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Junge Führungskräfte - 2

CFTL (Centro de Formação e Tempos Livres), Base-Frente Unitária de Trabalhadores und das Centro de Estudos Socias (Zentrum für Sozialstudien) der Universität Coimbra (CES) organisierten vom 9. bis 12. Oktober 2019 in Setúbal das zweite Meeting des Kurses für junge Führungskräfte von Arbeitnehmerorganisationen. Hierbei handelt es sich um ein internationales Projekt, das mit der Confédération Française des Travailleurs Chrétiens (CFTC, Frankreich), Faculté libre de droit, d'économie et de gestion (FACO Paris), der Europejski Dom Spotkań - Fundacja Nowy Staw (EDS-FNS, Polen) und der Universität Akademia Ignatianum (Polen) organisiert, vom Europäischen Zentrum für Arbeitnehmerfragen (EZA) unterstützt und von der Europäischen Union finanziert wird. Der Kurs ist Teil einer Reihe von vier Meetings, die zwischen Juni 2019 und Juni 2020 in den drei Ländern stattfinden werden.

Das Hauptziel des Kurses besteht darin, die 20 Teilnehmer/innen aus Frankreich, Polen und Portugal in die Lage zu versetzen, eine aktive Rolle in Gewerkschafts- und Arbeitnehmerorganisationen zu spielen. Reflektiert wurde über die Geschichte und Zukunft der Arbeitnehmerorganisationen in Portugal sowie über die jüngsten Veränderungen in der Arbeitswelt. Zweck war, junge Führungskräfte von Arbeitnehmerorganisationen anhand von Workshops über Gruppendynamik, Mobilisierung und Kommunikation auszubilden.

Kursvorbereitung

Zur Vorbereitung der Ausbildungsmaßnahme nahm das Koordinationsteam an zwei Treffen mit den internationalen Partnern des Projekts teil. Diese Treffen waren grundlegend für die Auswahl der Inhalte jedes Meetings und die Organisation des pädagogischen Ablaufs für die Auszubildenden. Der regelmäßige Kontakt mit dem Zentrum für Sozialstudien (CES), insbesondere mit der Studiengruppe „Relações de Trabalho e Sociedade“ (RETS) (Arbeits- und Sozialbeziehungen), ermöglichte die Zertifizierung des Kurses durch diese Einrichtung der Universität Coimbra. Das Team, das bei der CFTL für die Organisation und Förderung des Kurses zwecks Aufbau des Programms und der logistischen Organisation des Meetings zuständig ist, hat ebenfalls mehrere Meetings durchgeführt. Auch von den portugiesischen Praktikanten, die am ersten Meeting in Polen teilnahmen, wurde ein Bericht angefordert, der für das zweite Meeting – unter Berücksichtigung ihrer Einschätzungen - als Leitfaden dienen sollte.

Durchführung des Kurses

Mit dem am 9. Oktober stattfindenden ersten Meeting zum Thema „Was bedeutet es, in einer Arbeitnehmerorganisation eine Führungsrolle zu übernehmen", das unter der Leitung von Pierre Marie, Vizepräsident des Ausbildungs- und Freizeitzentrums, stand, wurde eine bessere Kenntnis der Gruppe und eine erste Reflexion über die Ziele einer Arbeitnehmerorganisation und die erforderlichen Fähigkeiten ihrer Führungskräfte ermöglicht. Dieses erste Meeting war der Darstellung der Programmdynamik und der Konstituierung der Arbeitsgruppen gewidmet.

Im zweiten Meeting mit dem Titel „Entwicklung eines Maßnahmenkatalogs mit den Arbeitnehmern" stellte António Brandão Guedes, Koordinator der Kommission für Arbeitsfragen der Base-Frente Unitária de Trabalhadores, die Schritte vor, welche zur Entwicklung eines solchen Maßnahmenkatalogs auf der Grundlage eines Falles im Bereich Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz richtungsgebend sind. Am Tag des Meetings begann die Gruppenarbeit mit dem Ziel, einen gemeinsamen Maßnahmenkatalog zu erarbeiten, welcher den Leitgedanken des Kurses darstellt.

Der 10. Oktober war geprägt von der Beschäftigung mit der Entwicklung der Arbeitnehmerorganisationen in Portugal, unter Berücksichtigung von zwei sich ergänzenden Aspekten. Florival Lança, Sekretär für internationale Beziehungen des Allgemeinen Verbands der portugiesischen Arbeitnehmer – national gewerkschaftsübergreifend - zwischen 1993 und 2008, referierte über die „Geschichte der Arbeiterorganisationen in Portugal". Dieser spannende Bericht trug dazu bei, die Geschichte der Arbeiter in Portugal kennenzulernen und Vergleiche mit den französischen und polnischen Arbeiterorganisationen anzustellen.

Der zweite Aspekt betraf ein „gemeinsames Interview mit Führern von Arbeitnehmerorganisationen", mit dessen Hilfe persönliche Profile in diesen historischen Verlauf eingefügt werden konnten. Neben Florival Lança wurden João Paulo Branco, Präsident der Base-Frente Unitária de Trabalhadores, Danilo Moreira, Präsident der Arbeitergewerkschaft der Callcenter und Vivalda Silva, nationale Koordinatorin der Arbeitergewerkschaft für Ordnung, Überwachung, Reinigung, Haushaltsdienste und verschiedene Tätigkeiten, von den Teilnehmern interviewt. Mit den Fragen der Teilnehmer konnte ein Überblick über die Arbeiterbewegungen in Portugal in den letzten Jahrzehnten vermittelt werden.

Um den gemeinsamen Maßnahmenkatalog zu entwickeln, fanden an diesem Meeting-Tag darüber hinaus noch zwei Workshops statt. Avelino Pinto, Soziologe, Ausbilder und Mitglied der Base-Frente Unitária de Trabalhadores, leitete ein Meeting zum Thema „Gruppendynamik“, mit dem Ziel, den Einsatz von Animationstechniken in der pro-aktiven Arbeit in einer Arbeiterorganisation zu fördern. Danilo Moreira leitete das zweite Meeting zum Thema „Mobilisierung von Arbeitnehmern" auf der Grundlage seiner Erfahrungen als Vorsitzender des Workers' Union Call Center. Diese beiden Aspekte gaben Anlass zur Gruppenarbeit, um das gemeinsame Maßnahmenkatalog-Projekt voranzubringen.

Am 11. Oktober konnten die Teilnehmer die Fähigkeiten im Bereich Kommunikations- und Inhaltsanalyse stärken, stets mit dem Ziel, den gemeinsamen Maßnahmenkatalog zu entwickeln. Bia Carneiro, Forscherin des Zentrums für Sozialstudien und Mitglied der Studiengruppe für Arbeits- und Sozialbeziehungen (RETS/CES), begann den Tag mit dem Thema „Kommunikation innerhalb einer Arbeitnehmerorganisation“. Das oft negative Image von Gewerkschaften in Bezug auf die soziale Kommunikation bedarf der Schaffung neuer Kommunikationskanäle. In der ersten Hälfte des Vormittags fand eine neue Gruppenarbeit statt, um die Kommunikationsstrategie für den gemeinsamen Maßnahmenkatalog besser zu definieren. Tiago Oliveira, Ökonom und Postdoc-Forscher am Zentrum für Sozialstudien leitete den zweiten Workshop des Tages zum Thema „Analyse und Interpretation von Wirtschaftsdaten". Er betonte die Bedeutung des Aufspaltens der Diskurse über die Wirtschaft in einer Zeit, in der sich die neoliberale Strömung als hegemonial präsentiert. Als Sozialwissenschaft beruht die Wirtschaft auf politischen Entscheidungen und es ist wichtig, zentrale Begriffe wie „Wachstum“, „Arbeitsmarkt“ oder sogar „Verschuldung“ aufzuspalten, um Aktivisten und Führer in Arbeitnehmerorganisationen zu stärken.

Am Nachmittag fand ein Studienbesuch bei der Firma Janz statt, die auf die Herstellung von Wasserzählern und Telemetrie-Lösungen spezialisiert ist und ihren Sitz im Parque das Nações in Lissabon hat. Das 1915 gegründete Werk beschäftigt heute über 250 Mitarbeiter und hat eine jährliche Produktionskapazität von über 400.000 Zählern. Neben den Produktionskapazitäten zeichnet sich die Firma Janz durch ein soziales Projekt zur Vereinbarkeit von Berufs- und Familienleben der Arbeiter aus. Neben der Fabrik befindet sich der Verein Ester Janz, eine private Einrichtung für soziale Solidarität, die 1982 gegründet wurde, um die Erziehung und Ausbildung der Kinder der Arbeiter und der Kinder der umliegenden Gemeinden zu unterstützen, vom Kindergarten bis zur Elementarschulbildung, um zu ihrer ganzheitlichen Entwicklung beizutragen.

Der 12. Oktober war der Reflexion über die Zukunft von Arbeit und Arbeitnehmerorganisationen selbst gewidmet. Dora Fonseca, Forscherin am Zentrum für Sozialstudien, leitete den Vormittag mit zwei Meetings zu den Themen „Aktuelle Herausforderungen der Arbeit" und „Die Zukunft der Arbeitnehmerorganisationen". Im ersten Meeting betonte sie die zentrale Bedeutung von Arbeit und hob die wichtigsten Veränderungen hervor, die mit der Entwicklung der digitalen Wirtschaft eingetreten sind. Die Generalisierung einer Plattform zur Vergabe von Dienstleistungen - die Uberisierung der Wirtschaft - hat zu einer Verschlechterung der Arbeitsbedingungen geführt und stellt den Arbeitnehmerschutz vor Herausforderungen.

Angesichts dieser neuen Trends müssen die Arbeitnehmerorganisationen ihre Handlungsweise neu definieren. Dora Fonseca nannte aktuelle Beispiele von Gewerkschaften und sozialen Bewegungen, die Arbeiter auf innovative Weise organisiert haben, wie die Arbeiter von Deliveroo oder die Bewegung der „Unflexiblen Unsicheren“. Wichtig ist, die Macht der Gewerkschaften erneut aufzubauen und einen offenen Dialog mit anderen zivilgesellschaftlichen Bewegungen zu führen.

Am Nachmittag beendeten die Teilnehmer die Gruppenarbeit und präsentierten die Ergebnisse, um einen Maßnahmenkatalog mit jungen Arbeitnehmern zu entwickeln. Die beiden Arbeitsgruppen entschieden sich für die Arbeit an Themen, die sie im portugiesischen, polnischen und französischen Kontext als dringlich erachteten. Die erste Gruppe präsentierte einen Maßnahmenkatalog zur Vereinbarkeit von Berufs- und Familienleben mit der Forderung nach dem Recht auf Trennung. Die zweite Gruppe beschäftigte sich mit neuen Trends in der Arbeitsorganisation und konzentrierte sich dabei insbesondere auf die junge Arbeitnehmer betreffenden unbezahlten Praktika. Die beiden Gruppen stellten die Strategie und den Inhalt der Maßnahmenkataloge in einer sehr umfassenden Übung mit Debatte, Organisation und Kreativität vor.

Der Kurs endete mit einer abschließenden Bewertung seitens der Teilnehmer und Organisatoren. Die Bilanz der Schulung war positiv und die Teilnehmer hoben die Bedeutung der Gruppendiskussion hervor und schätzten insbesondere den Studienbesuch, welcher einige der während der Schulung behandelten Themen konkretisierte. Die Organisatoren lobten die zahlreichen Debatten, die während der vier Tage stattfanden, wie auch die intensive Beteiligung der Kursteilnehmer.