers STRABAG in Serbien lehnen Verhandlungen zum Abschluss eines Tarifvertrages ab und der Gewerkschaftsvorsitzende des Unternehmens wurde aufgrund von Gewerkschaftstätigkeiten entlassen. Weitere Tätigkeiten zu diesem Thema werden in Zusammenarbeit mit Christian Fölzer, Experte für internationale Angelegenheiten der österreichischen Gewerkschaft GBH, von der serbischen autonomen Gewerkschaft für Straßenwartungsarbeiter vorgenommen werden.

Alle Teilnehmer waren sich einig, dass die Weitergabe von Aufträgen an Subunternehmer und die Auslagerung von Dienstleistungen die Gewerkschaften vor große Herausforderungen stellt. In einigen Fällen kann die Situation für Arbeitnehmer in Zuliefererunternehmen sehr schlecht sein. Es wurden Fälle gemeldet, bei denen eine Tätigkeit an sechs Unternehmen nacheinander weitergegeben wurde. In diesen Fällen lassen sich die Arbeitsbedingungen nur schwer überwachen und eine Gleichbehandlung aller Arbeitnehmer an einem Standort nur schwer durchsetzen.

Die Migration und Mobilität von Arbeitnehmern und Unternehmen hat in allen auf dem Seminar vertretenen Ländern große Auswirkungen auf den dortigen Arbeitsmarkt, und zwar sowohl in sogenannten Entsendeländern als auch in Aufnahmeländern. In vielen Fällen sind Entsendeländer gleichzeitig auch Aufnahmeländer. Junge und qualifizierte Arbeitnehmer verlassen die Region scharenweise, um in anderen EU-Ländern nach besseren Arbeitsplätzen zu suchen und höhere Löhne zu erhalten. Die Region bleibt dann mit einem Mangel an (qualifizierten) Arbeitnehmern zurück. Die weitere Öffnung des Baumarktes für den freien Wettbewerb führte zu einer zunehmenden Präsenz von ausländischen Unternehmen und  Wanderarbeitern (Herkunft aus der EU und aus Drittländern). Manchmal halten diese Unternehmen sich nicht an die geltende Gesetzgebung und/oder bestehende Kulturen für Tarifverhandlungen.

Es wurde über die guten Erfahrungen der kroatischen Baugewerkschaft diskutiert, der es gelungen ist, einen Tarifvertrag mit dem chinesischen Unternehmen CRBC zu unterzeichnen (für das Projekt des Baus der Peljesac-Brücke).

Weitere Diskussionen konzentrierten sich auf die praktische Erfahrung von Betriebsräten und Europäischen Betriebsräten in der Region. In einigen Fällen konnten diese nicht gegründet werden, obwohl sie durch das jeweilige Arbeitsrecht verlangt werden. In allen Fällen besteht Bedarf, die Mitglieder des Betriebsrates weiterzubilden.

Es wurde vereinbart, dass die Gewerkschaftsvertreter von Titan aus Griechenland nach Möglichkeit am nächsten Seminar teilnehmen werden.

Die allgemeine Schlussfolgerung lautet, dass das nächste Seminar den Charakter einer Weiterbildung mit spezifischem Fokus auf Arbeitnehmerrechte in den folgenden Ländern der Europäischen Union haben soll: Deutschland, Belgien, die Niederlande, Schweden und Slowenien.