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„Sozialen Dialog stärken – Europäische Integration gestalten“: Sonderprojekt für Arbeitnehmerorganisationen im westlichen Balkan - Evaluierungsseminar

Vom 24. bis 26. Februar 2020 fand in Wien / Österreich das Evaluierungs- und Perspektiven Seminar des EZA-Sonderprojekts für Arbeitnehmerorganisationen im westlichen Balkan statt, organisiert von ÖZA (Österreichisches Zentrum für Arbeitnehmerbildung), mit Unterstützung von EZA und der Europäischen Union.

Die rund 60 Teilnehmer/innen kamen von Arbeitnehmerorganisationen aus folgenden 15 Ländern: Albanien, Belgien, Bosnien-Herzegowina (Gäste), Bulgarien, Deutschland, Italien, Kosovo (Gäste), Kroatien, Luxemburg, Montenegro, Nordmazedonien, Österreich, Serbien, Slowenien und Ungarn.

Eröffnung des Seminars und Begrüßung durch die Veranstalter: In Vertretung des ÖZA Präsidenten Norbert SCHNEDL, weist Generalsekretär Andreas GJECAJ in seinem Grußwort auf die deutlich erhöhte Teilnehmer/innenzahl beim heurigen Seminar hin.

Als Vize-Präsident von EZA begrüßt Veselin MITOV die Teilnehmer/innen und gibt einen ersten Überblick über die aktuelle Situation im Westbalkan, als einer Region zwischen Hoffnung und Wirklichkeit. Obwohl die Länder sich ständig bemühen Fortschritte zu erzielen, im Bereich der Justiz, in der Bekämpfung der Korruption und bei der Rechtsstaatlichkeit, wurden keine neuen Beitrittsverhandlungen eröffnet. Die neue EU-Kommission unter Von der Leyen will aber den Prozess vorantreiben und „niemand zurücklassen“.

Vorstellung der Teilnehmenden: In seiner Einführung betont Norbert KLEIN, dass sich EZA seit rund 8 Jahren intensiv bemüht, den sozialen Dialog in der Region des westlichen Balkans voranzutreiben, weil diese Region zu Europa gehört und daher auch Mitglied der EU werden soll..

„Durchsetzen aber wie? – Strategien für ein starke Interessensvertretung“

In einem Impulsreferat stellt die Bildungsreferentin der FCG-Österreich, Dr. Karin PETTER-TRAUSZNITZ, dar, wie ein Interessenausgleich gelingen kann. Sie beschreibt Strategien, zielorientiertes Handeln, Umgang mit Macht und die Notwendigkeit, die eigene Rolle zu klären und Haltung zu beweisen, damit positive Veränderung entstehen kann.

„Dialog über den sozialen Dialog führen: Erfolgreich mit EU-Institutionen zusammenarbeiten – Möglichkeiten, Haltungen, Interessen, Strategien“

Der ehemalige Stv. Abteilungsleiter in der GD zur EU-Erweiterung a.D., Mag. Franz Günter CERMAK, schildert den Aufbau und die Funktion der Brüsseler Institutionen. Diese können, z.B. über diplomatische Vertretungen und EU-Botschafter, in den Dialog eingebunden werden. Wenn Arbeitnehmerorganisationen ihre Interessen in der EU wahrnehmen wollen, ist es wichtig eigene Initiativen und Vorschläge mit Geduld und Beharrlichkeit zu präsentieren.

Arbeitnehmerpolitik in Europa gestalten – die Rolle des Europäischen Parlaments: Der EU-Parlamentarier Lukas MANDL berichtet von geopolitischen Interessen in der Region: „Wir müssen uns als EU mehr beeilen, als wir vom Westbalkan Geduld verlangen können“. Die Problemlagen sind lange bekannt, besonders der Arbeitsmarkt muss vor Ort eine echte Perspektive für junge Menschen aufzeigen und deren Lebensqualität deutlich verbessern. Dazu müssen in der Region Westbalkan bei Gesundheit, Bildung, Rechtsstaatlichkeit weitere Fortschritte erzielt und zugleich die Korruption bekämpft werden. Die EU muss insgesamt schneller werden, sich vom reinen „Konsum-Kontinent“ wieder zu eigener Produktion und Innovation entwickeln, wobei der Westbalkan, mit jungen und gut ausgebildeten Menschen, eine Zukunftsregion für das „Digitale Zeitalter“ werden könne.

Arbeitnehmerpolitik in Europa gestalten – die Möglichkeiten der Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses: Zunächst beschreibt Veselin MITOV die Zusammensetzung des EWSA, in dem neben Arbeitgebern/innen und Arbeitnehmern/innen auch die weitere Zivilgesellschaft vertreten ist. Die neue EU-Kommission hat bereits im ersten Jahr 28 Initiativen gestartet. Dabei verfolgt sie folgende Schwerpunkte: Der „Green Deal“ soll die EU-Staaten bis 2050 klimaneutral machen; die „digitale Transformation“ hat unsere Art zu leben und zu arbeiten radikal verändert; als sozialer Schwerpunkt wurde die Initiative zur Einführung eines „europäischen Mindestlohns“ gestartet. Derzeit liegen die Mindestlöhne zwischen 2.450,- Euro (Luxemburg) und 350,- Euro (Bulgarien), daher ist kein fixer Wert angedacht, sondern z.B. 60% des jeweiligen Durchschnittseinkommens in den Ländern.

Lobby-Werkstatt: In dieser Arbeitsphase wird in zwei Gruppen ein strategisches Ziel für die jeweiligen Organisationen anhand von 3 Punkten erarbeitet.

  • Revue passieren lassen der Inputs: Neue Ideen? Neue Fragen?
  • Kernanliegen, die in Eurer Arbeit wichtig sind, identifizieren
  • Wie umsetzen? Wer kann „Bündnispartner/in“ sein?

Präsentation, Diskussion und Zusammenfassung der Ergebnisse der Arbeitsgruppen im Plenum

Moderation: Norbert KLEIN, EZA

Aus den Arbeitsgruppen wird berichtet, dass die Impulsreferate sehr gut und hilfreich waren. In der gesamten Region gibt es eine mangelnde Bereitschaft der Regierungen, sich auf den sozialen Dialog einzulassen. Es werden zwar Gesetzte verabschiedet, aber oft halten sich Staaten nicht daran. Aber braucht es allgemeine Gültigkeit und Durchsetzung. Mit den Gewerkschaften in Slowenien und Kroatien entwickelt sich die Zusammenarbeit zusehends besser.

Die Bürger/innen wollen in Sicherheit leben. Daher wurde überlegt, die Zivilgesellschaft mehr einzubeziehen bzw. mit einem konkreten Anlassfall in die Medien zu gehen, um so besser öffentlich wahrgenommen zu werden. Die teilnehmenden Polizeigewerkschaften wollen ihre Zusammenarbeit über EUROFEDOP vertiefen.

Round Table: „Die Westbalkanpolitik der neuen EU-Kommission und der Stellenwert des sozialen Dialogs darin“

Moderation: Andreas GJECAJ, ÖZA

Aus der Sicht Sloweniens: Janez CIGLER-KRALJ.

Seine Kernthese lautet, dass die EU einen neuen Anlauf für den Beitritt dieser Region starten muss: glaubwürdiger, mit besserer politischer Steuerung, dynamischer und vorhersehbarer. Es darf keine sich dauernd ändernden Bedingungen für einen EU-Beitritt mehr geben, nur die EU-Perspektive trägt zur Verbesserung des sozialen Dialogs in der Region bei.

Aus der Sicht Österreichs: Fritz Neugebauer, ehemaliger Präsident des Nationalrats erinnert daran, dass es keine Verweigerung des Dialogs geben darf, weil ohne Netzwerk keine politisch erfolgreiche Arbeit funktioniert. Auch wenn politische Parteien in vielen Ländern nicht das beste Ansehen haben, sind sie unverzichtbar für funktionierende Demokratien. Ebenso ist auf die Unabhängigkeit der Medien (als 4. Gewalt) wie auf die Gewaltenteilung – besonders dabei: die Unabhängigkeit der Justiz – zu achten. Dies ist Basis für die Rechtsstaatlichkeit. In Demokratien braucht es oft langen Atem

Schlussfolgerungen und Ausblick:

Norbert KLEIN, EZA und Andreas GJECAJ, ÖZA

Einerseits wurde klar, wie schwer es ist, die Balance zwischen notwendiger Geduld und Ungeduld zu finden und zu halten. Zum anderen ist die Vernetzung, wie sie EZA mit diesen Seminaren vorantreibt, auf allen EU-Ebenen zwingend und unerlässlich. Es gibt ein eindeutiges Bekenntnis, diese Seminare weiter zu führen.