Liebe Freund:innen, liebe Leser:innen,
die vierte „Brüsseler Konferenz“, die EZA Anfang Februar veranstaltete, hatte die Agenda zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der EU zum Thema. Sie war ein guter Einstieg in das Sitzungsjahr: eine hohe Beteiligung, hervorragende Referent:innen und spannende Debatten. Was nehme ich von der Konferenz mit? Wettbewerbsfähigkeit ist kein rein materialistischer Selbstzweck, sondern vielmehr ein Beitrag zum Gemeinwohl, zur Inklusion und zur demokratischen Teilhabe. Wirtschaftliche Interessen und Sozialschutz müssen in Einklang gebracht werden, wenn der Regulierungsrahmen vereinfacht werden soll, während gleichzeitig die Gesetzgebung qualitativ verbessert werden muss. Die Regierungen müssen sich außerdem stärker auf Investitionen und Innovationen konzentrieren. Im digitalen Zeitalter sollte die Fachkräfte- und Kompetenzentwicklung im Vordergrund stehen. Einmal mehr sind der soziale Dialog und Tarifverhandlungen der Schlüssel zum Erfolg. Aber ganz egal, wie wichtig all dies sein mag, um Europas Platz in der Welt zu sichern und die angestrebte strategische Autonomie zu erreichen, können wir doch die sich abzeichnenden geopolitischen Entwicklungen nicht ignorieren. Während ich die x-te besorgte Analyse dieser Entwicklungen lese, höre ich wie zufällig im Hintergrund die packende Motette „Nulla in mondo pax sincere“ (Es gibt keinen ehrlichen Frieden in dieser Welt) von Antonio Vivaldi. Sie mag vor rund 300 Jahren komponiert worden sein, aber sie könnte aus der heutigen Zeit stammen. In einer Zeit, in der die Zukunft der Ukraine ungewiss ist, fühlen wir uns unseren ukrainischen Freund:innen noch verbundener. Ihr mutiger Widerstand gegen den russischen Aggressor zur Verteidigung ihrer Freiheit und Würde ist auch ein Kampf um die territoriale Integrität und die Werte von ganz Europa und darf nicht umsonst gewesen sein. Wir sehen jedoch, dass der Aggressor weiter unschuldige Opfer tötet und auf breitangelegte hybride Kriegsführung setzt. Dies hält den amerikanischen Präsidenten nicht davon ab, Lügen über die Ukraine zu verbreiten, sich auf die Seite des Aggressors zu schlagen und das vereinbarte Bündnis infrage zu stellen. Ganz zu schweigen von seiner zynischen Haltung zu Gaza und der Aufkündigung normaler Handelsbeziehungen und dem rein eigennützigen Denken, das inzwischen auch von Oligarchen aus dem Westen unterstützt wird. Wir stehen an einem Scheideweg, an dem die EU und ihre Mitgliedstaaten starke Führung im Sinne eines gerechten Friedens mit Sicherheitsgarantien für die Ukraine beweisen müssen. Eine Koalition der Willigen und die Einrichtung eines Europäischen Verteidigungsfonds sind für unsere gemeinsame Sicherheit notwendig. Dies darf aber nicht zu einem Wettrüsten führen, das uns vergessen lässt, dass auch die Diplomatie ihrer Aufgabe gerecht werden muss und Europa ein Friedensprojekt bleibt. Wir müssen uns auch weiterhin an demokratischen Entscheidungsprozessen, dem Völkerrecht, der Wahrheit, Normen und Werten orientieren. Als Vertreter:innen von Arbeitnehmer- und sozialen Organisationen muss uns bewusst sein, dass es auch um sozialen Zusammenhalt und ein würdiges Leben geht. Am Arbeitsplatz, im Ehrenamt, in der Familie und im Freundeskreis stiften wir tagtäglich Hoffnung und breite Solidarität. In der Karzeit muss die Verzweiflung der Hoffnung weichen.