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Bekämpfung der durch Covid-19 verursachten Jugendarbeitslosigkeit

Grundsatzpapier der IAO mit Empfehlungen im Umgang mit Jugendarbeitslosigkeit veröffentlicht.

Junger Arbeitnehmer im Home-Office (Symbolbild)

Junge Menschen sind besonders von der Corona-Krise betroffen - zu diesem Schluss kommen Untersuchungen der Internationalen Arbeitsorganisation (IAO). In einem jüngst veröffentlichen Papiert stellt die die Auswirkungen der Krise da und zeigt Wege auf, wie die Folgen abgemildert werden können.

Das Grundsatzpapier der IAO enthält eine Vielzahl von Zahlen und Ergebnissen, die auf Analysen statistischer Daten während und nach der globalen Wirtschafts- und Finanzkrise und auf einer kürzlich durchgeführten Umfrage über die Folgen der COVID-19-Pandemie für junge Menschen (15 - 25 Jahre) beruhen.

Es ist daher ein wichtiges Dokument, um die Auswirkungen der Pandemie auf die Jugendbeschäftigung abzuschätzen und geeignete Maßnahmen zu ergreifen. Im Grundsatzpapier schenkt die IAO auch den Ergebnissen für junge Frauen große Aufmerksamkeit. Weibliche junge Menschen sind deutlich höher von den Folgen betroffen, wie die Statistiken ergeben.

Aus den Untersuchungen geht  klar hervor, dass sich die Geschichte wiederholt und dass aus früheren Rezessionen Lehren gezogen werden können.

Wir können das Grundsatzpapier als Gewerkschaft oder Arbeitnehmerorganisation durchaus nutzen, um die richtigen Maßnahmen in unseren EU-Mitgliedstaaten und die Weiterentwicklung des sozialen Dimension der EU zu fördern.

In diesem Artikel stellen wir einigeHauptpunkte und eine kurze Zusammenfassung der Vorschläge der IAO vor. Sie können den vollständigen Text über diesen Link lesen (ILO Policy Brief).

Warum sind junge Menschen unverhältnismäßig stark von der Krise betroffen?

Junge Menschen machen einen großen Anteil aller neuen Arbeitssuchenden aus. Gerade im Alter zwischen 15 und 24 Jahren treten die meisten Menschen zum ersten Mal in den Arbeitsmarkt ein. Die unmittelbare Reaktion eines Unternehmens, das mit einem rapiden Rückgang der Nachfrage nach seinen Produkten oder Dienstleistungen konfrontiert ist, besteht darin, die Einstellung von Arbeitssuchenden in dieser Altersgruppe zu reduzieren oder zu unterbrechen. Weil mehr Arbeitssuchende um eine begrenzte Anzahl von Arbeitsplätzen konkurrieren, sind junge Menschen im Vergleich zu erfahreneren Arbeitnehmern benachteiligt

Junge Menschen sind kostengünstiger zu entlassen. Rezessionen bedeuten auch einen Aufschwung des Personalabbaus. Junge Menschen haben außerdem im Durchschnitt weniger Zeit am Arbeitsplatz verbracht als ältere Arbeitnehmer*innen.

Junge Menschen sind daher "billiger" zu entlassen, weil:

  • Schützende Arbeitsmarktinstitutionen, wie z.B. die Kündigungsschutzgesetzgebung, schreiben typischerweise steigende Kosten für die Entlassung von Arbeitnehmer*innen mit unbefristeten Arbeitsverhältnissen vor
  • Junge Menschen arbeiten mit größerer Wahrscheinlichkeit in weniger geschützten Berufen wie Zeitarbeit und informeller Beschäftigung und sind viel seltener Mitglied von Gewerkschaften
  • Arbeitnehmer*innen erwerben auch nach ihrer Einstellung noch eine beträchtliche Zeit lang arbeitsbezogene (und vor allem firmenspezifische) Kompetenzen, so dass ihre Produktivität innerhalb des Unternehmens mit zunehmender Erfahrung tendenziell zunimmt. Dies bedeutet, dass die Entlassung von Arbeitnehmer*innen mit mehr Erfahrung für die Unternehmen auch teurer ist, da sie einen größeren Produktivitätsverlust mit sich bringt.

Jugend ist anfällig für wirtschaftlichen Niedergang in schwer betroffenen Sektoren

Mehr als 4 von 10 jungen Menschen, die weltweit beschäftigt sind, arbeiteten in den vier Sektoren, die am stärksten von der Krise betroffen sind, was den Rückgang der Beschäftigung und der Arbeitszeit betrifft. Darüber hinaus sind junge Arbeitnehmer*innen in diesen Sektoren unverhältnismäßig stark in ungeschützten Niedriglohnjobs konzentriert.

Während junge Frauen weniger als 39 Prozent der weltweiten Jugendbeschäftigung ausmachen, machen sie fast 51 Prozent der Jugendbeschäftigung im Beherbergungs- und Gaststättengewerbe, 41,7 Prozent im Groß- und Einzelhandel und 43,8 Prozent im Immobiliensektor und in anderen Dienstleistungsbereichen aus. Ungefähr 74 Prozent der jungen Menschen, die im Bereich der Gesundheits- und Sozialarbeit beschäftigt sind, sind junge Frauen.

Vorläufige Ergebnisse einer Umfrage der IAO-Global Initiative on Decent Jobs for Youth deuten darauf hin, dass 17 Prozent der befragten jungen Menschen (im Alter von 18-29 Jahren) seit Beginn von COVID-19 nicht mehr arbeiten, verglichen mit 11 Prozent der 30- bis 39-Jährigen. Während die Auswirkungen im Zusammenhang mit Arbeitsniederlegungen in Ländern mit hohem Einkommen (siehe Europa) stärker ausgeprägt sind, sind junge Arbeitnehmer in Ländern aller Einkommensstufen stark betroffen.

Für junge Menschen, die in Arbeit geblieben sind, wurde die Arbeitszeit um 23 Prozent reduziert, und die Auswirkungen auf die Einkommen sind deutlich spürbar. 42 Prozent der jungen Arbeitnehmer*innen berichten von einem signifikanten oder leichten Rückgang seit dem Ausbruch von COVID-19. Die Hälfte der Studierenden, die an der jüngsten IAO-Umfrage teilgenommen haben, rechnet mit einer Verzögerung ihrer Ausbildung, während 10 Prozent davon ausgehen, dass sie möglicherweise nicht in der Lage sein werden, ihre laufenden Studien abzuschließen. Es gibt auch eine größere Unterbrechung von Lehrstellen und Praktika.

Großangelegte und gezielte Maßnahmen zur Eingrenzung der Krise erforderlich

Stimulierung der Wirtschaft und der Beschäftigung:

  • Antizyklische Fiskalpolitik zur Linderung der Jugendarbeitslosigkeit während der Krise.
  • Gezielte Wirtschafts- und Beschäftigungspolitik für die am stärksten betroffenen Sektoren, aufstrebende Bereiche wie erneuerbare Energien, neue Technologien usw.

Unterstützung von Unternehmen, Arbeitsplätzen und Einkommen:

  • Gezielte Unterstützung zur Verbesserung der Fertigkeiten junger Menschen, zur Steigerung der Produktivität und zur Bekämpfung der geringeren Arbeitsnachfrage.
  • Investitionen in die Ausbildung.
  • Investitionen in Online-Lernen.
  • Erweiterung des Zugangs zu Sozial- und Krankenversicherung
  • Verbesserung der öffentlichen Arbeitsvermittlung
  • Gezielte Lohnsubventionsprogramme für Jugendliche und Vereinbarungen zur Arbeitsteilung.
  • Ausweitung der Unterstützung für von Jugendlichen geführte Kleinst-, Klein- und Mittelunternehmen.

Schutz junger Arbeitnehmer*innen:

  • Es sind konzertierte Anstrengungen erforderlich, um junge Menschen in wesentlichen Berufen, wie Gesundheits- und Pflegepersonal, sowie diejenigen zu schützen, die in den Arbeitsmarkt eintreten oder an ihren Arbeitsplatz zurückkehren, wenn die Arbeitsplatzschließungen aufgehoben werden.

Förderung des sozialen Dialogs:

  • Der soziale Dialog sollte genutzt werden, um die negativen Auswirkungen von COVID-19 auf junge Arbeitnehmer abzuschwächen, wobei Themen wie Arbeitszeitverkürzungen, Teilarbeitslosigkeit, Lehrstellen und Praktika während der Pandemie, gesundheitsbezogene Vorkehrungen am Arbeitsplatz für Jugendliche und die Gewährleistung des Rechts auf Trennung vom Arbeitsplatz behandelt werden sollten.
  • Aufrechterhaltung der Rechte junger Arbeitnehmer und Verbesserung der Fähigkeit von Arbeitnehmer- und Arbeitgeberorganisationen, diese zu vertreten, einschließlich derjenigen in der informellen Wirtschaft, der ländlichen Wirtschaft, junger Wanderarbeitnehmer und junger Mitarbeiter von digitalen Plattformen.

Es sind umfassende Lösungen im großen Maßstab erforderlich:

  • Breit angelegte Beschäftigungs-/Ausbildungsgarantieprogramme bieten eine umfassende Lösung, wo solche Ansätze machbar sind. Die Jugendgarantie der Europäischen Union ist ein Beispiel für eine antizyklische aktive Arbeitsmarktpolitik.

(Mon Verrydt, EZA-Büro Brüssel)