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Arbeitsmarkt im Wandel – Herausforderungen für die berufliche Aktivierung von Gruppen mit geringeren Beschäftigungsmöglichkeiten: ältere Arbeitnehmer:innen, junge Menschen, Geflüchtete

Vom 7. bis 10. Dezember 2023 fand in Lublin/Polen das Seminar „Arbeitsmarkt im Wandel – Herausforderungen für die berufliche Aktivierung von Gruppen mit geringeren Beschäftigungsmöglichkeiten: ältere Arbeitnehmer:innen, junge Menschen, Geflüchtete“ statt, das vom Europejski Dom Spotkań – Fundacja Nowy Staw in Zusammenarbeit mit dem EZA organisiert und von der Europäischen Union finanziert wurde. An dem Seminar nahmen Vertreter:innen von Arbeitnehmerorganisationen aus Polen, Spanien, Deutschland, Litauen, der Slowakei, Italien, der Ukraine, Belgien und Bulgarien teil.

BEDEUTUNG DES SEMINARS 

Das Hauptziel unseres Seminars war eine Debatte und der anschließende Austausch von bewährten Methoden, Meinungen und Ideen im Zusammenhang mit den Herausforderungen des heutigen Arbeitsmarktes für Gruppen mit geringeren Berufs- und Bildungschancen. Besonderes Augenmerk wurde dabei auf die aktuelle Situation in Europa im Zusammenhang mit der Wirtschaftskrise, der Inflation und dem anhaltenden Krieg in der Ukraine gelegt. Dieses Thema wurde im Konferenzraum und in den Pausen ausführlich diskutiert.

Umfassende Panel-Diskussionen wurden durch die Teilnahme von Referent:innen ermöglicht, die unterschiedliche Arbeitsmarktkreise vertraten: Gewerkschaften, NROs, die sich für benachteiligte Gruppen einsetzen, Universitäten, Unternehmen, Schulen und Bildungskreise. An den Panels nahmen Personen aus verschiedenen Teilen Europas teil, die sich mit den Problemen und Herausforderungen des Arbeitsmarktes für ältere Arbeitnehmer:innen, junge Menschen und Geflüchtete befassten.

Das Seminar bot die Möglichkeit, Wissen über die Situation dieser Menschen in den verschiedenen europäischen Ländern sowie Erfahrungen in der Arbeit mit jungen Menschen, älteren Arbeitnehmer:innen und Geflüchteten auszutauschen. Es bot die Möglichkeit, bewährte Praktiken und Methoden für die Arbeit mit diesen Menschen und ihren Schutz auf dem Arbeitsmarkt sowie die Herausforderungen und Aufgaben, vor denen Europa dabei steht, auszutauschen.

DIE WICHTIGSTEN DISKUSSIONSTHEMEN WÄHREND DES SEMINARS UND ANGEWANDTE METHODEN 

Während dieses zweitägigen Seminars konnten Referent:innen und Seminar-teilnehmer:innen ihr Wissen und ihre Überlegungen zu verschiedenen Aspekten der Situation von Gruppen mit geringeren Beschäftigungsmöglichkeiten auf dem Arbeits-markt angesichts der postpandemischen Realität und der laufenden wirtschaftlichen Veränderungen in Europa austauschen. Sie sprachen über: 

- die Situation von Geflüchteten in Europa mit besonderem Schwerpunkt auf Italien, Spanien und Polen und den Austausch bewährter Methoden zu deren sozio-ökonomischer Aktivierung.

- die Rolle der Solidarität der europäischen Länder und ihrer Bürger:innen bei der Aufnahme von Geflüchteten und deren Unterstützung auf dem Arbeitsmarkt.

- die Frage, wie die Kompetenzen von Menschen mit Fluchterfahrung erkannt und genutzt werden können, damit sie ein Gefühl der Selbstbestimmung und Subjektivität entwickeln können – um ihren Platz in der Gesellschaft finden und sich darin wohlfühlen zu können.

- die Tatsache, dass Geflüchtete dazu beitragen können, die Einwohnerzahl von Städten zu erhöhen, die aufgrund der demografischen Krise ihre Einwohner:innen verlieren – Geflüchtete können dort leben und arbeiten.

- die sehr wichtige Rolle der psychologischen und psychotherapeutischen Unter-stützung von Geflüchteten – insbesondere derjenigen, die aus der Ukraine kommen (mit Kriegstraumata) – , was in Bezug auf die berufliche Aktivierung ebenso wichtig ist.

- die Frage der Diskriminierung und Stereotypisierung von Arbeitnehmer:innen über 50 und darüber, wie man dem entgegenwirken und das Potenzial älterer Arbeit-nehmer:innen nutzen kann.

- die Ergebnisse des polnischen Berichts 2022, wonach das Profil eines Arbeitnehmers bzw. einer Arbeitnehmerin über 50 als arbeitsplatzverbunden, verantwortungs-bewusst, loyal und weniger krankheitsanfällig erscheint.

- die Notwendigkeit der Solidarität zwischen den Generationen und darüber, dass die Generationen voneinander lernen sollten. Es wurde außerdem betont, dass die älteren Arbeitnehmer:innen die Zukunft des Arbeitsmarktes sind.

- bewährte Verfahren und Methoden der (formalen und nicht-formalen) Bildungs-aktivierung für Studierende, junge Wissenschaftler:innen und junge Menschen im Rahmen europäischer Programme und Möglichkeiten.

- die Tatsache, dass die Berufsberatung verbessert und an die bildungspolitischen Gegebenheiten der einzelnen Länder angepasst werden muss.

- das Thema des digitalen Wandels – die Herausforderungen für Arbeitnehmer:innen und Arbeitgeber:innen in diesem Zusammenhang.

- die Tatsache, dass der Schwerpunkt auf den Schlüsselkompetenzen und den (digitalen) Zukunftskompetenzen liegt, deren Kombination allen Arbeitnehmer-gruppen die Möglichkeit bietet, sich effektiv und effizient auf dem Arbeitsmarkt zurecht-zufinden.

- die Rolle der Mitbestimmung von Arbeitnehmer:innen in den Unternehmen – im Einklang mit der katholischen Soziallehre.

- das psychische Wohlbefinden von Arbeitnehmer:innen mit eingeschränkten Möglich-keiten sowie wirksame und innovative Möglichkeiten, sich um ihre psychische Gesundheit zu kümmern.

Das Seminar hatte weitgehend die Form einer Debatte, in der die Referent:innen das Diskussionsthema in ihrem jeweiligen Vortrag mit einem hohen Maß an inhaltlichem Wert behandeln konnten. Alle Referent:innen hatten qualitativ hochwertige grafische und sachliche Multimedia-Präsentationen vorbereitet. Im Anschluss an jedes Panel gab es eine Runde mit Fragen und Kommentaren.

DIE WICHTIGSTEN SCHLUSSFOLGERUNGEN UND EMPFEHLUNGEN AUS DEM SEMINAR

Im Rahmen der Diskussions-Panels und des Austauschs von Wissen und bewährten Methoden wurden folgende Schlussfolgerungen und Empfehlungen erarbeitet: 

- Maßgeschneiderte Bildungs- und Entwicklungsprogramme für die spezifischen Bedürfnisse von Menschen mit geringeren Möglichkeiten – individuelle Unter-stützungswege anstelle von Pauschalprogrammen

- Anpassung der Unterstützung im Hinblick auf den kulturellen Hintergrund – einschließlich der Bereitstellung von Sprach- und Integrations-/kulturellen Maßnahmen

- Bildungsarbeit hinsichtlich der Überzeugung von Arbeitgeber:innen – damit sie Menschen mit Behinderungen oder Menschen aus anderen Ländern – einschließlich afrikanischer Länder – nicht diskriminieren, aber auch der Vorschlag, dass die europäischen Länder Afrika bei der Aktivierung der dort lebenden Menschen unterstützen – damit diese nicht aus wirtschaftlichen oder politischen Gründen aus ihrer Heimat fliehen müssen

- Aufruf zu einer Politik, welche die Integration von Geflüchteten unterstützt und den sozialen Zusammenhalt auf der Grundlage von Dialog und gegenseitiger Zusammen-arbeit stärkt

- Entwicklung eines Rechtsrahmens für Arbeitnehmer:innen über 50 und für deren Arbeitgeber:innen – klare und transparente Regelungen zum Schutz beider Seiten sowie Lösungen, die es älteren Arbeitnehmer:innen ermöglichen, schrittweise in den Ruhestand zu treten und entsprechend ihren Bedürfnissen, Fähigkeiten und Wünschen auf dem Arbeitsmarkt aktiv zu bleiben

- Anbieten von kostenlosen Schulungen zu digitalen und sozialen Kompetenzen für alle Arbeitnehmer:innen, insbesondere aber für Arbeitnehmer:innen über 50

- Sensibilisierung der Arbeitnehmer:innen für die Bedeutung des psychischen Wohl-befindens von Arbeitnehmer:innen und Methoden zu dessen Förderung, insbesondere im Zusammenhang mit den Folgen der Coronapandemie; Verbesserung der Verfügbarkeit kostenloser psychologischer Hilfe – Entwicklung staatlicher System-lösungen in diesem Bereich.