Am 5. März 2025 stellte die Europäische Kommission eine Strategie zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit der EU durch Investitionen in Humankapital vor. Die Union der Kompetenzen (Union of skills) zielt darauf ab, Menschen mit zukunftsorientierten Fähigkeiten auszustatten, die Anpassungsfähigkeit, Innovation und wirtschaftliche Widerstandsfähigkeit fördern. Ihr Hauptziel ist die Schaffung eines integrativeren und wettbewerbsfähigeren europäischen Arbeitsmarktes durch die Gewährleistung eines gleichberechtigten Zugangs zu hochwertiger Bildung, Möglichkeiten des lebenslangen Lernens und einer verbesserten Mobilität der Arbeitskräfte.
Um dieses Ziel zu erreichen, schlägt die Europäische Kommission vier zentrale Säulen („Bereiche“) vor. Der erste Schwerpunkt, „Building Skills for Life“, konzentriert sich auf die Stärkung der Bildungsgrundlagen, die Förderung des lebenslangen Lernens und die Behebung von Defiziten bei den Grundfertigkeiten. Der zweite Schwerpunkt, „Upskilling and Reskilling“, sorgt für zukunftsorientierte Fähigkeiten durch betriebliche Weiterbildung, öffentlich-private Partnerschaften und innovative Lernlösungen. Der dritte Schwerpunkt, „Circulating Skills“, erleichtert die Freizügigkeit und Anerkennung von Fähigkeiten und Qualifikationen in der gesamten EU, um das volle Potenzial des Binnenmarktes auszuschöpfen. Schließlich zielt der vierte Schwerpunkt, „Attracting and Retaining Talent“, darauf ab, die EU zu einem globalen Magneten für Talente zu machen, indem die Bedingungen für Forscher, Studenten und Fachkräfte aus Drittländern verbessert werden.
Um Kompetenzen für das Leben aufzubauen, wird die Kommission Initiativen zur Verbesserung der Lese-, Schreib-, Rechen-, Wissenschafts- und digitalen Kompetenzen starten. Der Strategieplan für die Bildung in den Bereichen Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik (MINT) wird Leistungslücken schließen und gleichzeitig eine stärkere Beteiligung, insbesondere von Frauen, fördern. Lehrerausbildung und Karriereanreize werden dazu beitragen, dem Lehrkräftemangel, insbesondere in den MINT-Bereichen, entgegenzuwirken. Darüber hinaus wird die EU-Strategie für die berufliche Aus- und Weiterbildung (VET) die beruflichen Bildungswege modernisieren, während ein Fahrplan für digitale Bildung und Kompetenzen bis 2030 das digitale Lernen und die KI-Kompetenz verbessern wird.
Zur Weiterbildung und Umschulung wird die Kommission die Möglichkeiten für Micro-Credentials erweitern und den Pakt für Kompetenzen stärken, um sicherzustellen, dass Arbeitnehmer:innen in Schlüsselsektoren Zugang zu kontinuierlicher Weiterbildung haben. Eine Pilotmaßnahme zur Kompetenzgarantie wird Arbeitnehmer:innen unterstützen, die von Arbeitslosigkeit bedroht sind, und EU-Kompetenzakademien werden spezialisierte Bildungswege für Branchen entwickeln, die einem raschen Wandel unterliegen, wie KI, Cybersicherheit und saubere Technologien.
Um Kompetenzen zu verbreiten und anzuerkennen, wird die Kommission die Anerkennung von Qualifikationen in der gesamten EU durch eine Initiative zur Übertragbarkeit von Kompetenzen verbessern und so die Mobilität der Arbeitskräfte erhöhen. Ein europäischer Rahmen für Studienabschlüsse wird gemeinsame Studienprogramme fördern, während ein europäisches Berufsbildungsdiplom die Anerkennung beruflicher Qualifikationen standardisieren wird. Die Stärkung der europäischen Hochschulallianzen und Zentren der beruflichen Exzellenz wird die grenzüberschreitende Bildung und Mobilität fördern.
Um Talente anzuziehen und zu halten, wird die EU einen EU-Talentpool einrichten, um Unternehmen mit qualifizierten Arbeitssuchenden von außerhalb der EU zu vernetzen. Eine Visastrategie wird die Einreiseprozesse für internationale Studierende, Fachkräfte und Forscher:innen vereinfachen, während die Initiative „Choose Europe“ im Rahmen der Marie-Skłodowska-Curie-Maßnahmen Spitzentalente in der Forschung unterstützen wird. Darüber hinaus werden die Integrationsmaßnahmen verbessert, um die Beteiligung von Drittstaatsangehörigen an der europäischen Erwerbsbevölkerung zu erleichtern.
Um die Union der Kompetenzen effektiv umzusetzen, wird die Europäische Kommission einen Governance-Rahmen schaffen und Investitionen in die Bildung und die Entwicklung der Arbeitskräfte fördern. Die Europäische Beobachtungsstelle für Kompetenzen wird Arbeitsmarkttrends verfolgen und politischen Entscheidungsträgern dabei helfen, die Entwicklung von Kompetenzen an den wirtschaftlichen Bedarf anzupassen. Ein hochrangiger Ausschuss für europäische Kompetenzen wird die Bemühungen von Regierungen, Unternehmen und Bildungseinrichtungen koordinieren.
Investitionen sind der Schlüssel zur Erreichung dieser Ziele. Die EU wird öffentliche und private Mittel in Qualifizierungsprogramme wie den Europäischen Sozialfonds Plus (ESF+), Erasmus+ und InvestEU lenken, um lebenslanges Lernen, berufliche Bildung und digitale Bildung zu fördern. Die Mitgliedstaaten werden ermutigt, ihre nationalen Investitionen auf diese Initiativen abzustimmen, um qualifizierte und belastbare Arbeitskräfte für ein nachhaltiges Wirtschaftswachstum zu gewährleisten.
Die Initiative ist zwar ein Schritt nach vorne bei der Bekämpfung des Fachkräftemangels, doch das Europäische Gewerkschaftskomitee für Bildung und Wissenschaft (ETUCE) betont, dass mehr in Lehrer:innen investiert werden muss. ETUCE unterstützt die Weiterbildung, warnt jedoch davor, dass die Initiative ohne bessere Arbeitsbedingungen, berufliche Weiterentwicklung und Bemühungen zur Behebung des Mangels an MINT-Lehrkräften möglicherweise nicht ihr volles Potenzial entfalten kann.
Link zur Mitteilung „Die Union der Kompetenzen“