EZA MAGAZINE
EZA PODCAST

Die Sicht der Sozialpartner zur Umsetzung der dualen Ausbildung: Erfolge, Herausforderungen und die Zukunft

Vom 20. bis 22. September 2019 fand in Ružomberok, Slowakei, ein Seminar zum Thema „Die Sicht der Sozialpartner zur Umsetzung der dualen Ausbildung: Erfolge, Herausforderungen und die Zukunft“ statt, das mit der Unterstützung des EZA und der Europäischen Union vom NKOS (Nezávislé krestanské odbory Slovenska) organisiert wurde.

53 Vertreter von Arbeitnehmerorganisationen aus der Slowakei, Serbien, Nordmazedonien, Ungarn, Polen, Tschechien, Albanien, Litauen und Kroatien nahmen am Seminar teil.

Der wichtigste Aspekt des Seminars bestand darin, dass die Gewerkschaften die Bedeutung von Partnerschaften zwischen Schulen, Ausbildungszentren, Gewerk-schaften und der Wirtschaft hervorheben. Die Sozialpartner spielen in allen Phasen gut funktionierender dualer Ausbildungssysteme eine entscheidende Rolle. Die Stärkung und bessere Ausnutzung des sozialen Dialogs auf allen Ebenen können ein wirksames Instrument zur Verbesserung der Qualität und Attraktivität der dualen Ausbildung sein.

Die folgenden Themenbereiche wurden besprochen:

-Janka Školova aus der SELBSTVERWALTUNGSREGION ŽILINA (SK), Leiterin des Ministeriums für Bildung und Sport, informierte über die Umsetzung des dualen Bildungssystems bei der Berufsausbildung und Weiterbildung unter den in der Selbstverwaltungsregion Žilina vorliegenden Bedingungen. Während des Studiums können Studierende beim attraktivsten Arbeitgeber in der Region Žilina praktische Erfahrungen sammeln. Nach dem Abschluss garantiert das Unternehmen allen Studierenden der dualen Ausbildung einen Arbeitsplatz.

Diskussionsrunde: Thema: Inwieweit verändern sich Bildung und Weiterbildung in der Industrie 4.0 und im Zuge der Digitalisierung? Bedarf nach neuen Kompetenzen für sich verändernde Tätigkeiten.

Redner: Olga Czapla, Europäisches Begegnungszentrum – NowyStaw Stiftung, (Polen), Lidmila Nemcová, hKAP (Tschechien), Aleš Strnad, KOK (Tschechien), Bardócz-Tódor András (Ungarn)

Olga Czapla sprach über die aktuelle Situation im Bereich der Digitalisierung in spezifischen Themenfeldern: Die duale Ausbildung von Hochschulstudierenden und die wichtige Zusammenarbeit von Unternehmen und Arbeitgebern, Studierende haben die Möglichkeit, die Funktionsweise von Unternehmen zu verbessern, Studierende erhalten ein doppeltes Gehalt (1 vom Staat und 1 vom Arbeitgeber) und der Arbeitgeber erhält Vergünstigungen vom Staat.

Bardócz-Tódor András (Ungarn) hielt einen Vortrag über das Problem in Ungarn: Ungarn verkauft sein Erbe unter Wert, da die Wirtschaft und folglich auch das Ausbildungssystem zu stark auf billigen Arbeitskräften aufgebaut ist, was kurzfristig zwar zu einer raschen Zunahme der Investitionen führt, langfristig aufgrund der geringen Anpassungsfähigkeit bei Veränderungen jedoch keine Stabilität bietet. Ein Wandel in der Bildungspolitik kann jedoch nur über Jahrzehnte erreicht werden, also besteht eine kleine Chance für eine Abkehr vom derzeit eingeschlagenen Weg.

Lidmila Nemcová (Tschechien) sprach über wirtschaftliche, ethische und soziale Aspekte der Bildung (z. B. Arbeitsmoral, Unternehmens- und Führungsethik, Moral der Lehrkräfte, Moral der Wissenschaft, Ethikausschüsse und ethische Kodexe, Klimawandel usw.), die wir in gesellschaftlichen Themen untersuchen müssen.

Aleš Strnad (Tschechien) hielt einen Vortrag über die aktuelle Entwicklung der dualen Bildung in der Tschechischen Republik. Er griff dabei die Empfehlungen der OECD für Tschechien auf: Die Aus- und Weiterbildung von Schulberatern der Sekundarstufe II konzentriert sich mehr auf pädagogische und psychologische Beratung als auf Berufsberatung. Schulberater verknüpfen die Berufsberatung mit dem Unterrichten anderer Schulfächer und geben so Anleitung bei persönlichen Problemen und Schulproblemen.

Diskussionsrunde: Thema: Inwieweit verändern sich Bildung und Weiter-bildung? Aktueller Stand der Bildung in den Ländern des Balkans

Redner: Vikič - Topič Dražen (Ungarn), Zdravkovska Emilija (Nordmazedonien), Saša Nakov (Serbien) und Pregjaj Enis (Albanien)

Vikič - Topič Dražen (Ungarn) sprach über eines der Schlüsselelemente der Reform der beruflichen Bildung in Kroatien. Es handelt sich um einen Prozess zur Einrichtung regionaler Kompetenzzentren in der Berufsbildung. Die regionalen Kompetenzzentren sind Orte mit Spitzenleistungen im Bereich der Berufsbildung, an denen Programme zur regulären Berufsausbildung, zur Ausbildung von Lehrkräften und zu lebenslangem Lernen sowie andere Formen der formalen und nicht formalen Bildung (praxis-bezogenes Lernen, Wettbewerbe, Präsentationen von Wissen und Fähigkeiten usw.) umgesetzt werden.

Zdravkovska Emilija (Nordmazedonien) sprach über die Entwicklung der Berufsbildung in Nordmazedonien. Der Prozess zur Verbesserung des Systems der anhaltenden Weiterbildung von Lehrkräften basiert auf festgelegten Bedürfnissen (von Lehrern, von Schulen und des Systems selbst). Mit der Verknüpfung von Online-Formen und physischen Formen des Lernens wurde begonnen.

Saša Nakov (Serbien) informierte über die duale Bildung in Serbien. Zwischen dem serbischen Modell und dem dualen System in den deutschsprachigen Ländern besteht ein bedeutender Unterschied: junge Menschen in der dualen Ausbildung genießen in Serbien den Status von Hochschulstudierenden und gelten nicht als Angestellte derjenigen Unternehmen, in denen sie ihre Ausbildung machen. Das bedeutet, dass die Ausbildung im Unternehmen eher als „Lernen durch Arbeit“ und nicht als Arbeit angesehen wird.

Pregjaj Enis (Albanien) informierte über die Berufsbildung in Albanien. Berufsschulen in Albanien werden intensiv von ausländischen Geldgebern unterstützt. Dazu gehören die Europäische Union, Deutschland, die Schweiz, Österreich, Italien usw. Es wurde betont, dass die Zusammenarbeit mit der Wirtschaft im Bereich der Aus- und Weiterbildung sehr wichtig sei. Erst kürzlich wurden zahlreiche Kooperationen gestartet, im Rahmen derer Praktika und Arbeitsplätze sowie Qualifikationen angeboten werden, die auf die Bedürfnisse des Marktes im Einklang mit den Qualifikationen der menschlichen Ressourcen eingehen.

Diskussionsrunde: Thema: Das duale Bildungssystem für die wirtschaftliche und soziale Entwicklung innerhalb des freien europäischen Arbeitsmarktes. Erfahrungen aus dem Projekt Erasmus+ und Sonstiges

Redner: Agáta Kubinová, Vorstandsmitglied von NKOS, Dlholucká Martina, Vorstandsmitglied der Lehrergewerkschaft NKOS, Dirgová Eva, Lehrerin an einer katholischen Schule in Poprad

Agata Kubinová hielt einen Vortrag über bewährte Methoden im Projekt Erasmus+ an einer Berufsschule für IT: Vorbereitung von Lehrkräften und Schülern auf die Praxis.

Martina Dlholucka stellte das Projekt vor: Bereitstellung und Verbesserung der technischen Ausrüstung von Berufsschullehrern und -bibliotheken an der Rudolf Dilong-Grundschule in Trstena.

Eva Dirgová sprach über die Bedeutung der Kombination von technischer und menschlicher Ausbildung für die persönliche Entwicklung der Studierenden.

Diskussionsrunde: Thema: Umsetzung der dualen Berufsausbildung und -weiterbildung in der Slowakei

Redner: Ľubica Černá, Vorsitzende von NKOS, Dušová Gabriela, Mitglied der Lehrergewerkschaft NKOS.

Ľubica Černá sprach über die Probleme der Berufsbildung in der Slowakei. Unternehmen können sich an der Berufsausbildung beteiligen, indem sie die volle Verantwortung für die Organisation des praktischen, arbeitsbasierten Lernens übernehmen. Die Studierenden werden direkt am Arbeitsplatz des Arbeitgebers vorbereitet und können praktische Erfahrungen sammeln. Die Zusammenarbeit zwischen Schulen und Unternehmen gibt es schon seit einigen Jahren. Dabei wird das theoretische Wissen in den Schulen vermittelt, während die praktische Ausbildung in den Unternehmen erfolgt. Das System funktioniert jedoch leider nicht so, wie es sollte. Wenn das Land die Ziele nicht erreicht, kann es passieren, dass das aus den EU-Kassen bereitgestellte Geld zurückgefordert wird.

Thema: Zusammenarbeit von Berufsschulen, Arbeitgebern und den Selbstverwaltungsbehörden. Öffentliches Bewusstsein und Reaktionen – Einstellungen und Neigungen

Treffen mit dem Leiter des Ministeriums für Bildung und Sport, Ing. Jozef Pažítka. Er stellte die aktuelle Situation der Berufsbildung in der Region Ružomberok vor. Die Arbeitnehmer sind mit den Kompetenzen der Berufsbildungsabsolventen nicht zufrieden. Das liegt daran, dass die Berufsbildung unterfinanziert ist und die Finanzierungsmechanismen auf der Anzahl der Lernenden und nicht auf der Qualität der Lernergebnisse basieren. Auch die Veränderung der Bildungspräferenzen bei den jungen Menschen und eine fehlende Verknüpfung zwischen der Arbeits- und Ausbildungswelt spielen dabei eine Rolle.

Thema: Die „duale Strategie“ für einen Erfolg der Industrie 4.0 und der Digitalisierung

Ausflug in die Berufsschule für Angewandte Kunst in Ružomberok

Studierende der Berufsschule für Angewandte Kunst in Ružomberok und der Hotelfachschule brachten uns ihre praktische Einschätzung des dualen Systems näher. Wir wurden über Praxisprojekte und die praktische Arbeit der Studierenden informiert.

Thema: Förderung junger Unternehmer in ländlichen Regionen durch die Schaffung von wirtschaftlichen Aktivitäten und Arbeitsplätzen in der Region Liptov. Ein Besuch im UNESCO-Weltkulturerbe Vlkolinec.

Den Teilnehmern wurde eine neue Möglichkeit für junge Unternehmer auf dem Markt für Folklorerestaurants und Geschäfte vorgestellt. Das Folklorerestaurant ist ein Inkubator für Studierende der Hotelfachschule.

Thema: Schule in der Natur. Unternehmertum in der Natur – Was kann man von einem „Naturmanager“ lernen?

Grünes Unternehmertum steht für ein Konzept, das den Erhalt der Umwelt und den Wunsch nach einem umweltfreundlichen Verhalten voraussetzt, was sich auch in jeder Entscheidung und jeder Handlung widerspiegeln sollte. Dieses Konzept funktioniert gut. Daher folgen nun einige Beispiele für Erfolgsgeschichten, die als Inspiration dienen können. Die Teilnehmer wurden über die bewährten Methoden im grünen Unternehmertum informiert.

In ihrem Vortrag stellte Mária Briganová heraus, dass die größte Herausforderung in der (mangelnden) Bereitschaft der berufsbildenden Schulen liege, am dualen System teilzunehmen. Das lässt sich auch gut anhand des Ungleichgewichts zwischen der Zahl der von Arbeitgebern angebotenen Praktikumsplätze und den tatsächlich besetzten Stellen erkennen. Gemäß der aktuellen Gesetzgebung fällt die Bildungs-belastung einer berufsbildenden Schule geringer aus, wenn sie am dualen System teilnimmt. Aus diesem Grund wird auch ihr Budget gekürzt. Das ist für die Schulen nicht gerade motivierend. Ein weiteres Problem stellt der Widerstand dar, das Bildungssystem ganz allgemein zu ändern.

Formal werden die Sozialpartner durch nationale, sektorale und regionale Berufsbildungsgremien in die Leitung der Berufsbildung eingebunden. Insbesondere Arbeitnehmerverbände und Berufskammern übernehmen dabei viele Aufgaben: Sie tragen erstens zu Entscheidungen über das Angebot bei, um die Übereinstimmung mit dem Arbeitsmarkt zu verbessern; sie gestalten zweitens Kurslehrpläne mit, um sie gegenüber den Entwicklungen auf dem Arbeitsmarkt auf dem Laufenden zu halten; sie beteiligen sich drittens direkt an der Verleihung beruflicher Qualifikationen durch Arbeitgebervertreter bei Abschlussprüfungen; sie leisten viertens Unterstützung im Prozess der Weiterbildung betrieblicher Ausbilder.

Empfehlungen

Die Teilnehmer arbeiteten gemeinsame Probleme heraus:

  • Orientierung von KMUs zur Sicherung des Geschäfts; mangelnde Zeit und Ressourcen, um die Ausbildung der zukünftigen Arbeitskräfte in Angriff zu nehmen.
  • unzureichende Materialien und technische Ausstattung von Arbeitsplätzen im Verhältnis zur normativen materiell-technischen und räumlichen Sicherheit.
  • vor allem in kleinen Unternehmen Bedarf an Einsatz der eigenen Ausbilder, was eine niedrigere Arbeitsproduktivität und einen niedrigeren potenziellen Jahresumsatz bedeutet.
  • das aktuell gültige Angebot an einer praktischen Ausbildung außerhalb der eigenen Räumlichkeiten deckt nicht die Inhalte zur Beherrschung der Grundlagen eines Berufes bzw. Handwerks ab, für die ein kleines oder mittelständisches Unternehmen weder Zeit noch Kapazitäten hat.
  • unzureichend regulierte Vetragsbeziehungen zwischen berufsbildenden Sekundarschulen und anderen Arbeitgebern im dualen Bildungssystem bei der Bereitstellung eines Teils der praktischen Ausbildung außerhalb des Standortes für die praktische Ausbildung in KMUs.
  • mangelnde (finanzielle und nicht finanzielle) Anreize, damit sich Arbeitgeber am dualen Ausbildungssystem beteiligen.

Sie arbeiteten gemeinsame Empfehlungen heraus:

  • Förderung des praxisbezogenen Lernens in all seinen Formen mit besonderem Fokus auf Praktika, indem Sozialpartner, Unternehmen, Kammern und Berufsbildungseinrichtungen eingebunden werden sowie Innovationen und Unternehmertum gefördert werden.
  • professionelle und beratende Unterstützung von Berufsverbänden und Gewerkschaften bei der Umsetzung der dualen Ausbildung, in Form von Kampagnen, Besuchen in Berufsschulen, die in der Region gebündelt werden.
  • Zusammenarbeit der Interessengruppen am dualen Berufsbildungssystem, Staatsministerien, Arbeitgeberverbände und Gewerkschaften müssen gegründet werden.