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Beschäftigungsmöglichkeiten in einem Europa, das ökologischer, digitaler und resilienter ist

Vom 10. bis 11. November 2023 fand in Torremolinos, Spanien ein Seminar zum Thema „Beschäftigungsmöglichkeiten in einem Europa, das ökologischer, digitaler und resilienter ist“ statt, organisiert von CEAT (Centro Español para Asuntos de los Trabajadores), in Zusammenarbeit mit EZA und finanziert von der Europäischen Union. 55 Vertreter:innen von Arbeitnehmerorganisationen aus ganz Europa nahmen an dem Seminar teil.

Die Eröffnungsveranstaltung begann mit dem Beitrag von DAVID CERVERA, Präsident des CEAT, der darauf hinwies, dass wir nicht vergessen dürfen, dass sich Europa auf eine nachhaltigere, digitale und resilientere Zukunft zubewegt und dass dieser Wandel ein breites Spektrum an Beschäftigungsmöglichkeiten in verschiedenen Disziplinen schafft. Zu den gefragten Qualifikationen gehören technische Kompetenzen, digitale Fähigkeiten, Anpassungsfähigkeit und Umweltbewusstsein. Kontinuierliche Weiterbildung und Aktualisierung der Fertigkeiten sind entscheidend für die Nutzung dieser Chancen in der sich wandelnden Beschäftigungslandschaft. Es gibt viele offene Fragen, die hoffentlich mithilfe der Beiträge der Referent:innen und aller Teilnehmer:innen dieses Seminars beantwortet werden.

VESELIN MITOV vom bulgarischen Gewerkschaftsbund PODKREPA und Vize-Präsident von EZA wies auf die Bedeutung von EZA und dieser internationalen Seminare hin, um Antworten hinsichtlich des neuen ökologischen und digitalen Horizonts zu geben. Als Vize-Präsident vergaß Veselin nicht zu betonen, dass EZA mit seinen Seminaren seit Jahrzehnten einen Beitrag zur Bildung und zum sozialen Dialog leistet und dabei stets den Weg der christlichen und sozialen Inspiration verfolgt. Abschließend verwies er auf die Professionalität der Referent:innen und hofft, dass das CEAT mit diesem Seminar diesen neuen ökologischen und digitalen Weg beleuchten möge.

PIERGORGIO SCIAQUA, Co-Präsident von EZA, hob die Bedeutung des ökologischen und digitalen Zeitalters in der heutigen Zeit hervor und betonte, dass alle gesellschaftlichen Akteure sich in Richtung eines nachhaltigeren und digitalen Europas bewegen müssen. In diesem Zusammenhang dürfe man jedoch nicht das Zentrum der Gesellschaft, den Menschen, vergessen.

MIGUEL ÁNGEL SOLANA CAMPINS, Manager für Entwicklung des elektronischen Geschäftsverkehrs bei 3M, gab in seinem Vortrag „Allgemein- und Berufsbildung und Kompetenzen. Europäisches Jahr der Kompetenzen“ einen Überblick über die Beschäftigungslage in Spanien mit einem sehr anfälligen Unternehmensgefüge. 99% der Unternehmen sind KMU, davon 89% Kleinstunternehmen mit weniger als 10 Beschäftigten, wobei er betonte, dass 94% der vernichteten Arbeitsplätze in KMU liegen. Er wies auf den Verlust einer Generation junger Arbeitnehmer:innen bei einer Jugendarbeitslosigkeit von 40% hin, dabei gebe es 150.000 unbesetzte Stellen und in den letzten zehn Jahren haben wir erfahrene Arbeitskräfte mit 1,2 Millionen Vorruheständlern verloren. Er wies darauf hin, dass die Beschäftigungsmöglichkeiten der Zukunft in Spanien in den Bereichen Medizin, Verkehr, Energie und künstliche Intelligenz liegen.

JOSÉ IGNACIO ARGOTE, Sekretär des CEAT, und DAVID CERVERA, Präsident des CEAT, hielten den Vortrag „Herausforderungen der Allgemein- und Berufsbildungssysteme in der ökologischen und digitalen Transition“. José Ignacio Argote wies darauf hin, dass die heutige Gesellschaft zwei Revolutionen durchläuft, die die Welt, wie wir sie kennen, verändern: der ökologische Wandel und die digitale Revolution. Die Europäische Kommission hat diesen doppelten Veränderungsprozess als „Twin Transition“ definiert und auf seine entscheidende Rolle beim Erreichen des Ziels der Klimaneutralität in Europa bis 2050 hingewiesen. Er betonte, dass die europäische Industrie im Laufe ihrer Geschichte bewiesen habe, dass sie in der Lage sei, den Wandel anzuführen. Und sie muss dies auch weiterhin tun, jetzt, da Europa den Übergang zur Klimaneutralität und zur digitalen Führungsrolle in einer sich ständig verändernden und zunehmend unvorhersehbaren Welt vollzieht. Der doppelte Wandel - ökologisch und digital - wird sich auf alle Aspekte unserer Wirtschaft, Gesellschaft und Industrie auswirken. Er wird neue Technologien erfordern, die mit Investitionen und Innovationen kombiniert werden müssen. Daraus werden sich neue Produkte, Dienstleistungen, Märkte und Geschäftsmodelle ergeben. Er wird neue Arten von Arbeitsplätzen hervorbringen, die es bisher noch nicht gibt und die Qualifikationen erfordern, an denen es noch mangelt. Und er wird zu einer Verlagerung von der linearen Produktion hin zu einer Kreislaufwirtschaft führen. Abschließend betonte er, dass Europa im globalen Wettlauf um Talente mehr in Qualifikationen investieren muss, dass ein ausgewogeneres Verhältnis zwischen Frauen und Männern in der Industrie unabdingbar ist und dass Frauen ermutigt werden sollten, Naturwissenschaften, Technologie, Ingenieurwesen und Mathematik zu studieren, eine Karriere in der Technologie in Betracht zu ziehen und in digitale Qualifikationen zu investieren, um so das Gleichgewicht zwischen den Geschlechtern bei der Gründung und Leitung von Unternehmen zu verbessern. David Cervera verwies darauf, dass die Digitalisierung in allen Bereichen unaufhaltsam sei, auch in der Produktion und bei den Geschäftsprozessen, was mehr Fachkräfte im STEM-Bereich erfordere. Diese Nachfrage sei zweifellos eine der Herausforderungen für die Allgemein- und Berufsbildungssysteme im Rahmen der ökologischen und digitalen Transition, zusammen mit der Herausforderung, das Umweltbewusstsein auf allen Bildungsebenen zu integrieren. Wir müssen ein Bewusstsein schaffen für nachhaltiges Denken und das Verständnis für die Verflechtung zwischen Gesellschaft und Umwelt. Die Geschwindigkeit des technologischen Wandels kann dazu führen, dass einige Bildungssysteme zurückbleiben. Es ist von entscheidender Bedeutung, mit den digitalen Fähigkeiten Schritt zu halten und die Auszubildenden auf künftige Arbeitsplätze vorzubereiten.

MAGDALENA RUBIO FABIÁN, Leiterin der Abteilung Registrierung, Innovation und Berufsbildung, wies darauf hin, dass viele Länder beträchtliche öffentliche Mittel für die Einführung von Informations- und Kommunikationstechnologien in den Schulen bereitstellen, und erläuterte, wie die Gemeinschaft Madrid die Initiative ergriffen hat, das Fach Programmieren in ihr Bildungssystem zu integrieren, und das Fach „Technologie, Robotik und Programmierung“ im Schuljahr 2014-2015 in den Lehrplan aufnahm. Bis zum Ende des Schuljahres 2016-2017 hatten mehr als 120.000 Schüler:innen zwei Jahre lang Programmieren gelernt, und die ersten 60.000 Schüler:innen, die den gesamten Plan durchlaufen haben, machen ihren Abschluss. Am Ende des Schuljahres 2018-2019 haben die ersten 60.000 Schüler:innen, die den gesamten Lehrplan absolviert haben, ihren Abschluss gemacht und 240.000 Schüler:innen haben mindestens zwei Jahre Programmieren gelernt. Zum Abschluss ihrer Rede betonte sie, dass in der Gemeinschaft Madrid 2.000 Schulen am Plan zur Digitalisierung des Bildungswesens teilnehmen, der sich auf vier Hauptziele konzentriert: die Verbesserung der Kompetenzen der Lehrkräfte, die Digitalisierung der mit öffentlichen Mitteln finanzierten Schulen, die Förderung und Schaffung offener Bildungsressourcen und das Arbeiten mit fortschrittlichen Informations- und Kommunikationstechnologien. Diese sind eingebettet in die Ziele, die von der Europäischen Kommission im Rahmen des Aktionsplans für digitale Bildung 2021/27 und des Europäischen Bildungsraums festgelegt wurden.

INTERNATIONALER RUNDER TISCH: „Die wichtige Rolle des sozialen Dialogs bei der Deckung des Qualifikationsbedarfs auf dem Arbeitsmarkt“.

Er wurde von TRINIDAD DE HARO, Direktorin des Territorialen Zentrums für Innovation und Berufsbildung Madrid Ost, Gemeinschaft Madrid und Mitglied des CEAT moderiert. Die Diskussionsrunde konzentrierte sich auf die Notwendigkeit eines proaktiven sozialen Dialogs, um vorauszusehen, wohin die Veränderungen auf dem Arbeitsmarkt führen werden.

VESELIN MITOV erklärte, dass wir zwei Transitionen durchlaufen: den digitalen und den ökologischen Wandel, die mit drei Krisen zusammenfallen: Covid, der Ukraine-Krieg und die hohe Inflation, und dass wir einem sich verändernden Arbeitsmarkt gegenüberstehen. In diesem Zusammenhang ist es für die Gewerkschaften sehr wichtig, lebenslanges Lernen im Beruf zu fördern.

ANTONIO BRANDÃO, CFTL./BASE-FUT, Portugal, begann seine Rede mit einem Überblick über verschiedene Seminare, die seit 2008 in Europa zum Thema der Digitalisierung und der Vorteile digitaler Kompetenzen stattgefunden haben. Er wies auch auf die Fortschritte bei der Entkopplung der Arbeitszeiten in der Telearbeit hin, aber es bleibt noch viel zu tun bei den Themen Sicherheit und seelische Gesundheit, die fast immer in den Hintergrund gedrängt werden.

SILVIU ISPAS TRAÍAN, IFES Rumänien, erläuterte, dass sein Land, Rumänien, die von Brüssel vorgegebene Transformation mit großer Eile akzeptiert habe, indem es kurze Fristen akzeptierte, die dann aufgrund der ernsten Probleme, die sie für die Bevölkerung hinsichtlich der Energie mit sich brachte, verlängert werden mussten. Ähnlich verhalte es sich mit den digitalen Kompetenzen: Die Student:innen würden in Lehrsälen ausgebildet, aber wenn sie in den Unternehmen anfingen, müssten sie ihre Ausbildung vertiefen.

LILI GRANDIEK, EUROPÄISCHE Union LYMEC (Europäische Liberale Jugend), wies darauf hin, dass der diesjährige Bericht der Europäischen Kommission festgestellt habe, dass 77% der EU-Unternehmen Schwierigkeiten hätten, Arbeitnehmer:innen mit den erforderlichen Qualifikationen zu finden, und dass die jüngsten Eurostat-Zahlen darauf hindeuteten, dass nur 37% der Erwachsenen eine reguläre Ausbildung absolvierten. Sie betonte, dass es nicht nur an Qualifikationen, sondern auch an auszubildenden Personen mangelt. Wenn wir wissen wollen, wie die Zukunft aussehen wird, müssen wir in die Qualifikationen junger Menschen investieren.

BJORN VAN HEUSDEN von der World Organisation of Workers (WOW) wies zu Beginn seiner Rede darauf hin, dass der niederländische Arbeitsmarkt mit mehreren Problemen zu kämpfen habe: eine zunehmend alternde Erwerbsbevölkerung, eine niedrige Geburtenrate, was bedeutet, dass Arbeitskräfte importiert werden müssen, und viele Teilzeitarbeitsplätze, weil manche Menschen aus steuerlichen Gründen nicht so viele Stunden arbeiten wollen. Er verwies auch auf einen Versuch, der gestartet wurde, um junge Talente anzulocken, und auf die Notwendigkeit eines umfangreichen Ausbildungsangebots für die Umschulung von Arbeitnehmer:innen.

CARMEN QUINTANILLA von AFAMMER (Spanien), betonte die Bedeutung des sozialen Dialogs über Fragen im Zusammenhang mit dem ländlichen Raum, um eine nachhaltige Entwicklung zu erreichen, für Chancengleichheit zwischen Männern und Frauen und für würdigere Arbeitsbedingungen. Außerdem sei es sehr wichtig, den Analphabetismus in der digitalen Welt zu vermeiden.

Dr. JAVIER MORILLAS, Vize-Präsident der Europäischen Union Christlich-Demokratischer Arbeitnehmer:innen (EUCDA), schloss die Veranstaltung, indem er die Beiträge zusammenfasste und hervorhob, dass sich in Europa auf dem Weg zu einer nachhaltigeren, digitalen und resilienteren Zukunft neue Beschäftigungsmöglichkeiten eröffnen, wobei er die relevantesten Sektoren  wie Medizin, Energie und künstliche Intelligenz nannte. Er betonte, dass der allgemeinen und beruflichen Bildung eine entscheidende Rolle bei der Modernisierung des neuen Industriemodells der Europäischen Union zukomme und dass kontinuierliches Lernen für alle Wirklichkeit werden müsse. Außerdem müsse sichergestellt werden, dass die Allgemein- und Berufsbildung mit der doppelten ökologischen und digitalen Transition Schritt halte. Er verwies auch auf die wichtige Rolle des sozialen Dialogs bei der Deckung des Qualifikationsbedarfs des Arbeitsmarktes durch einen proaktiven sozialen Dialog, um vorhersagen zu können, wohin die Veränderungen auf dem Arbeitsmarkt führen werden

DAVID CERVERA OLIVARES, Präsident des CEAT, schloss das Seminar, indem er den Beitrag dieses Seminars zum „Europäischen Jahr der Kompetenzen“ der Europäischen Union hervorhob, in dem digitale Kompetenzen sowohl für die Teilnahme am Arbeitsmarkt als auch für die Lebensqualität und das aktive Altern wesentlich sind.