In den letzten fünf Jahren hat die Europäische Union mehrere Initiativen zur Stärkung des sozialen Dialogs ins Leben gerufen. Dazu gehört die Richtlinie über angemessene Mindestlöhne von 2022, die unter anderem darauf abzielt, die Tarifbindung in der EU zu erhöhen. Im Jahr 2023 legte die Kommission eine Mitteilung vor, um den sozialen Dialog durch konkrete Maßnahmen auf nationaler und EU-Ebene weiter zu stärken und zu fördern. Im selben Jahr gab der Rat eine Empfehlung zum sozialen Dialog heraus, in der er die Mitgliedstaaten zu Maßnahmen auf nationaler Ebene beriet. Anfang 2024 wurde in der Erklärung von Val Duchesse die Bedeutung des sozialen Dialogs als Säule der europäischen Demokratie bekräftigt und eine erneute Zusammenarbeit zwischen Institutionen und Sozialpartnern gefordert.
Aufbauend auf diesen Initiativen unterzeichneten die Europäische Kommission und die wichtigsten Sozialpartner, darunter der Europäische Gewerkschaftsbund (EGB) und BusinessEurope, am 5. März 2025 den „Pakt für den europäischen sozialen Dialog“, der „einen Rahmen für die erfolgreiche Weiterentwicklung des europäischen sozialen Dialogs“ bieten soll.
Konkret werden mit dem Pakt eine Reihe von Maßnahmen eingeführt, um die Rolle der Sozialpartner in der EU-Politikgestaltung zu stärken. Er zielt darauf ab, die Beteiligung der Arbeitnehmer:innen an Entscheidungsprozessen zu erhöhen, Tarifverhandlungen für faire Löhne und Arbeitsbedingungen zu fördern und den sozialen Dialog auf nationaler und europäischer Ebene zu unterstützen. Darüber hinaus soll die Wirksamkeit des europäischen sektoralen sozialen Dialogs verbessert und eine bessere Umsetzung der Vereinbarungen der Sozialpartner sichergestellt werden, während gleichzeitig aufkommende Herausforderungen auf dem Arbeitsmarkt angegangen werden.
Zu den neuen Maßnahmen gehört die Ernennung eines Gesandten für den europäischen sozialen Dialog, der für rechtzeitige und aussagekräftige Konsultationen mit den Sozialpartnern sorgen und das Bewusstsein für den sozialen Dialog in den EU-Institutionen verbessern soll. Im Jahr 2025 wird in Zusammenarbeit mit den Sozialpartnern ein Roadmap für hochwertige Arbeitsplätze entwickelt. Darüber hinaus werden die Sozialpartner nun vor der Annahme des Arbeitsprogramms der Kommission einen Meinungsaustausch mit der Kommission führen und gemeinsame Berichte über den Stand des sozialen Dialogs auf EU-Ebene vorlegen. Die Kommission wird auch die Konsultationen mit den Sozialpartnern ausweiten und gegebenenfalls Politikbereiche einbeziehen, die über den Anwendungsbereich der Artikel 153 und 154 AEUV hinausgehen.
Während die Mitteilung der Kommission von 2023 und die Empfehlung des Rates die Grundlage für die Stärkung des sozialen Dialogs legten, zeichnet sich der Pakt von 2025 dadurch aus, dass er die Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Kommission und den Sozialpartnern durch eine gemeinsame Vereinbarung formalisiert. Diese Formalisierung bedeutet ein verstärktes Engagement für die Umsetzung der skizzierten Ziele und damit eine Steigerung der Wirksamkeit der Mechanismen des sozialen Dialogs in ganz Europa. Der Pakt von 2025 bekräftigt jedoch eher frühere Verpflichtungen, als dass er radikale Veränderungen einführt. Sein Erfolg hängt von der Umsetzung auf nationaler Ebene, dem kontinuierlichen Engagement der Sozialpartner und dem unerschütterlichen politischen Willen ab. Die Initiative stärkt zwar den sozialen Dialog auf EU-Ebene, ihre tatsächliche Wirkung wird jedoch je nach Mitgliedstaat unterschiedlich ausfallen, je nach der spezifischen Dynamik des Arbeitsmarktes und dem Engagement für die Grundsätze des Pakts.