EZA MAGAZINE
EZA PODCAST

Öffentliche Reform - eine ständige Realität und Herausforderung für die Kandidatenländer

Vom 18. bis 19. November 2020 fand in Podgorica / Montenegro ein von EUROFEDOP (Europäische Federatie van het Overheidspersoneel) mit Unterstützung von EZA und der Europäischen Union organisiertes Seminar zum Thema „Öffentliche Reform - eine ständige Realität und Herausforderung für die Kandidatenländer“ statt, mit Teilnehmern und Referenten vor Ort sowie internationalen Teilnehmern und Rednern, die per Videokonferenz teilnahmen.

Die Reform der öffentlichen Verwaltung ist eine Säule des EU-Erweiterungsprozesses. Aus diesem Grund ist sie besonders wichtig für Länder des westlichen Balkans (WB), die Kandidaten für eine vollständige EU-Mitgliedschaft sind. Die WB-Länder stehen vor großen Herausforderungen, wenn es darum geht, eine offene, transparente, effiziente, rechenschaftspflichtige und professionelle Verwaltung zu schaffen. Hauptprobleme, die diesbezüglich aus montenegrinischer Sicht erwähnt wurden, sind Vetternwirtschaft in der Beschäftigung, eine daraus resultierende Anhäufung von Verwaltungsmitarbeitern in bestimmten Sektoren, mangelnde Rechenschaftspflicht und Transparenz sowie zahlreiche Verstöße gegen das Arbeitsrecht.

Das Seminar fand zu einer Zeit statt, die für die Geschichte Montenegros von entscheidender Bedeutung war, da nach den am 30. August 2020 abgehaltenen Wahlen, die zum ersten Regierungswechsel führten, voraussichtlich Anfang Dezember 2020 eine neue Regierung eingesetzt wird Die Regierungspartei ist seit 30 Jahren amtierend. Sozialpartner und Zivilgesellschaft haben hohe Erwartungen an die neue Regierung, insbesondere in Bezug auf Rechtsstaatlichkeit und den Aufbau einer professionellen, nicht korrupten, transparenten und effizienten öffentlichen Verwaltung. Vertreter der Union der freien Gewerkschaften Montenegros (UFTUM) hoffen auf eine schnellere Demokratisierung der Gesellschaft und neue Möglichkeiten für Gewerkschaften, sich aktiver an den Reformprozessen zu beteiligen.

Aus Sicht der Gewerkschaften ist ein partizipatorischer Ansatz für Reformen der öffentlichen Verwaltung besonders wichtig, d. h. Konsultationen und Einbeziehung von Gewerkschaften, Arbeitnehmern und des gesamten zivilen Sektors in diese Prozesse. In mehreren WB-Ländern, zum Beispiel auch in Serbien, hat die öffentliche Verwaltung mit einem Mangel an Professionalität, Verantwortung und Transparenz zu kämpfen, was sich in der unzureichenden Qualität der Politikgestaltung und der Bereitstellung von Diensten für Endnutzer und dem ineffizienten Funktionieren des Haushaltssystems widerspiegelt. Gleichzeitig muss man sich bewusst sein, dass die Reform der öffentlichen Verwaltung ein langsamer Prozess ist und die Sichtbarkeit von Erfolgen viel Zeit erfordert. Es ist auch ein sehr anspruchsvoller Prozess, in dem Beamte und Angestellte täglich lernen und sich an neue Anforderungen und Methoden anpassen müssen.

Eine große Herausforderung, die von mehreren Rednern und Teilnehmern diskutiert wurde, ist die Bedeutung von Transparenz. Der freie Zugang zu Informationen muss unbedingt verbessert werden, um die Beteiligung der Zivilgesellschaft und der Gewerkschaften am Reformprozess zu verbessern. Sowohl Experten als auch Teilnehmer waren sich ferner einig, dass die Einbeziehung aller Beteiligten eine der Voraussetzungen für eine erfolgreiche Reform der öffentlichen Verwaltung ist.

Darüber hinaus ist es offensichtlich, dass die Reform der öffentlichen Verwaltung effizient sein muss. Die österreichische Erfahrung zeigt, dass E-Government zur Effizienz der öffentlichen Verwaltung beiträgt, und die Vertreter der WB-Länder waren sich einig, dass wir, wenn die aktuelle epidemiologische Situation uns etwas gelehrt hat, härter an der Stärkung und Einführung neuer elektronischer Dienste arbeiten müssen, aber auch an der Befähigung der Bürger, sie stärker zu nutzen.

Aus den Präsentationen der Diskussionsteilnehmer und den Kommentaren der Teilnehmer während der Diskussionen lassen sich folgende Punkte zusammenfassen:

- Es besteht die Notwendigkeit einer proaktiveren Rolle der Gewerkschaften bei der Reform der öffentlichen Verwaltung und beim EU-Beitrittsprozess.

- Es besteht Bedarf an mehr Transparenz der Reformprozesse und der Rechtsstaatlichkeit.

 - Die Digitalisierung ist einerseits ein wichtiger Faktor bei der Korruptionsbekämpfung, andererseits aber auch bei der Erreichung der Effizienz der öffentlichen Verwaltung.

- Es braucht einen proaktiven Ansatz, um Reformprozesse zu überwachen, Informationen zu sammeln und die Gewerkschaftsmitgliedschaft und die Öffentlichkeit darüber zu informieren.

Im nächsten Jahr wird EUROFEDOP ein Seminar organisieren, in dem speziell der Beitrittsprozess zur Europäischen Union unter dem Gesichtspunkt der Erfüllung der in den Verhandlungskapiteln vorgesehenen Bedingungen erörtert wird.