Die europäische Exekutive stellte am 11. Februar ihr Arbeitsprogramm 2025 vor, das ihren Fahrplan für die Umsetzung politischer Prioritäten durch neue Initiativen, Vereinfachungsmaßnahmen und eine stärkere Umsetzung bestehender Vorschriften skizziert. Während Wettbewerbsfähigkeit und Sicherheit eindeutig ganz oben auf der Tagesordnung stehen, geht das Programm auch auf Klimaschutz, digitalen Wandel und soziale Gerechtigkeit ein.
Neben Vorschlägen zur Reduzierung der Bürokratie um 25 %, zur Stärkung der Rechtsstaatlichkeit und zur Straffung der EU-Regulierung hat die Kommission 51 neue Initiativen angekündigt. Bei näherer Betrachtung ihrer Verteilung wird deutlich, wo das politische Gewicht liegt: 20 dieser Initiativen konzentrieren sich auf die Wettbewerbsfähigkeit, und 11 davon sind legislativ (bindend). Verteidigung und Sicherheit folgen mit 8 Initiativen, von denen 4 zu neuen verbindlichen Rechtsakten führen werden. Im Gegensatz dazu befassen sich nur 4 Initiativen mit sozialen Fragen, von denen keine legislativ ist. Die Ernährungssicherheit, der Umweltschutz, die Demokratie und die globale Rolle Europas erhalten sowohl in quantitativer als auch in qualitativer Hinsicht nur wenig Aufmerksamkeit.
Diese Zahlen spiegeln eine Kommission wider, die der wirtschaftlichen und industriellen Widerstandsfähigkeit Priorität einräumt, unterstützt durch strategische Vorschläge wie den „Competitiveness Compass“, den „Clean Industrial Deal“ und den „Industrial Decarbonisation Accelerator“. Der Bereich Sicherheit wird umfassend behandelt und deckt alles von der äußeren Verteidigung und inneren Sicherheit bis hin zum Migrationsmanagement und zur Cybersicherheit ab. Gleichzeitig treibt das Arbeitsprogramm weiterhin übergreifende Ziele wie digitale Infrastruktur, grüne Energie und die Einbindung von Interessengruppen voran.
Dennoch wird immer wieder die Frage gestellt, ob die Balance stimmt. Die Arbeitnehmergruppe des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses (EWSA) würdigte die ehrgeizigen Ziele des Programms, betonte jedoch die Notwendigkeit einer stärkeren sozialen Säule. In einem kürzlich veröffentlichten LinkedIn-Beitrag wies die Gruppe darauf hin, dass nur sehr wenige Initiativen des Programms soziale Fragen behandeln – und keine davon ist legislativer Natur. Sie fragten sich, wie der soziale Kompass dazu beitragen soll, 95 Millionen Europäer aus der Armut zu befreien, die Arbeitsplatzunsicherheit vieler junger Menschen zu bekämpfen und auf die steigenden Wohnkosten zu reagieren. Ihre Botschaft ist klar: Die Wettbewerbsfähigkeit Europas muss mit menschenwürdigen Arbeitsplätzen, fairen Löhnen und bezahlbarem Wohnraum einhergehen.