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Europäischer Grüner Deal und Arbeit

Das internationale Seminar „Europäischer Grüner Deal und Arbeit“ fand vom 19. bis 22. Oktober 2023 in SETÚBAL/Portugal statt und wurde von LOC/MTC - Katholische Arbeitnehmerliga/Christliche Arbeitnehmerbewegung organisiert, mit Unterstützung von EZA - Europäisches Zentrum für Arbeitnehmerfragen und finanziert von der Europäischen Union. An der Veranstaltung nahmen Vertreter von Arbeitnehmerorganisationen aus Portugal, Deutschland, Spanien und der Slowakei teil.

An der Auftaktsitzung nahmen Pater José Lobato, Administrator der Diözese Setúbal, André Martins, Oberbürgermeister von Setúbal, und Américo Monteiro, nationaler Koordinator des LOC/MTC, teil. Maria Reina Martin, Vizepräsidentin von EZA, die von einer internationalen Tagung anreiste, begrüßte erst später die Anwesenden. Im Namen der LOC/MTC dankte Américo Monteiro allen für ihre Unterstützung bei der Ausrichtung des Seminars sowie allen nationalen und internationalen Teilnehmern und Hauptrednern der einzelnen Sitzungen für ihre Bemühungen, an diesem Seminar teilzunehmen und die Debatte über dieses wichtige Thema zu beleben. Er nutzte die Gelegenheit, um das jüngste apostolische Schreiben von Papst Franziskus "Laudate Deum" hervorzuheben, ein Appell, auf die großen Probleme des Klimawandels, des Anstiegs des Meeresspiegels, der Dürren und vieler andere Phänomene, die den Planeten betreffen und viele Menschen beeinträchtigen, zu reagieren. Absatz 10 des Schreibens gehe auf die Sorgen vieler Arbeitnehmer ein, indem er die Bemühungen zur Abschwächung des Klimawandels anerkenne, aber auch darauf hinweise, dass dieser Prozess, sofern er richtig umgesetzt werde, zur Schaffung von Arbeitsplätzen führen könne und nicht zu deren Abbau, wie nicht wenige befürchten.

Der Oberbürgermeister begrüßte alle Anwesenden und brachte seine Freude darüber zum Ausdruck, dass Setúbal als Veranstaltungsort ausgewählt wurde, ferner erklärte er, dass der Fonds für einen gerechten Übergang eine kritische Analyse erfordere und dass die Rechte der Arbeitnehmer im Prozess des Übergangs zu einer ökologisch nachhaltigeren Wirtschaft nicht auf der Strecke bleiben dürfen. Bei diesen Übergängen gebe es immer eine ideologische Komponente, bei der der Klassenkampf wieder einen größeren Einfluss ausübe. Vor diesem Hintergrund spiele die Gewerkschaftsbewegung eine entscheidende Rolle bei der Verteidigung der Arbeitnehmerrechte.

Pater Lobato dankte auch der Diözese für die Durchführung der Veranstaltung und für den Beitrag der lokalen LOC/MTC-Mitglieder bei der Organisation und der Teilnahme daran. Er räumte ein und bedauerte, dass die Kirche der Arbeitswelt wohl nicht die gebührende Aufmerksamkeit geschenkt habe, obschon mit der Enzyklika Laborem Exercens/1981 über die menschliche Arbeit viele Fortschritte erzielt worden seien, insbesondere was die Würde des Arbeitnehmers betreffe. Ganz unabhängig vom ausgeübten Beruf liege die Würde in der Person des Arbeiters. 

In der ersten Sitzung, die von Pedro Pinto von LOC/MTC moderiert wurde, ging es um den "Europäischen Green Deal und Beschäftigung, dessen Auswirkungen und Einfluss auf Arbeitsplätze, Herausforderungen und die Bedeutung des sozialen Dialogs". Vera Weghmann von der Universität Greenwich sprach über das Thema Abfall, die Kreislaufwirtschaft, einen gerechten Übergang zur Schaffung von Arbeitsplätzen, Recycling und ein höheres Augenmerk auf die Beschäftigten im Abfallsektor. So habe die Beschäftigung im Abfallsektor zugenommen, handle es sich doch um einen arbeitsintensiven Sektor, doch ein nicht geringer Teil der Abfallarbeiter stamme aus dem informellen Sektor und seien Einwanderern. Den Arbeitsbedingungen, der Sicherheit und der Gesundheit derjenigen, die die verschiedenen Müllarten sammeln und trennen, werde hingegen wenig Beachtung geschenkt. Eine der Herausforderungen bestehe nun darin, dass die Abfallbewirtschaftung bei der Sortierung und beim Recycling automatisiert werde, Tendenz steigend. Es gebe auch keinen Null-Abfall; wenn es Wachstum gebe, falle auch immer mehr Müll an. Man denke daran, was mit einem Gegenstand am Ende seiner Reise, die mit der Erzeugung beginne, passiere. Europa habe es nicht geschafft, die Abfallmenge zu reduzieren, ganz im Gegensatz zu dem, was es sich auf die Fahne geschrieben habe. Einwegverpackungen seien dabei eine der größten Quellen für Haushaltsabfälle. Wir müssen überdenken, wie wir die Ressourcen unseres Planeten nutzen. Wenn wir recyceln, verschmutzen wir zwar weniger, aber wir können die Nachhaltigkeit unseres Planeten nur durch Abfallvermeidung und eine Verringerung unseres Konsums sowie eine Änderung unseres Lebensstils erreichen.

In der zweiten Sitzung, die von José Janela von Quercus moderiert wurde, referierte Eugénia Pires, Ökonomin und Forscherin bei COLABOR, über "Die wirtschaftlichen und sozialen Auswirkungen und Folgen für die Arbeitnehmer bei der Umsetzung der Ziele des europäischen Green Deal". Sie beschrieb eingangs die Gründungsgeschichte von COLABOR und die Projekte, die gestartet wurden, um die Auswirkungen der Technologien auf die Beschäftigung zu untersuchen, welche stets als Werkzeug für den Menschen dienen und ihn nicht unterordnen sollten. Sie stellte die verschiedenen Elemente vor, aus denen sich der Europäische Green Deal zusammensetzt, sowie die Anwendung der Ziele, des Rahmens, der Mechanismen und der Finanzierung des Paktes und wies auf einen starken Widerspruch zwischen Rhetorik und Praxis hin, und zwar in der Vision eines Minimalstaates, der nur Subventionen für die Technologie verteile, ohne dass der Staat bei Nichteinhaltung der einschlägigen Regeln Rechenschaft fordere. In Bezug auf die Auswirkungen und die wirtschaftlichen und sozialen Folgen für Arbeitnehmer im Hinblick auf die Umsetzung der Ziele des Europäischen Green Deal und der Beschäftigung erklärte sie, dass dies die Vision eines Kontinents sei, der bis 2050 ökologisch neutral sein wolle, was aber kein Selbstläufer sei. Damit dieser Übergang erfolgreich sei, müsse er fair sein und Umschulungen, die Schaffung von neuen Arbeitsplätzen, energieeffiziente Wohnungen, Mechanismen gegen Energiearmut und den Zugang zu sauberer, billiger und sicherer Energie ermöglichen. Es liege auf der Hand, dass die Ärmsten am wenigsten in der Lage seien zu diesem Übergang beizutragen, fehlen ihnen doch dazu die wirtschaftlichen Mittel.

In der dritten Sitzung, die von Angelina Patrício von LOC/MTC moderiert wurde, sprach Susana Fonseca von der Vereinigung ZERO über das Thema: Nachhaltige Entwicklung und gerechter Übergang. Sie erläuterte die Intervention dieses Vereins, die über Umweltfragen hinausgehe und der Schaffung von öffentlichen Politiken, die von grundlegender Bedeutung seien, ihr Hauptaugenmerk schenke. Zu den Auswirkungen und Herausforderungen in Europa und der Welt sagte sie, dass der europäische Green Deal einen Wendepunkt nicht nur in Bezug auf die Umweltproblematik, sondern auch auf den gerechten Übergang darstelle, mit Perspektiven auch über Europa hinaus. Die Konzentration auf die Pandemie habe dazu geführt, dass größere Krisen wie die Rezession, der Klimawandel und die nicht zu unterschätzende Krise des Zusammenbruchs der biologischen Vielfalt außen vor gelassen wurden. Und jetzt haben die Kriege alles noch verkompliziert. So sprach sie über den Tag der Überlastung des Planeten, über Konsum und Verschwendung, den ökologischen Fußabdruck und die Emissionen, die SDGs (Sustainable Development Goals) und die Schwierigkeiten, in einer Welt, die nur auf Wachstum abziele, Fortschritte zu erzielen. All dies vor dem Hintergrund, dass einige Menschen immer noch keinen Zugang zu dem Lebensnotwendigen haben. Sie betonte es sei absolut notwendig, die Nachfrage zu verringern, denn allein schon die Umstellung auf andere Materialien verursache wiederum eine große Nachfrage nach diesen neuen Materialien. Es sei wichtig, sich auf die Veränderung der öffentlichen Politik zu konzentrieren, denn es würden sicher nicht die Hersteller sein, die sich darum kümmern, dass Produkte länger halten und reparierbar seien. Was die SDGs - Sustainable Development Goals - betreffe, so wir brauchen eine tiefgreifende Veränderung dieser auf Wachstum fixierten Ordnung.

Die vierte Sitzung umfasste eine von Susana Santos von CFTL/Base-Fut moderierte Diskussionsrunde mit folgenden Rednern: Wilfried Wienen von der KAB Deutschland, Salvador Ferret von der spanischen ACO, Lubos Martinak von der slowakischen NKOS sowie Rui Lavoura von LOC/MTC aus Portugal. Aus den Impulsvorträgen heben wir hervor: Die Beschlüsse der Europäischen Kommission zum Plan für Kreislaufwirtschaft werden befolgt, obwohl es keine validen Indikatoren gebe. Im Jahr 2020 wurde ein neuer Plan ins Leben gerufen, der die Nachhaltigkeit von Produkten sicherstelle und Verbraucher und öffentliche Organisationen stärken soll. Es gebe auch große Unterschiede zwischen den Ländern und ihren Praktiken in Europa. So sei es immer noch schwierig, von dem linearen Wirtschaftskonzept Extraktion-Produktion-Entsorgung wegzukommen. Das Prinzip der Kreislaufwirtschaft bestehe darin, die Natur zu regenerieren, denn nur wenn der Schwerpunkt nicht mehr auf der Gewinnung und Ausbeutung von Ressourcen liege, die endlich sind und die Ökosysteme kontinuierlich schädigen, habe die Natur Raum zum Gedeihen, die biologische Vielfalt werde wieder gewährleistet und die Produktivität der landwirtschaftlichen Flächen geschützt. Die Frage der Lieferkette, der ethischen Kundenbeziehungen und der sozialen Auswirkungen wurde ebenfalls thematisiert, als Teil der Bilanz für das Gemeinwohl, und es wurde auch die Position von Papst Franziskus erwähnt, der das Paradigma des Wachstums - Macht in den Händen einiger weniger - kritisiere, als ob das Gute und die Wahrheit aus dem technologischen Wachstum, der ins Unendliche ausufern könne, entstünden, und dann das Problem der Armut und Ausgrenzung gelöst würde. Es wurde auch betont, dass Wirtschaft und Kapitalismus unterschiedliche Dinge seien, der Kapitalismus ziele auf die Vermehrung des Kapitals ab, die Wirtschaft aber sollte darauf abzielen, das Wohl aller zu mehren, das GEMEINWOHL.

In der fünften Sitzung, die von Firmina Moreira von LOC/MTC moderiert wurde, wurden Maite Valdivieso von HOAC in Spanien und Juan Ambrósio von R3C in Portugal, beide Theologen, gebeten, über ökologische Werte und Verpflichtungen in der Arbeitswelt zu reflektieren und ihre Auffassung zu vertiefen, um die Herausforderungen und die Bedeutung des sozialen Dialogs um die Zukunft des Planeten und ein harmonisches Leben sowie dringende Herausforderungen für die Menschheit zu gewährleisten. Aus dem sehr tiefgründigen Austausch der beiden Redner heben wir den Vortrag von Maite hervor: „Wir haben eine gute Nachricht zu verkünden; Gottes Projekt ist ein Projekt der Humanisierung/Kommunion“. Sie betonte auch, wie wichtig es sei, eine neue Gewerkschaftskultur zu fördern, spielen doch die Gewerkschaften nach wie vor eine wesentliche Rolle. Juan Ambrósio: Ausgehend von der Enzyklika Laudato Si' gab er uns wesentliche Herausforderungen von Papst Franziskus mit auf den Weg. Mit Blick auf das Gemeinwohl sei es heute unerlässlich, dass sich Politik und Wirtschaft im Dialog entschlossen in den Dienst des Lebens stellen, zuvörderst des menschlichen Lebens. Arbeit sei eine Notwendigkeit, sie sei Teil des Sinns des Lebens auf dieser Erde. Das eigentliche Ziel müsse stets sein, den Menschen durch Arbeit ein würdiges Leben zu ermöglichen." [...]" (LS 128) "Und bitten wir den heiligen Josef (den Arbeiter), uns zu helfen, für die Würde der Arbeit einzutreten, auf dass es Arbeit für alle gibt, eine Arbeit, die würdig ist und keine Sklavenarbeit" (Papst Franziskus, 1. Mai 2020).

An alle Sitzungen schloss sich eine Debatte mit den Teilnehmern an, die es ihnen ermöglichte, verschiedene Standpunkte auszutauschen und um Klärung der aufgekommenen Fragen zu bitten.

Am Ende des ersten Seminartages fand zudem ein Gruppenworkshop statt, in dem jeder sein Wissen über Dekarbonisierung, Kreislaufwirtschaft, Emissionen usw. einbringen konnte. So konnten alle ihre Meinung äußern, ihr Wissen austauschen und Fragen aufwerfen, die wir dann im Plenum diskutierten.